14.03

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst zu zwei Punkten, die ja zur Abstimmung stehen, und dann natürlich auch ein Beitrag zur generellen Debatte zur Pflege, das kann und will ich hier und heute nicht auslassen:

Was wir heute abstimmen oder was Sie abstimmen, ist im Prinzip die Folge eines Entschließungsantrages vom 7. Juli 2022, als der Nationalrat zum Thema Angehörigenbonus beschlossen hat, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der eine Möglichkeit geschaffen wird, nahen Angehörigen, beispielsweise Pensionistinnen, Pensionisten, neben zahlreichen anderen pflegenden und betreuenden Angehörigen, eben einen Angehörigenbonus zu gewähren. Das tun wir jetzt, und zwar in folgender Form.

Die Voraussetzungen sind: Es muss ein naher Angehöriger sein, der eine pflegebedürftige Person mit der Pflegestufe 4 – ich kenne die Kritik daran, ja – im gemeinsamen Haushalt überwiegend seit mindestens einem Jahr pflegt und der die Einkommensgrenze von 1 500 Euro nicht überschreitet. Dieser Bonus gebührt ab dem Jahr 2023 in der Höhe von 750 Euro und in der Folge dann jährlich in der Höhe von 1 500 Euro. Die Vollziehung wird durch die PVA sichergestellt. Dafür sind die technischen Voraussetzungen zu schaffen. Der Bonus tritt mit 1.7.2023 für beide Gruppen in Kraft. Die Aufwendungen dafür betragen im Jahr 2023 40 Millionen Euro und ab dem Jahr 2024 84 Millionen Euro pro Jahr. – Das ist der eine Teil.

Der zweite Teil betrifft die Entlastungswoche und die Nachtgutstunden. Alle im Gesundheitsbereich und in der Krankenpflege Beschäftigten haben – das halte ich für einen wesentlichen Fortschritt – ab einem Alter von 43 Jahren Anspruch auf eine sogenannte Entlastungswoche, de facto eine sechste Urlaubswoche. Das ist eine tatsächliche Entlastung für das Pflegepersonal in diesem besonders schwierigen Beruf. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Wir stellen sicher, dass Nachtgutstunden – auch das ist wichtig – nicht auf die Entlastungswoche angerechnet werden, wie es bisher in vielen Kollektiv­verträgen bei einer bestehenden sechsten Urlaubswoche der Fall war. Zusätzlich stellen wir durch eine Änderung des Bundesgesetzes über Schutzmaßnahmen für das Krankenpflegepersonal sicher, dass Lücken bei den Zeitgutschriften geschlossen werden. Es erhalten auch alle Beschäftigten in Pflegeberufen unabhängig vom Dienstgeber 2 Stunden Zeitgutschrift pro Nachtdienst.

Das sind zwei wesentliche Bestandteile dessen, was wir im Sommer, vor dem Sommer als Pflegereform, Pflegemilliarde angekündigt haben, und mit der parlamentarischen Beschlussfassung wird dieser Baustein beschlossen. Ich halte fest: Es ist damit dem Auftrag des Parlaments, das zeitgerecht vorzulegen, nachgekommen worden.

Jetzt insgesamt zur Debatte und anknüpfend an Klubobmann Wöginger, bei dem ich mich noch einmal für die Umsetzung dieses Paketes bedanken darf: Ohne dich wäre das nicht gelungen!

Zur Einordnung: Es gibt ja bei mir im Ministerium eine Galerie, und in dieser Galerie sind die Bildnisse der jeweiligen Ministerinnen, Minister, die vor mir in diesem Amt tätig waren, auf einem schönen Board aufgelistet und aufgereiht – übrigens ist der Platz gleich aus, es gibt nur einen Platz für mich, und dann ist es irgendwie aus, dann muss man das Board verlängern –, und darunter finden sich zahlreiche Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Der Punkt ist aber schon der, Kollege Muchitsch – das können Sie auch gerne im heutigen „Standard“ nachlesen (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP) –: Ich bin ja gerne bereit, die Kritik entgegenzunehmen. Ich bin nicht derjenige, der sich hierherstellt und sagt: Nein, es ist eh alles super und wir sind am Ende angelangt – nein, das tue ich nicht –, aber Sie hatten jahrzehntelang Zeit als Verantwortungsträger in Regierungen in der Pflege Reformen in der Substanz, die wir jetzt vorlegen, zustande zu bringen. Sie haben es nicht hergebracht. Sie haben es nicht hergebracht! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Sie können es gerne nachlesen. (Abg. Krainer: Normalerweise sind Sie sachlich, das ist polemisch und unsachlich und an der Wahrheit vorbei! Das ist ein bisschen peinlich, Herr Minister!) Der Titel lautet nämlich heute: „Die SPÖ-Kritik an der Pflegepolitik blendet eigene Versäumnisse aus“. (Abg. Krainer: Normalerweise haben Sie ein bisschen ein Format, aber das ist sehr formatlos, was Sie hier abzeichnen! – Zwischenruf der Abg. Disoski.) Sie blenden die eigenen Versäum­nisse aus. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich kann Ihre Aufgeregtheit nachvollziehen. Es ist immer unangenehm, damit konfrontiert zu werden. Wenn man nämlich mit Steinen wirft, dann sollte man nicht im Glashaus sitzen. Das ist ein altes Sprichwort. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Ich sage Ihnen eines: Wir haben mit dieser Pflegereform einen Schritt gesetzt. (Abg. Michael Hammer – in Richtung SPÖ –: Schickt den Stöger raus! Der soll sagen, was er gemacht hat!) Wir nehmen 1 Milliarde Euro für zwei Jahre in die Hand und kommen jetzt, im Dezember, das erste Mal in die Auszahlung. Ich sage Ihnen, wie sich das abspielt: Zuständig für die Umsetzung sind die Bundesländer. Ich habe unendlich viel Zeit darauf verwendet, sicherzustellen, dass im Dezember diese Auszahlung stattfindet, bundesweit einheitlich und in einer Höhe, die adäquat und vom Bodensee bis zum Neusiedler See gleich ist mit 2 000 Euro.

Das geschieht heuer in Form eines Bonus, ja, weil es noch nicht gelungen ist, so wie es angedacht war, das bereits im heurigen Jahr in den Kollektivverträgen zu verankern. Das ist die Zielsetzung. Dazu gibt es einen Beschluss der Konferenz der Landesrätinnen und Landesräte, das im nächsten Jahr als normale Gehalts­bestandteile in den Verträgen zu verankern. Nichts anderes war vorgesehen, das kommt ja nicht von ungefähr: Das muss Gehaltsbestandteil sein, das muss regelmäßig ausbezahlt werden und das muss auf Dauer bleiben, und genau das ist der Punkt, um den es geht! Wir werden im Zuge der Finanzausgleichs­verhandlungen sicherstellen – die Länder haben es angekündigt, das haben die Länder schon gesagt –: Niemand in den Ländern wird diesen Zuschuss, diese Gehaltserhöhung rückgängig machen. Das bleibt auf Dauer, muss Gehaltsbestand­teil sein und ist damit selbstverständlich sozialversicherungspflichtig und steuerpflichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Damit Sie den Zugang verstehen, warum wir das so angelegt haben und dass das Bestandteil meiner und unserer Politik ist: In einem zweiten Bereich, im Bereich der Menschen mit Behinderung, kommt jetzt die persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung, und zwar in Form von Anstellungsverhältnissen. Das sind ganz normale Beschäftigungsverhältnisse, keine Nebenbeschäftigungen und keine Praktika, keine Dienstverhältnisse, die entlang irgendwelcher nicht sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher Gegebenheiten stattfinden. Nein! Es sind Anstellungsverhältnisse, weil wir wollen – das ist die Zielsetzung –, dass Menschen, die in diesen Berufen tätig sind, ordentlich bezahlt sind und sozialversicherungsrechtlich und pensionsrechtlich abgesichert sind. Das ist im Bereich der Behinderten der Zugang und auch im Bereich der Pflege der Zugang.

Letzter Punkt, wenn es darum geht, darzustellen, wo die Notwendigkeiten in der Pflege insgesamt sind: Natürlich sind wir da nicht am Ende, das ist mir vollkom­men klar. Wir werden mehr Geld brauchen, auch was insgesamt die Pflege­auf­wen­dungen angeht, und was wir vor allem brauchen, ist Personal. Wir haben, was die Ausbildung angeht, in diesem Pflegepaket – ist erwähnt worden – den Ausbildungszuschuss, das Pflegestipendium verankert, mit der Zielsetzung, mehr Menschen in die Pflegeberufe zu bekommen. Und der Effekt ist da: Die Nach­frage ist da! Die Nachfrage für die Ausbildung in der Pflege steigt. Wir werden damit auch einen wesentlichen Effekt am Arbeitsmarkt erzielen.

Im Gesamten ist das Reformpaket, das wir präsentiert haben, wofür heute ein Baustein beschlossen wird, ein erster Schritt dazu, das, was wir in Österreich haben, nämlich eine gute, sichere und angemessene Pflege für alle, auch auf Dauer und auch in Zukunft sicherzustellen. Um nichts anderes geht es. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.11

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.