9.50

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gerade wieder ein übliches Schauspiel erlebt, wie wir es schon unter Jörg Haider gehabt haben: Einmal ist er weg, dann ist er wieder da. Jetzt war er drei Tage nicht da, der Kickl, hat ei­nen kurzen Auftritt gehabt, und jetzt ist er schon wieder weg. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) – So ist das, wenn man auf einen FPÖ-Obmann setzt: Dann ist er einfach ganz schnell wieder weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Was glaubts, wie nachhaltig ihr noch weg sein wer­det?! Abg. Lausch: Jetzt ist einmal die ÖVP weg!)

Wir sprechen jetzt über ein weiteres Volksbegehren. Um es gleich einzuordnen: Es ist auch ein Volksbegehren von Maßnahmengegnern, das im Februar dieses Jahres gestartet wurde. Es hat durch 2,72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Unterstützung gefunden und ist damit unter allen Volks­begehren auf Platz 42 gelandet – nur, damit wir das gleich einordnen können, denn ich denke, zum Themenpunkt Rücktritt der Bundesregierung wird es danach noch einige größere, unsachlichere Debatten geben.

Die Maßnahmengegner haben ganz besonders davon gesprochen, dass viele Maßnahmen, die wir gesetzt haben, verfassungswidrig gewesen wären. Daher einmal schnell die Einordnung: Wie viele Anträge an den Verfassungsge­richtshof hat es seit 2020 gegeben? – Insgesamt 15 078, davon stattge­geben: 1 397 – macht 9,3 Prozent. Wie gesagt, das sind alle Eingaben, die es an den Verfassungsgerichtshof gegeben hat. Covid-Beschwerden gab es insgesamt 875, davon stattgegeben: 111, das heißt 13 Prozent, im Grunde unge­fähr gleich viel wie bei allen anderen Überprüfungen auf Gesetzmäßigkeit oder Verfassungsmäßigkeit, die der Verfassungsgerichtshof durchführt.

Wenn die Antragsteller vom Rücktritt der Bundesregierung sprechen, dann muss man auch dazusagen: Zu Beginn der Maßnahmen im Zusammenhang mit Covid, als die ganze Welt nicht wusste, welche Auswirkungen das konkret hat, haben wir hier im Parlament in Sonderschichten – wenn Sie sich noch er­innern können – versucht, die ersten Maßnahmen zu setzen. Sie waren alle ein­stimmig. Wenn man also die Maßnahmen, die wir zu Beginn gesetzt haben, nicht wollte, müsste man eigentlich den Rücktritt des gesamten Parlaments ver­langen. Das aber wäre wiederum die Aufgabe der Demokratie, daher führt auch das ins Leere.

Ja, und ich gestehe auch zu – oder wir alle müssen das zugestehen –, dass das auch Neuland für das Gesundheitsministerium war. Die Legistik, die zum ersten Mal mit einer solchen Pandemie zu kämpfen hatte, musste auch erst ler­nen, wie man die entsprechenden Verordnungen schreibt, und im Grunde waren es eigentlich nur Formalfehler, die dort gemacht wurden – sie haben nicht die entsprechenden Begründungen gehabt.

Daher, meine Damen und Herren: Ja, es wurden Fehler gemacht, es waren solche, die großteils formalistischer Art waren, soweit man sie zum damaligen Zeitpunkt eben nicht vorhersehen konnte, und die Stattgebungen des Ver­fassungsgerichtshofes waren in einem üblichen Ausmaß.

Was nun den Rücktritt der Bundesregierung betrifft, haben wir ja hier schon mehrfach die Diskussion gehabt. (Abg. Leichtfried – bereits in der Nähe des Rednerpults wartend –: Ja, ich erinnere mich!) – Ich sehe, dass Kollege Leichtfried schon in den Startlöchern steht. (Abg. Leichtfried: Ja!) Er wird uns sicher wieder sagen, wie wichtig eine Neuwahl ist, denn diese Story hören wir bei jeder Nationalratssitzung. – Eine andere Story habe ich in den letzten Wochen, Monaten und Jahren eigentlich gar nicht mehr gehört, Herr Kollege Leichtfried. (Abg. Leichtfried: Sie können in die Zukunft schauen, Herr Kollege!)

Da darf ich auch Ihnen – so wie Kollegen Kickl – einmal einen Crashkurs in Verfassung verordnen. Der Crashkurs in Verfassung heißt nämlich: Art. 27 Abs. 1 : „Die Gesetzgebungsperiode [...] dauert fünf Jahre“. (Zwischenruf des Abg. Silvan.) – Es bringt nichts, wenn Sie ständig für eine Neuwahl sprechen (Abg. Kassegger: Wie oft hat es denn in den letzten Jahren Neuwahlen ge­geben, Herr Kollege? Dann haben die ja immer die Verfassung gebrochen!), denn es geht Ihnen wahrscheinlich so wie Kollegen Kickl: Ganz schnell wollen Sie an der Macht sein (Abg. Leichtfried: Das ist aber ein schlechter Vergleich!), Sie wollen hinauf, Sie greifen ganz schnell zu. Doch vielleicht geht es Ihnen bald wie den Freiheitlichen: Wenn sie an der Macht sind, dann scheitern sie. (Abg. Krainer: Ein ÖVPler, der über Macht spricht!) Spätestens nach drei Jahren können sie ihrer Verantwortung nicht mehr nachkommen und es zersprengt sie in der Luft. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Weg sind sie dann, die Freiheitlichen! Und solche Luftblasen will in Österreich eigentlich niemand mehr produzieren, dass sie wieder in die Luft gesprengt werden und nach kürzester Zeit nicht mehr da sind. (Abg. Kassegger: Wer ist denn dann schuld? Der Sprenger oder der, der gesprengt wird?)

Daher: Wir werden, meine Damen und Herren, dieses Volksbegehren in aller Ruhe im Verfassungsausschuss besprechen. Wir können es einordnen: Platz 42 unter allen Volksbegehren, die bisher eingebracht worden sind, 2,72 Prozent der Bevölkerung unterstützen das. – Setzen Sie nicht auf 2,72 Prozent, son­dern eher auf die Mehrheit (Abg. Kassegger: Wo ist die Mehrheit? 30 Prozent ist eine Mehrheit?), die diese Bundesregierung hat, die in den letzten Tagen bewiesen hat, wie wichtig es ist, dass man ein Budget auf den Weg bringt und die richtigen Antworten für die krisenhaften Zeiten bringt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.