12.40

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Kollegin Yildirim, wir sind uns ja oft in sehr vielen Dingen einig, aber da, muss ich aber sagen, muss ich Ihnen von Grund auf widersprechen, denn das, was wir da machen, ist ein sehr wesentlicher Schritt, um den Maßnahmenvollzug ins 21. Jahrhundert zu ho­len. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben im System unseres Strafrechts ein wesentliches Prinzip, und das bedeutet, dass derjenige, der gegen Strafgesetze verstößt, sich dafür vor Gericht zu verantworten hat. Wenn die Person dann verurteilt wird, verhängt das Gericht eine Strafe, die der persönlichen Schuld angemessen ist. Das Strafrecht mit diesem Prinzip steht aber dort an, wo aufgrund von psychischen Er­krankungen oder Störungen einer Person dieses Unrecht nicht vorgeworfen werden kann. Genau dort greift der Maßnahmenvollzug ein.

Diese Menschen sind oft dennoch gefährlich, von ihnen geht eine Gefahr aus, und sie sind auch behandlungsbedürftig, um diese Gefahr zu reduzieren und um ihre Gesundung, soweit es möglich ist, sicherzustellen. Deshalb gibt es den Maßnahmenvollzug.

Auch damals schon, als er geschaffen wurde, war die ursprüngliche Idee diejenige, dass Straftäter:innen, die nicht verurteilt werden können, oder auch schuldfähige Straftäter:innen, die aufgrund ihrer Erkrankung weiterhin ge­fährlich sind, in Einrichtungen untergebracht werden, wo sie ihrem Krankheits­bild entsprechend betreut und behandelt werden – das immer mit dem Ziel, sie letztendlich wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können, sofern das möglich ist.

Das war damals schon richtig gedacht, aber es entspricht natürlich so, wie es damals formuliert und wie es damals ausgestaltet wurde und wie es auch aufgrund der bisher gültigen Bestimmungen gelebt werden musste, nicht mehr dem, was wir jetzt über die Behandlung und über den Umgang von Menschen mit psychischen Erkrankungen wissen – deshalb diese Änderung.

Einerseits ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass nicht Menschen in die Maßnahme kommen, die dort nicht hingehören, die in eine normale Krankenanstalt gehö­ren, die dort behandelt werden müssen. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass man denjenigen, die dort arbeiten, die mit diesen Menschen umgehen – seien es jetzt die Bediensteten der Justizwache oder seien es die sozialen oder ärztlichen Dienste –, die richtigen Methoden und Möglichkei­ten zur Verfügung stellt. Das – das möchte ich an dieser Stelle hier auch sagen – wird der zweite Schritt der Reform werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Regelungen, die wir jetzt geschaffen haben, stellen die Grundlage dafür dar, den Maßnahmenvollzug auf vollkommen neue Beine zu stellen, indem die Zugangsbestimmungen im Maßnahmenvollzug vollkommen neu geregelt werden, und zwar so, dass sichergestellt ist, dass dort niemand mehr landet, der dort nicht hingehört, und dass sichergestellt ist, dass regelmäßig überprüft wird, ob die Personen dort noch sein müssen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Haubner.)

Einen kleinen Ausflug noch zum letzten Teil der Rede meiner Vorrednerin: Was nicht hierher gehört, sind die Bestimmungen betreffend den Umgang im Bereich Inneres, im Bereich der Nachrichtendienste. Das alles, was Sie jetzt hier verlangen, was auch ursprünglich im Bericht der Zerbes-Kommission ver­langt wurde, ist im Bereich Inneres umzusetzen. Im Bereich Justiz wurden schon sehr viele Hausaufgaben gemacht. Diese Regelung, die wir jetzt schaffen, ist eine Spezialbestimmung auf Grundlage dessen, was bereits bestehende Gesetzeslage ist. Es ändert sich nichts am grundsätzlichen Zugang des Staates zum Umgang mit Rückfallstäter:innen. Es ist nur eine zusätzliche Qualifi­kation, die jetzt geschaffen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie gesagt, was die Umsetzung der Empfehlungen des Berichtes anlangt: Das gehört im Wesentlichen nicht hierher, es gehört in einen anderen Ausschuss, in ein anderes Themengebiet. Ich glaube, Sie können sich noch an die Reform erinnern, im Zuge derer wir die Direktion Staatsschutz und Nach­richtendienst geschaffen haben. All das ist dort beheimatet. Damals waren Sie auch eingebunden, Ihre Fraktion war in die Reform eingebunden, im Zuge derer wir die Dienste auf völlig neue Füße gestellt haben. Das alte BVT, das da­mals tatsächlich versagt hat, gibt es nicht mehr. Wir haben das alles reformiert.

Zusätzlich noch zum Maßnahmenvollzug: Das, was wir jetzt machen, ist ein erster Schritt in eine sehr, sehr richtige und wichtige Richtung. Es geht dabei um den Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen, es geht um den Schutz der Bevölkerung, und deshalb ist es sehr wichtig, dass wir jetzt diesen ersten Schritt gehen. Ich ersuche Sie, ihn mit uns gemeinsam zu gehen, und hoffe auf breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

12.45

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.