10.19

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe mich jetzt zu Wort gemeldet, weil wir heute eine leicht problematische Situation im Zusammenhang mit unserer Tagesordnung haben.

Wir haben heute sieben Tagesordnungspunkte, bei denen die zuständige Ministerin fehlt. Wieso das ein Problem ist, möchte ich unter Hinweis auf die Arbeitsweise des Parlaments ein bisschen erläutern: Es ist so, dass wir gemeinsam einen Arbeitsplan festlegen – meistens ein halbes Jahr, ein Dreivier­teljahr bevor die Sitzungen stattfinden – und dieser Arbeitsplan auch der Bundesregierung übermittelt wird, damit sich die Regierungsmitglieder diese Tage freihalten können; freihalten aus zwei Gründen: einerseits weil Regierungsmitglieder Regierungsvorlagen ins Parlament mitbringen, ande­rerseits auch weil es sein kann, dass Abgeordnete Minister wegen Anfra­gen ins Parlament zitieren.

Es geht also einerseits um die Gesetzgebung, andererseits um die Kontrolle. Das Erste ist einigermaßen kalkulierbar, denn wenn ich als Minister eine Regie­rungsvorlage ins Parlament bringe, weiß ich selbst, wann ich sie einbringe und wann sie dann wohl auch im Plenum debattiert wird.

Das Zweite ist ein bisschen weniger kalkulierbar, nämlich Dringliche Anfragen, aber selbst da ist es so, dass es ein gutes Einvernehmen zwischen Oppositions- und Regierungsparteien gibt, dass man im Vorfeld vorwarnt, welche Dringlichen Anfragen man machen wird. So gibt es zum Beispiel heute eine Dringliche Anfrage von uns an Bundesminister Kocher; er weiß seit Montag, dass das passieren wird, weil man versucht, miteinander Lösungen zu finden, damit er sich diese Zeit auch freihalten kann.

Wir nehmen in der Regel auch Rücksicht auf Auslandsaufenthalte von Ministern und machen dann keine Dringlichen Anfragen – weil der Mehrwert ein geringer ist, wenn der Minister sich vertreten lassen muss, aber auch weil es sich einigermaßen so gehört.

Das System wird nur dann pervertiert, wenn man andauernd im Ausland ist und sich ganz grundsätzlich der Kontrolle des Parlaments entzieht. Dieses Problem haben wir im letzten Jahr einigermaßen oft, das hat sich gehäuft, die Ministe­rin­nen und Minister fehlen sehr oft an Plenartagen, eine ganze Latte teilweise, und das, obwohl sie lange davor davon wussten. Das verunmöglicht eine der Haupt­aufgaben des Parlaments, nämlich die Kontrolle.

Genau deswegen, damit diese Missachtung des Parlaments ein Ende hat, haben Sie, Herr Präsident, auch einen Brief an den Bundeskanzler geschrieben, dass er in Zukunft darauf schauen soll, dass seine Mitglieder der Bundesregierung auch dem Parlament zur Verfügung stehen.

Jetzt gibt es eine Ministerin, bei der das ein besonderes Problem darstellt, das ist Frau Bundesministerin Gewessler. Die ist nämlich sehr oft abwesend: Sie war im Jahr 2022 – inklusive der drei Plenartage, die wir jetzt haben – von 29 Nationalratssitzungstagen an 15 abwesend, sprich an mehr als der Hälfte. Sie empfindet es offensichtlich nicht als notwendig, dem Parlament hier Rede und Antwort zu stehen.

Jetzt bin ich als selbstbewusster Parlamentarier grundsätzlich der Meinung, dass wir auch ohne Ministerinnen und Minister Gesetze beschließen können, aber worum es heute geht – was heute auf der Tagesordnung ist –, das sind Regie­rungsvorlagen. Das sind Vorlagen, die Frau Bundesministerin Gewessler in vollem Bewusstsein dem Parlament zugeleitet hat, wobei sie sich ausrechnen kann, wann die hier auf die Tagesordnung kommen. Das heißt, ich kann daraus nur schließen, die Frau Bundesministerin interessiert sich entweder nicht für das Parlament oder es sind ihr die Themen Umwelt, Verkehr und Ener­gie­politik nicht sonderlich wichtig, denn sonst wäre sie heute anwesend.

Man kann sich verfassungsmäßig natürlich vertreten lassen. Das passiert heute auch: Bundesminister Rauch wird Frau Bundesministerin Gewessler vertreten. Ich bin sehr gespannt, ob er die gleiche inhaltliche Expertise hat wie die Frau Bundesministerin – wir werden es sehen –, denn es kommt natürlich darauf an, dass man als Minister hier steht, seine Regierungsvorlagen inhaltlich verteidigt und sagt, wieso man der Meinung ist, dass man das machen sollte.

Wir als Parlament sind nicht zuständig für den Terminplan von Frau Bundes­minis­terin Gewessler, und wir sind auch nicht dafür zuständig, dass die Frau Bundesministerin ein unfassbar großes Potpourri an Themen hat, für die sie zuständig ist. Es ist so, dass das Bundesministeriengesetz zwar hier im Parlament beschlossen wird, wir vollziehen da aber in der Regel den Wunsch der Regie­rung, und es war in dem Zusammenhang der Wunsch der Grünen, dass es so ein umfassend großes Ressort gibt, was ja mit ein Grund dafür ist, dass die Frau Bundesministerin so wenig Zeit hat.

Ich darf für meine Fraktion ankündigen, dass wir das in Zukunft nicht mehr in diesem Ausmaß so halten werden, denn wenn das Ergebnis dann jenes ist, dass jemand dem Parlament nicht mehr zur Verfügung steht, dann halte ich das für einigermaßen schwierig.

Was ich auch für einigermaßen schwierig und irritierend halte, ist, dass wir die Diskussion in der Präsidialkonferenz letzte Woche am Mittwoch geführt haben und ich dort sehr laut und sehr klar gemeinsam mit der FPÖ und der SPÖ gesagt habe, dass das aus unserer Sicht nicht geht, dass die Frau Bundesministerin nicht anwesend ist. Es war gestern, am Dienstag, Sitzung des Rates der Euro­pä­ischen Union, und dafür hat man auch Verständnis, dass dort Ministerinnen und Minister anwesend sein müssen. Wir haben dementsprechend vorgeschlagen, dass wir die Tagesordnung umstellen, dass man versucht, dass das irgendwie funktioniert, und die Rückmeldung war: Sie kann aber auch am Mittwoch und am Donnerstag nicht kommen, denn da ist sie in Kanada.

Damit nicht genug: Es gab dann noch eine Abwesenheitsmeldung, sie wird auch nächste Woche dem Bundesrat nicht zur Verfügung stehen – da ist sie wiede­rum beim Rat, muss man dazusagen.

Ich frage mich, was sich die Grünen in einer Zeit, in der sie eine sehr vitale und kontrollierende Oppositionskraft gewesen waren, überlegt hätten, wenn ein Minister sich dem Parlament dauerhaft entzieht, so wie das Frau Bundesministerin Gewessler macht.

Damit diese Verhöhnung des Parlaments und diese bewusste Frotzelei ein Ende hat, bin ich der Meinung, dass wir die Tagesordnungspunkte der Frau Bun­des­ministerin heute von der Tagesordnung nehmen sollten. Ich stelle gemäß § 49 Abs. 5 GOG den Antrag, dass die Verhandlungsgegenstände Informations-, Einsicht- und Entsendungsrechte des Finanzministers bei E-Control, das Aus­setzen der Erneuerbaren-Förderpauschale, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das Importverbot von Haiprodukten, die Neubaupläne von Small Modular Reactors in Tschechien, den ÖBB-Rahmenplan sowie die Aussetzung der Maut­pflicht in Form der Vignette für Österreicher von der Tagesordnung abgesetzt werden. Der Antrag liegt Ihnen vor, und ich würde Sie bitten, diesen nachher auch zur Abstimmung zu bringen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ. – Abg. Hafenecker: Sehr peinlich für die Grünen! Sehr peinlich für die Grünen!)

10.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wünscht noch jemand, zur Geschäftsord­nung zu reden? – Bitte, Herr Hammer.