12.23

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Schon im alten Rom waren die Res publica – die öffentliche Sache – und das Engagement für sie etwas Besonderes. Die verschiedenen Formen, in denen Politik und Verwaltung schon damals gelebt worden sind, haben damals wie heute die Gefahr beinhaltet, dass der eine oder andere in pflichtwidriger Weise oder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht der Republik nicht oder unzureichend dient oder, wie es damals so schön hieß, die Res publica geschändet hat. Damals wurde man auch bestraft: Man wurde verbannt.

Auch wir sprechen gemeinsam ein Unwerturteil über jene, die, wie es bei uns im Gesetz heißt, „die Amtsgewalt missbrauchen“ oder sich für deren pflichtwidrige Ausübung Vorteile versprechen lassen.

Wie im Ausschuss so auch heute endet ein Teil der Gemeinsamkeit dort, wo wir diese gesetzlichen Begriffe interpretieren müssen. Selbstverständlich haben wir das den Gerichten zu überlassen, allerdings stellt sich, je länger die Debatte dauert, oft genug die Frage: Was ist denn eine pflichtwidrige Vornahme, was ist ein Vorteil, was ist ein Missbrauch?

Zweifelsfrei ist dies der Kern der Debatte, der auch im Zuge des Volksbegehrens berührt worden ist. Das Volksbegehren, dessen Proponenten zum Teil selbst auf lange politische Tätigkeit zurückblicken können, beinhaltete an verschiedenen Stellen gute Anregungen, die nun auch teilweise in einen von uns in Begutach­tung geschickten Gesetzentwurf eingeflossen sind. Anzumerken ist, dass es auch Teile gab, die verfassungsrechtlich von bemerkenswerter Unmöglichkeit geprägt waren, weil sie mit den elementaren Grundsätzen der österreichischen Bundes­verfassung nicht in Einklang zu bringen sind – auch das sollte an dieser Stelle erwähnt sein.

Nun werden wir auf Basis unserer Gesetze – der bereits bestehenden, die durch­aus viel umfasst haben, und der noch zu beschließenden – abwarten, ob Pflichtwidrigkeiten festgestellt werden und wie diese ausgesehen haben, in der tiefen inneren Hoffnung, dass dann ein für alle Mal klargelegt ist, was sein soll und was nicht sein darf, umgekehrt aber auch, dass so manche tägliche Tätigkeit, meine Damen und Herren, die wir in der Politik zu verrichten haben, also die ordnungsgemäße Verrichtung der Tätigkeit, nicht schon alleine deshalb pflicht­widrig ist, weil sie von der einen oder anderen politischen Bewegung gemacht wird. Denn auch das möchte ich an dieser Stelle festhalten: gleiches Recht für alle!

Lassen Sie mich an dieser Stelle, nach diesen betrüblich machenden Wortspen­den mancher Vorredner, eine Lanze für die Politik in Österreich brechen, meine Damen und Herren: Die österreichische Politik ist meilenweit von der Schlech­tigkeit, die ihr in den letzten Jahren in der öffentlichen Debatte immer wieder unterstellt worden ist, entfernt. Auch wenn so manche Organisation oder auch politische Bewegung aus unterschiedlichsten Gründen Interesse daran hat, es so darzustellen: Es ist nicht so. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Ich glaube, mit Recht für die allermeisten Kolleginnen und Kollegen hier sprechen zu können: Wir nehmen selbstverständlich die Herausforderung an, nach Grundwerten zu leben, die da sind: zuallererst das Engagement für die Allge­meinheit, danach, wenn Zeit bleibt, Engagement für die eigene politische Bewegung, und es spricht nichts dagegen, wenn das gut gemacht wird, dass auch der Einzelne entsprechend gewürdigt wird. Diese Reihenfolge sollte immer so stehen, an ihr darf nicht gerüttelt werden.

Wir müssen akzeptieren, dass die moralische Anforderung für uns ein bisschen höher liegt als für andere. Zugegebenermaßen ist es allerdings schwierig, wenn Einzelne diese Höhe gelegentlich auch unterschreiten, gleichzeitig aber mit dem moralischen Zeigefinger von unten auf uns hinwinken. Das ist manchmal irritierend, aber wir werden es aushalten.

Jenen, die auch jetzt hier heraußen einige Wortspenden abgegeben haben und mit sehr viel Verve große Korruption an die Wand gemalt haben, die gleichzeitig aber Bewegungen entstammen, die, wie wir wissen – Kollege Stefan hat das ausgeführt –, es mit dem Einklang zwischen Tun und Sagen nicht ganz so ernst nehmen, halte ich Heinrich Heines „Wintermärchen“ mit einem wunderbaren Zitat entgegen: „Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, / Ich kenn’ auch die Herren Verfasser; / Ich weiß, sie tranken heimlich Wein / Und predigten öffent­lich Wasser.“ (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich einen Schlussgedanken ausführen: Es ist grundsätzlich gut, dass wir das Strafrecht jetzt nachgeschärft haben, aber wir sollten der immer stärker aufkeimenden Tendenz, aus jedem öffentlichen Anlass einen Gesetzgebungs­pro­zess zu starten, nicht immer nachgeben. Wir können Straftaten durch Gesetze nicht verhindern. Wir können verbieten, wir können mit Strafe bedrohen, aber wir können nicht verhindern – da kann die Strafdrohung noch so hoch sein. Bedauerlicherweise gibt es in Amerika nach wie vor die Todesstrafe auf Mord, und täglich passieren in Amerika Morde. Der Gesetzgeber, meine Damen und Herren, kann und wird nie in der Lage sein, sämtliche Lebenssachverhalte zu erfassen und zu regeln, und er wird nicht in der Lage sein, mit Gesetzen Straf­ta­ten zu verhindern. – Mit diesem Denkanstoß möchte ich für heute schließen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

12.29

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.