12.05
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ja, Herr Bundeskanzler, ich möchte mich gleich direkt an Sie wenden, weil ich glaube, dass es am Ende dieses Jahres 2022 doch eine ganze Menge an Gesprächsbedarf gibt. Da rede ich jetzt nicht über die Unwahrheiten, die Sie im Zusammenhang mit der Wahlkampfkostenabrechnung der Österreichischen Volkspartei verzapft haben – das sind wir in der Zwischenzeit schon gewohnt, das hat ja in Ihren Reihen schon fast pathologische Züge –, nein, ich rede von zwei negativen Dauerbrennern im Zusammenhang mit Ihrer Regierungstätigkeit: Das eine ist die Teuerung, und das andere ist die Völkerwanderung, mit der die österreichische Bevölkerung konfrontiert ist.
Meine Damen und Herren, Sie alle kennen den Satz – wir sind mit ihm irgendwie auch groß geworden –, der da lautet: Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt. – Da ist etwas passiert. Da hat sich etwas Dramatisches verändert, weil wir in der Zwischenzeit in der Situation gelandet sind, dass sich jeder Fünfte in diesem Land die monatlichen Kosten nicht mehr leisten kann. Das sind Menschen, die fleißig sind, die tüchtig sind, die arbeiten, die nicht über ihre Verhältnisse leben, und das sind auch keine Menschen, die halluzinieren, wie Abgeordnete der Österreichischen Volkspartei das zuletzt vermutet haben, sondern das sind Menschen, die die Not in diesem Land am eigenen Leib spüren.
Hunderttausende Leute da draußen in Österreich müssen jeden Tag einen Überlebenskampf führen, und sie müssen jeden Cent und jeden Euro dreimal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben, um sich und ihre Familie über Wasser zu halten. Der Mittelstand zerbröselt, und Unternehmen, die in den letzten Jahren, in den letzten Jahrzehnten – und manche sogar über Generationen hinweg – erfolgreich gewirtschaftet haben, müssen jetzt zusperren, weil sich das alles mit den Kosten nicht mehr ausgeht.
Meine Damen und Herren, das alles ist das Ergebnis einer gigantischen Teuerungswelle, und diese Teuerungswelle ist das Ergebnis einer Kostenexplosion im Energiesektor, in den Bereichen Öl, Gas und Strom, und das wiederum ist das Ergebnis einer dummen und verantwortungslosen Politik auf Basis von einseitigen Schuldzuweisungen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Bundeskanzler, das ist genau das, was Sie tun, Hand in Hand mit der Europäischen Union. Apropos Europäische Union: Da möchte ich Sie an dieser Stelle fragen, ob Sie eigentlich schon dafür Sorge getragen haben, dass unsere Mitgliedsbeiträge eingefroren werden, so lange, bis dieser unglaubliche Korruptionsskandal an der Spitze des Europäischen Parlaments aufgeklärt ist. Das ist ja die Vorgangsweise, die die Union immer wählt, wenn sie glaubt, in irgendeinem Land passiert etwas, was ihr nicht passt. Also ich hoffe, Sie haben dafür schon Sorge getragen. (Beifall bei der FPÖ.)
Jedenfalls lassen Sie sich, lässt sich die gesamte Europäische Union vom Weißen Haus in gewisser Weise am Nasenring durch die Manege der Weltpolitik ziehen, und die österreichische Bevölkerung zahlt die Zeche dafür. Diese Politik ist der Kern des Teufelskreises. Das ist der Motor der Teuerung. Und Sie tun nicht das, was für einen österreichischen Bundeskanzler notwendig wäre, nämlich die eigene Bevölkerung zu schützen und uns da herauszuhalten, sondern Sie ziehen uns immer tiefer hinein, jetzt mit dem Schritt der Ölsanktionen.
Herr Bundeskanzler, ich appelliere an Sie: Suchen Sie sich Verbündete und steigen Sie aus diesen Sanktionen aus! Das ist die einzig nachhaltige Antiteuerungsmaßnahme. Alles andere, was Sie auf den Weg bringen, ist ein milliardenteures Strohfeuer, das ohne Nachhaltigkeit verpufft, wenn Sie nicht an die Ursache gehen, und es wird auch eine Maßnahme sein, die dazu führt, dass dieser Krieg nicht verlängert, sondern früher beendet wird. Oder glauben Sie allen Ernstes, dass Sie den Tag erleben werden, an dem ein gewisser Herr Selenskyj an der Spitze der ukrainischen Truppen in Moskau einmarschiert? Verabschieden Sie sich von Ihrer Kriegstreiberei und schauen Sie auf die Interessen der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören, und ich weiß, dass für Sie jeder, der nicht eins zu eins Ihre Position übernimmt – die im Übrigen eins zu eins die Position der EU-Kommission und eins zu eins die Position des amerikanischen Präsidenten ist –, ein böser Russland-Versteher, ein Putin-Propagandist, ein Kreml-Troll oder ein Radikalisierter ist; so wie Sie es mir vorgeworfen haben, zuletzt auch in der ORF-„Pressestunde“.
Aber, Herr Bundeskanzler, ich sage Ihnen, es ist ganz, ganz anders. Ich mache nur das, was Sie offenbar nicht mehr können. Ich mache nur das, wozu Sie offenbar nicht mehr in der Lage sind, obwohl es eigentlich in das Anforderungsprofil eines Bundeskanzlers fällt. Und das, was ich tue, ist: die Dinge ganzheitlich zu betrachten, das Gesamte zu sehen, Zusammenhänge herzustellen und die Dinge auch bis zum Ende durchzudenken. Das ist das, was Ihr Wirtschaftskammerpräsident Mahrer eingefordert hat, als er den Appell an Sie gerichtet hat, doch mit beiden Gehirnhälften und nicht nur mit Ihrer linken zu denken, Herr Bundeskanzler!
Wenn Sie uns Freiheitliche dafür kritisieren, dass wir ganzheitlich denken und dass wir die eigene Bevölkerung hier schützen, dann habe ich ein Déjà-vu zu Corona. Da waren auch Sie derjenige, der sich ganz besonders aufgeplustert hat als Hohepriester der einzig zulässigen Lehre im Zusammenhang mit Corona, Hand in Hand wieder mit der Europäischen Union, mit der Weltgesundheitsorganisation und mit der Pharmaindustrie. Und Sie haben alle anderen schlechtgemacht, die nicht Ihrer Meinung gewesen sind. (Beifall bei der FPÖ.) Das Schlimme für Sie, Herr Bundeskanzler, ist nur, dass diese anderen und damit die Freiheitliche Partei recht behalten haben – und Sie haben unrecht! Und genau so wird es auch im Zusammenhang mit der Teuerungsdebatte und mit den Sanktionen ausgehen.
Auch in einem zweiten Bereich haben Sie völlig versagt. Ich rede von der Völkerwanderung, bezüglich der Sie Österreich zu einem negativen Spitzenreiter in Europa gemacht haben. Das muss man sich vorstellen: Wir sind anteilsmäßig gerade einmal 2 Prozent der europäischen Bevölkerung, 2 Prozent der EU-27, aber wir haben 13,2 Prozent der Asylanträge, die im heurigen Jahr in Europa abgegeben worden sind. Ja, wie geht denn das? Wir liegen als kleines Land mitten in diesem Kontinent, umgeben von lauter sicheren Ländern. 103 600 Asylanträge – von Leuten gestellt, von einem Völkergemisch von allen Kontinenten, Tausende Kilometer von Österreich entfernt. Deutschland hat gerade einmal 176 289 Anträge; alles bis Ende November eingerechnet. Normalerweise rechnet man mit einem Faktor eins zu zehn, das heißt, Österreich dürfte nur ein Zehntel davon haben. Das wären 17 600 Anträge. Das wären immer noch um 17 600 zu viel, aber deutlich weniger als Ihre 103 000. Ungarn hat gerade einmal 42; nur damit wir wissen, wer es richtig und wer es falsch macht. (Beifall bei der FPÖ.)
Das geht auf die Kappe dieser Bundesregierung, auf die Kappe des Bundeskanzlers und des Innenministers. Das ist das Ergebnis, wenn man es so macht wie Sie. Das passiert, wenn man den Leuten, die an der burgenländischen Grenze aufgegriffen werden, sagt: Ja bitte, wenn ihr nicht nach Ungarn zurückwollt, dann müsst ihr nur in Österreich einen Asylantrag stellen! Das passiert, wenn man die Asylwerber mit einem Klimabonus ausstattet. Das passiert, wenn sich herumspricht, dass man in Österreich vor Abschiebungen geschützt ist, wenn man einen Coronatest verweigert. Das passiert, wenn man den Leuten den Zutritt ins Sozialsystem und in die Mindestsicherung gibt. Und das passiert, wenn man permanent darüber jammert, dass es keinen EU-Außengrenzschutz gibt, und es gleichzeitig verabsäumt, die eigene Grenze nicht nur zu schützen, sondern zu verteidigen. Das geht voll und ganz auf Ihre Kappe! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich sage Ihnen eines: Jemanden, der illegal ins Land gekommen ist, gleich zu behandeln wie einen Mitbürger und mit den gleichen Rechten auszustatten – und darauf läuft ja Ihre Politik hinaus, Hand in Hand mit den Linken in diesem Haus –, das ist das Gleiche, als würden Sie einen Einbrecher, der zu Ihnen ins Haus kommt, als Familienmitglied bezeichnen und als Familienmitglied behandeln, nur weil es ihm irgendwie gelungen ist, sich illegal Zutritt zu Ihrer Wohnung oder zu Ihrem Haus zu verschaffen. Kein vernünftiger Mensch würde so etwas tun, aber so sieht Ihre Politik und so sieht die Asylpolitik der Europäischen Union aus!
Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf, endlich den Asylstopp, den Sie selbst 2016 versprochen haben, umzusetzen. Das ist das, was wir brauchen, und damit nehmen wir Dublin ernst. Ich fordere Sie auf, Ausreisezentren einzuführen und sämtliche Geldleistungen durch Sachleistungen auf niederer Ebene zu ersetzen. (Beifall bei der FPÖ.)
Noch ein Wort zu Schengen: Ich bin dafür. Ich bin dafür, dass dieser Schengenraum nicht erweitert wird, darin unterstütze ich Sie. Aber ich unterstütze Sie nicht dabei, wenn Sie der Bevölkerung den Bären aufbinden wollen, dass das jetzt der Befreiungsschlag gegen die Völkerwanderung ist. Schengen nicht zu erweitern heißt nichts anderes, als dass wir den Status quo aufrechterhalten, und der Status quo bedeutet, dass wir heuer 103 000 und noch ein paar Asylwerber in Österreich haben. Und das ist nicht das, was ich will.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusswort bitte!
Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Schlusswort, Herr Präsident: Wunderbar, Sie scheinen mit Ihrer Politik sehr zufrieden zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass Sie sich jetzt für das Jahr 2023 eine fette Gehaltserhöhung gönnen. Herr Bundeskanzler, schämen Sie sich für die fast 17 000 Euro mehr, die Sie im nächsten Jahr für sich selbst auf den Weg bringen! Es ist eine Schande! Und wenn Sie sich nicht schämen, dann schäme ich mich für Sie. (Beifall bei der FPÖ.)
12.15
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Damen und Herren Mitglieder der Universität Mainz recht herzlich bei uns im Plenarsaal begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. – Bitte sehr.