16.52

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst möchte ich die Gelegenheit nützen, um mich bei Präsi­denten Sobotka für seine Unterstützung, die er immer bietet, wenn wir diese Reisen in die Ukraine machen, zu bedanken. Ich weiß, dass Reisen pro Freundschaftsgruppe nur einmal pro Periode durchgeführt werden. Wir waren schon zweimal, und nach der Rückkehr habe ich kurz Bericht erstattet und gesagt: Wir müssen nächstes Jahr bitte aber schon wieder fahren! – Er hat zugestimmt. Darf ich das (sich zum Präsidium umdrehend) so sagen? – Dan­ke, Herr Präsident.

Ich bin ja überhaupt dafür, dass wir hier mehr Gemeinsamkeit zeigen – Konsens, Außenpolitik; ich habe mich schon bei den hervorragenden Diplomatinnen und Diplomaten bedankt –, aber ich muss da jetzt auch noch ein bisschen eine andere Stimmung hereinbringen, und das hat etwas mit Folgendem zu tun: Die Art und Weise, wie man unsere Freundinnen und Freunde in Rumänien vor den Kopf gestoßen hat, Herr Bundesminister, war nicht in Ordnung, und ich glaube ja, dass Sie derselben Meinung sind.

Wie das gelaufen ist, war nicht in Ordnung. Es war schlecht für Österreich, es war schlecht für die österreichische Wirtschaft. Es war auch schlecht für die Kooperation mit Rumänien innerhalb der EU. An dieser Stelle möchte ich mich bei Präsident Johannis bedanken. Das ist ein wirklicher Staatsmann. Also nachdem die Rumänen in dieser Art und Weise behandelt wurden, stellt er sich hin und sagt, er werde jetzt ganz sicher für Ruhe in seinem Land sor­gen, er werde nicht den Unternehmen sagen, sie sollen ihr Geld von den österreichischen Banken abziehen. Ganz im Gegenteil, er verhält sich wie ein richtiger Europäer, er kann ein Vorbild sein.

An dieser Stelle ist ja gestern Bundesministerin Edtstadler gestanden und – ich habe mitgeschrieben – hat gesagt: „Wir sind [...] auf einem konstruktiven Weg [...] mit den beiden Ländern“. – Was wir so hören, wird es ja ohnehin im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres dann zu einer Einigung auch mit Rumänien kommen.

Wir wissen genau – ich habe es mir angeschaut –, am 31. Oktober gab es im „Standard“ eine Umfrage über die niederösterreichische Landtagswahl. Was hat denn das mit Außenpolitik zu tun? – Ach ja, die 38 Prozent waren es! Es ist wirklich peinlich, dass man, nur weil die ÖVP in Niederösterreich bei 38 Prozent liegt, einen Partner in der Europäischen Union so behandelt, das ist nicht in Ordnung. (Abg. Taschner: Das ist eine Unterstellung!) Bitte, Herr Bundesminister, sagen Sie das auch innerhalb der Bundesregierung – danke schön.

Warum sage ich das hier? – Weil es einen neuen Beitrittskandidaten gibt, Kosovo – Verzeihung! –, Bosnien – Kosovo hat einen Antrag gestellt –, und es wird ein Stück Visafreiheit geben. Ich glaube, dass wir gerade diesen neu­en Partnerinnen und Partnern doch sagen sollen, wie man innerhalb der EU ar­beitet, nämlich eben nicht auf diese Art und Weise. Das klingt ja alles ein bisschen nach Vučić, und dass der Europa eher zerstören als mit aufbauen will, haben wir ja auch miterlebt.

Noch etwas, weil hier schon Orbán gelobt wurde: Auch dieses Modell wollen wir nicht. Was Orbán macht, ist Zerstören der Gesellschaft, Zerstören der Me­dienfreiheit, Zerstören des Zusammenhaltes in Europa, gerade das Gegenteil ei­ner liberalen Demokratie. Das ist ja die wesentliche Herausforderung.

Da habe ich Ihnen ein Buch von Herfried Münkler, einem hervorragenden Historiker, mitgebracht: „Die Zukunft der Demokratie“. (Der Redner hält das ge­nannte Buch in die Höhe.) Er beschreibt natürlich Szenarien, die gar nicht gut sind, weil wir in mehreren Ländern – auch in demokratischen Ländern – ja eher den Abbau der Demokratie erleben. Er schreibt da einen wichtigen Satz, den lese ich Ihnen vor: „Indem man das russische und das westliche Vorgehen gleich­setzte, entledigte man sich der Herausforderung, für die Verteidigung der Menschenrechte und der Demokratie [...] Partei ergreifen zu müssen.“

Das müssen wir aber! Wir müssen uns für die Verteidigung der Menschenrechte und der Demokratie einsetzen. Kollege Lopatka – der im Moment, glaube ich, nicht da ist – hat gesagt, seit dem 24. Februar gebe es dunkle Schatten über Russland. – Nein, die gibt es seit dem Jahr 2014. Es ist ein wesentliches Versäumnis auch der Politik in Österreich gewesen, nicht aufmerksam zuzuse­hen, was Putin 2014 gemacht hat. Da haben wir uns nachher noch – nicht wir, Frau Kneissl war das, glaube ich – vor Herrn Putin verneigt, und Herr Sigi Wolf, der, glaube ich, eher im ÖVP-Bereich angesiedelt ist, ein guter Ver­trauter der ÖVP, hat gesagt, Putin sei ein korrekter Mann, wir bräuchten auch mehr „Demokratur“, so wie in Russland – nach dem Überfall auf die Krim und nach dem Überfall auf die Ukraine.

All das müssen wir, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, aufarbeiten, damit das nicht mehr passiert.

Das Nächste ist: Ich glaube auch, Herr Bundesminister, dass wir, was Außenpolitik betrifft, was etwa auch die Strategie China gegenüber betrifft, klarer werden müssen. Wo sind sie Partner – und in der EU findet das ja statt –, wo sind sie Konkurrenten, wo sind sie aber Systemgegner? Wir dürfen uns ganz sicher eben nicht mehr erpressbar machen, so wie das bei Russ­land der Fall war.

Einen Satz noch zum Iran: Sie haben es gesagt, Herr Bundesminister, Sie haben den Botschafter einbestellt. Ich hätte es gern lauter gehört. Wir haben ja heute mit der iranischen Community gesprochen, die hätten es auch gerne lauter gehört. Ich glaube, wir müssen uns auch sehr genau diese Terrororganisation der Revolutionsgarden ansehen. Haben die Vermögen oder Besitz in Österreich? Gibt es – und da ersuche ich Sie dringend, mit dem Finanzministerium zu sprechen – Bereiche, auf die wir zugreifen können? Ich glaube, es ist ganz klar, dass das Organisationen sind, die in unserem Land nichts verloren haben. Ganz im Gegenteil: Wir müssen den Menschen im Iran helfen, dieses schreckli­che Mullahregime loszuwerden.

Ich möchte zum Schluss noch einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums meinen Dank aussprechen. Ich weiß, das ist für die Familien nicht immer einfach: weit weg von der Heimat und umzuziehen et cetera. Was die Kolleginnen und Kollegen in Kiew leisten, ist unglaublich. Das gilt übrigens auch für die Wirtschaftskammerangehörigen, die durch die Welt reisen und für Österreich einen tollen Job machen. Ich möchte mich bei ihnen bedanken. (Abg. Taschner: Die NEOS bedanken sich bei der Wirtschafts­kammer!) Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass sie das auch im nächsten Jahr ma­chen, dass wir da wieder Übereinstimmung finden und vielleicht wirklich – ich sage einmal – rationaler vorgehen und innenpolitisches Kleinklein von der Außenpolitik fernhalten. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Ab­geordneten der Grünen. – Abg. Taschner: Bleibt ewig Journalist und wird niemals Außenpolitiker!)

16.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Schallenberg. – Bitte sehr.