10.46

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In unserer Gesellschaft laufen einige Dinge grundlegend falsch. Es gibt im Leben Dinge, die jeder von uns braucht: etwas zum Essen, etwas zum Anziehen, jeder und jede braucht ein Dach über dem Kopf, aber auch eine Heizung und Strom, um nicht im Kalten zu sitzen. Und trotzdem, obwohl diese Dinge so lebensnotwendig sind, wird genau mit diesen – oder zumindest machen das einige – grundlegenden Bedürfnissen Profit gemacht.

Ich weiß schon, zu dem, was ich sagen werde, sagen jetzt einige, das ist radikal, aber: Energie ist ein Grundbedürfnis von uns allen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie muss verlässlich zur Verfügung stehen, sie muss solidarisch geteilt werden, und deshalb muss sie vor allem leistbar sein und sollte nicht das Geschäftsmodell von anderen sein, die sich jetzt mit horrenden Energiepreisen die Taschen vollstopfen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Tanja Graf.)

Das sollte nicht passieren, denn was wirklich radikal ist, sind ja die Ergebnisse (Zwischenruf des Abg. Hörl), die aus dem, was sich hier abspielt, folgen; auch an sozialen Dramen, mitten in Österreich, einem der reichsten Länder dieser Welt: Wenn die Gasvorschreibung einer Pensionistin in Oberös­terreich plötzlich pro Monat nicht mehr 171 Euro beträgt, sondern 937 Euro! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Bitte, was kann man sich da aufregen? – Das ist die Situation, die sich tagtäglich abspielt. (Beifall und Bravo­rufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Weidinger und Deimek.) Das ist keine Verdoppelung, das ist keine Verdreifachung, das ist eine Vervier­fachung der Gasvorschreibung! Wie soll die Pensionistin das bezahlen? (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) – Ich sage es Ihnen, da brauchen Sie nicht raus­zurufen: wenn wir endlich den Vorschlag der SPÖ für einen Gaspreisdeckel beschließen. Das wäre notwendig, die Preise müssen runter! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas, denn es geht ja nicht nur um das Gas. (Abg. Lukas Hammer: ... geht um Klimaschutz!) Die Zahlen der Statistik Austria, wenn man die Jahre 2021 und 2022 vergleicht, zeigen: Gas – plus 80 Prozent, Heizöl – plus 90 Prozent, Fernwärme – plus 30 Prozent, Strom – plus 11 Prozent. Diese Energiepreise heizen die Inflation unglaublich an, und es trifft zumindest in Österreich uns alle. (Abg. Hörl: ... war das in Wien?)

Wir sind aber jetzt in der Aktuellen Europastunde und da lohnt sich auch ein Blick zu unseren EU-Nachbarn und wie es dort mit der Inflation aus­schaut: Spanien, Portugal, Frankreich (Abg. Wurm: Schweiz!) – dort wurden die Energiepreise reguliert (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer) und im Ergeb­nis – schau an, schau an! – haben diese Länder heute niedrigere Inflationsraten. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Es wäre also doch etwas möglich gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bundesregierung wollte aber nicht. Die ÖVP ohnehin nicht, und auch die Grünen, auch Sie, Frau Ministerin, haben am Anfang dieser Krise erklärt: Wir sehen keinen Bedarf, jetzt in den Markt einzugreifen. Da haben Sie klar bewiesen, auf wessen Seite Sie stehen. Es wäre nämlich die Aufgabe der Bundesregierung gewesen, sich auf europäischer Ebene nicht für die freien Märkte und für die Heiligkeit der Marktordnung einzusetzen, sondern sich auf die Seite der Menschen in Österreich zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass die österreichische Regierung drei Mal – drei Mal!; Kollege Leichtfried hat es schon ausgeführt – eine Ände­rung des Meritordersystems blockiert hat. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) – Ja, Sie haben sich heute dafür ausgesprochen, aber monatelang hat sich die österreichische Bundesregierung quergestellt.

Auch die Abschöpfung der Übergewinne betreffend, die jetzt so positiv angeführt worden ist: Da ist man in Österreich auch erst tätig geworden, als ein Vorschlag vonseiten der EU gekommen ist, und das auch nur so weit, dass es ja nicht zu allzu großen Abschöpfungen kommt. Wir haben einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, wonach man 6 bis 8 Milliarden Euro hätte abschöpfen können. Wie viel schöpfen Sie jetzt ab? – 1 bis 2 Milliarden Euro. Da haben die Korken geknallt an dem Tag, als Sie Ihr Paket vorgelegt haben. Die Energie­konzerne können sich freuen: Den Großteil der Gewinne behalten sie ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Punkt ist: Es geht ja jetzt weiter mit der Spekulation. Ja, die EU hat einen ersten richtigen Schritt gesetzt, es gibt jetzt einen Höchstpreis für Gas, der auf europäischem Boden gehandelt werden kann, aber dieser Höchstpreis liegt wieder um ein Vielfaches über dem Marktpreis, und somit wird sozu­sagen weiterhin gewettet werden, was den Gaspreis betrifft. Und ja, das treibt die Preise in die Höhe. Und ja, wir wollen das nicht akzeptieren, dass auf Kosten der Menschen, die jetzt unter der Preisexplosion leiden, einige wenige das große Geld machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht eine Umverteilung im Sinne der Bevölkerung. Wir müssen das Problem an der Wurzel packen. Was braucht es dafür? – Eine Regulierung der Gas- und Strompreise. Das bisherige System ist gescheitert. Die Liberali­sierung des Energiemarktes war ein Fehler, die Privatisierung des Energiemark­tes war ein Fehler. (Beifall bei der SPÖ.) Es braucht ein Ende der Spekula­tion, es braucht endlich eine Finanztransaktionssteuer. Verhindern Sie diese nicht länger, liebe ÖVP! Es geht um Grundbedürfnisse von uns allen, die müssen gedeckt sein und die sind nicht für die Profitmaximierung von anderen da. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Da schaut er, der Hörl!)

10.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steger. – Bitte sehr.