12.07
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Justizministerin! Wenn ich mir meine Vorredner mit Ausnahme von Frau Kollegin Prammer anhöre, dann verstehe ich, dass die Leute in Österreich es endgültig satthaben. Ich höre hier Ausreden für das, was nicht funktioniert. ÖVP, SPÖ und FPÖ werfen sich gegenseitig vor, wer die letzten Jahrzehnte denn korrupter gewesen ist und wer das System wo mehr missbraucht hat.
Es ist doch unsere Verantwortung, damit endlich Schluss zu machen, diesen Wasserschaden nachhaltig zu reparieren, die Sümpfe trockenzulegen und sich nicht weiter gegenseitig mit Dreck zu bewerfen und zu erzählen, wer wann korrupter war. Wir müssen das System ändern! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
Mich hat am Samstag im niederösterreichischen Landtagswahlkampf ein Herr in Baden auf der Straße gefragt, wann denn endlich Schluss mit diesem korrupten System ist, und ich weiß auch nicht mehr, was ich den Leuten sagen soll. Ich höre die ganze Zeit nur, was nicht funktioniert, ich merke, wer wo bremst, weil er keine Lust hat, dass irgendwo Transparenz zustande kommt (Abg. Hafenecker: Ja! Ihr beim Untersuchungsausschuss!), und ich verstehe es einfach nicht mehr.
Kollege Hafenecker hat gerade zwischengerufen, und das ist ein großartiger Zwischenruf. Herr Kollege Hafenecker, das, was Sie beim Untersuchungsausschuss weitermachen wollten, ist, sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen, parteipolitisches Kleingeld zu wechseln, anstatt endlich die Reformen anzugehen, die schon längst auf dem Tisch liegen. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)
Das Problem an der Korruption ist ja nicht nur die Korruption an sich und die Freunderlwirtschaft, das Problem ist, dass damit auch unfassbar viel Geld verloren geht, Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Jetzt haben wir nicht nur von Transparency International mitbekommen, dass wir im Korruptionsindex nicht nur nicht besser geworden sind, sondern noch schlechter geworden sind. Wir wissen auch, dass die volkswirtschaftlichen Schäden enorme sind. Prof. Schneider von der JKU Linz hat ausgerechnet, dass wir jedes Jahr 15 Milliarden Euro verlieren, weil wir es immer noch nicht geschafft haben, mit Korruption Schluss zu machen, mit Freunderlwirtschaft Schluss zu machen. Das erachte ich als ein riesiges Problem. (Beifall bei den NEOS.)
Ich verstehe, dass all die mehr als 300 000 Menschen, die das unterzeichnet haben, einigermaßen frustriert sind. Die Reformvorschläge liegen seit Ewigkeiten auf dem Tisch, und es ist doch ein Armutszeugnis für ein Land wie Österreich, dass wir jedes Mal über den „Wasserschaden“, von dem der Herr Bundespräsident gesprochen hat, ein bisschen mit weißer Farbe drüberpinseln.
Ich weiß nicht, wer schon einmal zu Hause einen Wasserschaden hatte. Wissen Sie, was passiert, wenn Sie drüberpinseln? – Er kommt jeden zweiten oder dritten Tag wieder. Das ändert nichts am System und das korrupte System bleibt genau so, wie es vorher war. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wir rutschen immer weiter ab, und das liegt am Reformunwillen, am Unwillen, konkrete Reformen anzugehen, die diese unsägliche Krankheit Korruption wirklich verhindern. Frau Bundesministerin, das, was vorgeschlagen wird, sind natürlich Reformen, aber es sind in vielen Bereichen halbherzige Reformen, die den Wählern Sand in die Augen streuen, und Sie tun so, als ob danach dann endlich alles gut wäre.
Kollege Stefan hat das Ibizavideo angesprochen: Das Ibizavideo ist das perfekte Beispiel, wieso all das, was die Bundesregierung bis jetzt gemacht hat, eben nicht dazu führt, dass gewisse Dinge verhindert werden. Wir erinnern uns, H.-C. Strache hat auf Ibiza erzählt, wie man am Rechnungshof vorbei Geld an Vereine, die im Umfeld von Parteien sind, spenden und so das Parteiengesetz umgehen kann. Wie ist es heute? – Es ist weiterhin möglich, am Rechnungshof vorbei an irgendwelche Vereine Geld zu spenden und damit Wahlkampf zu machen. Es hat sich nichts geändert. Das, was H.-C. Strache auf Ibiza erzählt hat, ist weiterhin möglich, Sie müssen nur einen Verein finden, der nicht statutarisch mit einer Partei verbunden ist. (Beifall bei den NEOS.)
H.-C. Strache hat auch davon geredet, wie er sich selbst irgendwie Geld beschaffen will, um nachher dann, falls er einmal in der Regierung ist, Unternehmen Vorteile zuzuschanzen. Das ist das, was wir als Kandidatenbestechung in den letzten Wochen hier debattiert haben. Die Bundesregierung hat jetzt einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, mit dem sie das verschärfen will. Sie will ab einem Zeitpunkt, den sie festgelegt hat, sagen, dass jemand Kandidat ist. Frau Kollegin Steinacker hat es schon angesprochen: Es soll entweder der Stichtag sein, das heißt 82 Tage vor einer Wahl, oder es soll der Tag des Neuwahlbeschlusses sein.
Schauen wir uns 2017 an: 82 Tage vor der Wahl war der 25. Juli. Wenn es eine ganz gewöhnliche Wahl gewesen wäre, dann hätte H.-C. Strache am 24. Juli, einen Tag davor, all diese Versprechungen machen können und er wäre nicht strafbar gewesen. Und Sie wollen mir erklären, dass Sie damit mit Korruption abfahren?! Das ist doch absurd! (Beifall bei den NEOS.)
Sie müssen das System doch bis zum Ende denken! Es ist realitätsfremd zu glauben, dass ich mich dann halt nicht am Tag davor bestechen lasse. (Abg. Prammer: Es gab aber davor doch den Neuwahlbeschluss! – Abg. Meinl-Reisinger: Ja schon, aber das weißt ja Wochen davor!) Es ist doch vollkommen lächerlich, davon auszugehen, dass das am Schluss auch entsprechend sein wird.
Ich habe gehört, dass es ja damals einen Neuwahlbeschluss gab. – Ja, den gab es, aber das ist ja nicht der Normalzustand. Dann mache ich es einen Tag vor dem Neuwahlbeschluss. Wir wissen doch hier im Parlament, wann wir Neuwahlbeschlüsse fassen, und wenn jemand Interesse daran hat, jemanden zu bestechen, wird er halt einen Tag oder eine Woche davor kommen. Es ist vollkommen unrealistisch, zu glauben, dass das hilft.
Dann erzählt uns die Bundesregierung bar jeglicher Evidenz, dass sie das schärfste Korruptionsstrafrecht der Welt vorgelegt hat. Das, was Sie nicht gemacht haben, ist: Sie haben immer noch keinen unabhängigen Bundesstaatsanwalt, es sind immer noch zu wenige Ressourcen für die Antikorruptionsbehörden da, es gibt immer noch kein Informationsfreiheitsgesetz, das Korruptionsstrafrecht hilft immer noch nicht, das zu verhindern, was auf Ibiza passiert ist, und die Inseratenkorruption ist in Österreich immer noch möglich. Das, was in dem Volksbegehren gewünscht wird, was darin vorgeschlagen wird, haben Sie bis heute nicht umgesetzt. (Beifall bei den NEOS.)
12.13
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.