Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Ein Jahr russischer Angriffskrieg in der Ukraine – Wie sichern Sie Österreichs Freiheit und Sicherheit von Putins Russ­land, Herr Bundeskanzler?“ (14222/J)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behand­lung der schriftlichen Anfrage 14222/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Ein Jahr Krieg

Am 24.2. jährt sich der Beginn des Angriffskriegs Putins gegen die Ukraine zum ersten Mal. NEOS verlangen aus diesem Grund eine Sondersitzung des Nationalrats.

Der ungeheuerliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist eine Zäsur für die Welt und ganz besonders für Europa. Während andere Länder angesichts dieser Zei­tenwende entschlossen die Lehren gezogen haben, hat die österreichische Bundesre­gierung wenig Führung in der Frage gezeigt, wie Freiheit und Sicherheit der Menschen in Österreich zukünftig gewährleistet werden sollen.

Konkret wird das an zwei Beispielen ersichtlich:

1.    Zum einen ist Österreich isoliert in Europa, noch immer abhängig von Putins Gas und somit weiterhin erpressbar.

2.    Zum anderen haben es ÖVP und Grüne schlicht verabsäumt, eine neue Sicher­heitsdoktrin vorzulegen.

Die Zeitenwende ist in Österreich nicht angekommen. Die Position der österrei­chischen Bundesregierung scheint zu sein: nur nicht bewegen, alles soll möglichst beim Alten bleiben. Man gibt sich der Illusion hin, dass man die Situation durchtauchen könne und man sich dann wieder mit Moskau arrangieren werde. Doch man verkennt, dass Russland auf lange Zeit kein verlässlicher Partner mehr sein wird und in russischen Medien offen mit Angriffen auf die EU gedroht wird.

Es wäre längst an der Zeit, dass Österreich die entsprechenden Schlüsse zieht, sein Verhältnis zu einem imperialistisch agierenden Russland neu bewertet und man gemeinsam mit europäischen Partnern entschieden gegen einen Eroberungs­krieg, Gebietsannexionen und das offen angestrebte Ziel, die Ukraine und sein Volk zu unterjochen, auftritt. Die simple Frage lautet: In welcher Welt wollen wir leben? Gerade kleine Staaten können kein Interesse daran haben, dass die internationale Friedensordnung derart gebrochen wird, dass wieder das Recht des Stärkeren gilt.

Wir wollen nicht käuflich oder erpressbar sein, sondern frei und selbstbestimmt leben

Putins Regime hat über Jahrzehnte gezielt in die Feinde eines starken und geeinten Europas investiert sowie Desinformationskampagnen durchgeführt und finan­ziert. Aber ebenso wie die Unterstützung von links- und rechtsextremen Parteien wurden Energieinfrastruktur, Rohstoffpolitik und wirtschaftliche Verflech­tungen Mittel zur Einflussnahme in Europa. Österreich war hier besonders anfällig. Auch nachdem Teile Georgiens oder der Ukraine besetzt wurden und immer klarer wurde, dass Putin mit Gewalt gegen Kritiker:innen und politische Gegner:innen vorgeht, wurde er in Österreich von Vertreter:innen von Bundesregierung und Wirtschaftskammer freundschaftlich empfangen. Während andere Staaten wie Polen, Estland, Lettland oder Litauen bereits begonnen haben, wirtschaftliche Abhängigkeiten abzubauen, wurden in Österreich Schritte unternommen, die uns stärker an Russland gebunden haben. 2022 stand Österreich - so wie SPÖ, ÖVP und FPÖ- vor dem Scherbenhaufen ihrer russlandfreundlichen Haltung und seit­her eiert die Bundesregierung sicher- und außenpolitisch zwischen einem Lip­penbekenntnis, die Ukraine zu unterstützen, und einer Rolle als europäischer Bremser umher.

Die fehlende Strategie von Türkis-Grün ist insbesondere beim Thema Energie spürbar. Nach wie vor importiert Österreich über 70 Prozent seines Gasbedarfs aus Russland und bleibt damit weiter unter den am stärksten abhängigen Staaten Euro­pas. Österreich zahlt monatlich über eine Milliarde Euro in Russlands Kriegs­kasse und finanziert damit trotz angeblicher Solidarität mit der Ukraine Putins Panzer, Granaten und Soldaten. Unser Land ist nach wie vor fest in Putins Würgegriff und die Regierung hat weder die notwendigen Entscheidungen getroffen noch nen­nenswerte Schritte gesetzt, um uns tatsächlich von Putins Gas zu lösen. ÖVP und Grüne müssten jetzt dafür sorgen, dass unser Gasbezug diversifiziert wird und dass wir unseren Bedarf senken, indem man Barrieren, Hindernisse und Blo­ckaden beseitigt, um die anhaltende Stagnation des Erneuerbaren-Ausbaus zu be­enden und schneller in den Ausbau sogenannter „Freiheitsenergien“ investie­ren zu können. Denn der Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich beendet nicht nur unsere Zahlungen an Putin, sondern sichert auch unseren Wirt­schaftsstandort durch leistbare, heimische Energien. So verbessern wir die Import­bilanz unserer Volkswirtschaft und schaffen die Grundvoraussetzung, dass wir unsere klimapolitischen Verpflichtungen einhalten.

Nichts ist eine größere Bedrohung für autoritäre Regime als eine kritische, freie und selbstbestimmte Gesellschaft, weshalb Putin im In- und Ausland so entschieden gegen sie vorgeht. Doch dieser Krieg hat auch gezeigt, dass der Freiheitswille und Mut der Menschen in der Ukraine im Kampf gegen diese Invasion unterschätzt wurde und dass die Fähigkeit demokratischer Gesellschaften, sie dabei zu unterstützen we­sentlich größer ist, als das vielmals angenommen wurde. Demokratie und Frei­heit in Europa sind stärker als immer angenommen wird. Der "verkommene und de­kadente Westen" mit seiner Diversität und Freiheit, vor dem Putin immer warnt, hat es trotz aller Zweifel und Schwierigkeit geschafft, die Ukraine entschei­dend zu unterstützen, seine Abhängigkeit von russischer Energie rapide abzu­bauen und wieder einmal zu zeigen, dass autoritäre Systeme wie Putins Russland eigentlich von Korruption und politischer Gewalt zersetzte Kartenhäuser sind. Doch hier war Österreich nicht tatkräftiger Unterstützer, sondern Zuseher an der Seitenlinie. Österreich finanziert immer noch mit unserer Energiepolitik Russland, Wien ist immer noch russisches Spionagezentrum – wohl auch weil die österreichische Gesetzgebung Spionage gegen Drittstaaten nicht einmal unter Strafe stellt – und österreichische Unternehmen bleiben auf dem russischen Markt aktiv.

Auch Österreichs Sicherheitsstrategie, die ÖSS, stammt noch aus der Zeit vor Russlands Anschluss der Krim und dem blutigen Krieg im Donbass. Sie spricht von Russland noch als verlässlichem Partner. Mittlerweile fordern Expert:innen und Politiker:innen aller Couleurs eine ergebnisoffene Debatte über die Neuinterpretation unserer Sicherheitsstrategie. Jedoch bringt die Bundesregierung trotz des völlig neuen Gefahrenbildes nicht den Mut auf, der Bevölkerung zu erklären, dass unsere Sicherheit – bei Cyberattacken, hybriden Gefahren, Terrorismus, Raketenan­griffen und auch einem konventionellen Krieg – nur in einer gemeinsamen Verteidi­gung mit unseren Wertepartnern erfolgreich verteidigt werden kann. Stattdes­sen tut die Regierung, was sie immer tut: Sie vermeidet die harten, strategischen Ent­scheidungen und schüttet Geld auf das Problem. Das Bundesheer bekommt mehr Geld, aber ohne jedwede Debatte, wie und für welche Szenarien es dieses ein­setzen soll.

Dieses Herumlavieren ist nach einem Jahr Krieg, mit hunderttausenden Toten und zahllosen Kriegsverbrechen, sowie ständig neuer Drohungen Putins gegen die freie Welt, untragbar. Es wird Zeit, dass in Österreich ein Paradigmenwechsel vollzo­gen wird und wir uns in Europa endlich klar auf die Seite von Freiheit, Recht und Selbstbestimmung stellen und uns auch ohne Seitenblicke auf eine längst überholte Neutralitätsinterpretation in die Verteidigung dieser Werte aktiv und unum­wunden einbringen.

Energie als Grundlage des ungelösten Problems

Entscheidend wird hier endlich eine effektive Energiepolitik sein. Energie ist und bleibt die Grundlage unserer Wirtschaft und ohne leistbare Energie steht der Standort Österreich, und damit viele Arbeitsplätze, unter Druck. Von Seiten der Regierung wird noch immer unterschätzt, wie dramatisch diese Entwicklung ist. Unsere Unter­nehmen – also unsere Arbeitsplätze und unser Wohlstand - sind in einem globalen Markt eingebettet und unsere Industrie hat gegenüber der Industrie in Kanada, den USA, Brasilien oder Ostasien einen massiven Nachteil, wenn dort Energie um bis zu 70% weniger kostet. Wir müssen Schritte setzen, die in Zukunft günstigere Energie sicherstellen. Der Zukauf von LNG aus den USA oder aus Qatar ist langfristig nicht die Antwort, sondern maximal eine Notlösung für einige Jahre - denn wir dürfen nicht von einer teuren fossilen Importabhängigkeit in die nächste gelangen.

Auch für die Haushalte in diesem Land wird die Situation untragbar. Monatliche Vorschreibungen verdoppeln und verdreifachen sich, weil seit Jahren der Ausbau der Erneuerbaren in Österreich stagniert und immer noch ein viel zu hoher Teil der Stromerzeugung und der Wärme für Haushalte und Industrie auf fossiler Energie basiert. Jahrelang wurde die Energiewende hin zu billiger, heimischer Energie verschlafen oder bewusst sabotiert. Der Krieg in der Ukraine und die damit zusam­menhängende Energiekrise hätte unsere Republik aus dem Dornröschenschlaf wecken müssen. Doch trotz aller Lippenbekenntnisse ist auch nach einem Jahr Krieg keine Aufbruchstimmung in der Energiepolitik ersichtlich. Nach wie vor behin­dert eine im internationalen Vergleich behäbige und langsame Bürokratie den Ausbau und Anschluss von erneuerbaren Energieträgern. Noch immer stagniert der Netzausbau in Österreich und weiterhin machen Willkürverordnungen, Opportunis­mus sowie politische Blockaden Erneuerbaren-Erzeugern das Leben schwer. Und nach wie vor fehlen auf Bundesebene und Landesebene teilweise seit Jahren vollmundig versprochene Gesetzesmaterien, die für den Ausbau der Erneuer­baren notwendig wären. So wie die Bundesministerin Gewessler selbst in der Anfra­gebeantwortung 13085/AB vom 22. Februar 2023 zugibt, war die Regierung seit Ausbruch des Krieges nicht in der Lage, eine einzige wesentliche Gesetzesmaterie, die den Ausbau von Erneuerbaren beschleunigen würde, durch das Parlament beschließen zu lassen und in Kraft zu setzen. Selbst die seit Jahren ausständige No­velle der UVP, die nach monatelangem regierungsinternen Hickhack immer­hin schon durch den Umweltausschuss abgesegnet wurde, kam wohl nur aufgrund des massiven Drucks der Branche und eines drohenden Vertragsverletzungs­verfahrens durch die EU zustande. Wie eine Zeitenwende tatsächlich aussehen kann, zeigen verschiedene Länder in Europa: Deutschland hat 2022 ein Osterpaket sowie ein Entbürokratisierungspaket für den Ausbau der Erneuerbaren in Kraft ge­setzt und die Abhängigkeit von russischen Importen auf 0% reduziert, wie auch alle Staaten des Baltikums, Polens oder die Tschechische Republik.

Dieses Zögern geht den Bürger:innen und Unternehmen dieses Landes, die unter den viel zu hohe Energiepreisen leiden, längst zu weit: Die öffentliche Unterstützung für den Ausbau der Erneuerbaren und der Netzinfrastruktur ist laut Umfragen höher denn je. Im Dezember haben weiters 160 Unternehmen aus Industrie und Ge­werbe sowie zahlreiche Umweltorganisationen die Regierung in einem Appell aufge­fordert, beim Ausbau der heimischen Erneuerbaren endlich ins Tun zu kommen und die Hindernisse zu beseitigen.

Die Bürger:innen und unsere Unternehmen wollen nicht mehr erpressbar sein, son­dern in einem freien, selbstbestimmten Land leben. Österreich braucht eine Bundesregierung, die das Schweigen in Bezug auf diese Zeitenwende beendet. Eine Regierung, die für die Sicherheit, Freiheit und Unabhängigkeit der Menschen und der Wirtschaft in Österreich sorgt und entsprechende politische Schritte setzt, die Österreich als Teil der freien, demokratischen, regelbasierten Ordnung in der Welt positioniert.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage

ENERGIE

1.      Was plant die Bundesregierung, um den Importanteil von russischem Gas end­lich nennenswert zu senken?

2.      Welchen Zielwert der Abhängigkeit von russischem Gas strebt die Regierung an?

3.      Wie plant die Bundesregierung, ein Jahr nach Kriegsausbruch und trotz zahlreicher Ankündigungen, Begutachtungsentwürfen und Willens­bekundungen, Gesetzesmaterien auf den Weg zu bringen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien entscheidend beschleunigen?

4.      Wann soll die seit Jahren ausständige Novelle des Energieeffizienzgesetz (EnEffG) endlich beschlossen und umgesetzt werden?

5.      Wann ist mit dem Beschluss und dem Inkrafttreten des für die Wärmewende entscheidenden Erneuerbaren Wärmegesetz (EWG) zu rechnen?

6.      Wann ist mit dem Beschluss und dem Inkrafttreten des Erneuerbaren Gas Gesetz zu rechnen?

7.      Wann ist der Beschluss und das Inkrafttreten der seit Jahren ausständige Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes geplant?

8.      Wann ist die Vorlage einer Gesetzesmaterie zur Bekämpfung des Fach­kräftemangels in der Energiebranche geplant?

a.       Woran scheitert hier die Vorlage eines entsprechenden Entwurfs?

9.      Wann ist die Vorlage einer Gesetzesmaterie zur Beschleunigung der Widmungs­verfahren für erneuerbare Energieprojekte geplant?

a.       Woran scheitert hier die Vorlage eines entsprechenden Entwurfs?

10.    Wann ist die Vorlage einer wirksamen Gesetzesmaterie zur Beschleunigung des Netzausbaus geplant?

a.       Woran scheitert hier die Vorlage eines entsprechenden Entwurfs?

11.    Was plant die Regierung, um massive rechtliche Hürden für die Nutzung geo­thermischer Energie in Österreich abzubauen?

a.       Woran scheitert hier die Vorlage eines entsprechenden Entwurfs?

12.    Wann plant die Bundesregierung die Bundesländer bei jenen Bereichen, die verfassungsrechtlich in deren Kompetenzbereich liegen, in die Pflicht zu nehmen und zu einer rascheren Umsetzung zu bewegen?

13.    Was gedenkt die Bundesregierungen zu tun, wenn ein Bundesland bei der Schaffung der notwendigen rechtlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen für den Ausbau der Erneuerbaren weiterhin säumig ist?

14.    Was plant die Bundesregierung, um die größten Energieversorger in Österreich, die fast ausschließlich in öffentlicher Hand liegen und zum Teil Rekord­gewinne auf Kosten der Bevölkerung und Wirtschaft einfahren, in die Pflicht zu nehmen?

15.    Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu verhindern, dass die Landes­energieversorger und die Verteilnetzbetreiber in Landeshand von Lan­desregierungen als Cash-Cows für die Landesbudgets missbraucht werden, anstatt in die Energiewende zu investieren?

16.    Wie gedenkt die österreichische Bundesregierung die heimische Industrie langfristig am Leben zu erhalten, wenn wir nicht ausreichend erneu­erbare Energie erzeugen und nach wie vor von massiv verteuerten fossilen Importen abhängig sind?

17.    Plant die Bundesregierung bilaterale Verträge mit Italien bzgl. Gaslieferungen und Speicherung im Falle eines Energielenkungsfalls?

18.    Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Tatsache, dass österreichische Energiekunden auch nach einem Jahr Krieg Putins Großmachtpläne mit Rekordbeträgen mitfinanzieren?

WIRTSCHAFT/ARBEITSMARKT

19.    Liegt der Bundesregierung eine vollständige Berufsliste "klimarelevanter Berufe" vor?

20.    Welche konkreten Berufe unter den klimarelevanten Berufen fallen unter die Kategorie "Green Jobs"?

21.    Wann sollen diese Informationen über Definition und Zahl von klimarelevanten Berufen bzw. Green Jobs öffentlich zur Verfügung gestellt werden (z.B. auf der Seite des BMAW)?

22.    Wie hat sich die Zahl offener Stellen in klimarelevanten Berufen von März 2022 bis zum heutigen Tag entwickelt?

23.    Wie hat sich die Zahl unselbstständiger Beschäftigter in klimarelevanten Beru­fen von März 2022 bis zum heutigen Tag entwickelt?

24.    Wie hat sich die Zahl arbeitsloser Personen aus klimarelevanten Berufen von März 2022 bis zum heutigen Tag entwickelt?

25.    Wie hat sich die Zahl ausgestellter Rot-Weiß-Rot Karten in klimarelevanten Berufen von März 2022 bis zum heutigen Tag entwickelt?

26.    Welche konkreten Maßnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung wurden vonseiten der Bundesregierung seit Februar 2022 ergriffen?

27.    Welche konkreten Maßnahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung wur­den vonseiten der eingesetzten Krisenkoordinationsstelle unter Vorsitz des BMAW empfohlen?

28.    Wann soll die für Ende 2021 angekündigte Standortstrategie präsentiert wer­den und welche konkreten Maßnahmen sollen angesichts der aktuellen Krise in der versprochenen Standortstrategie enthalten sein?

SICHERHEIT

29.    Welche Vorteile für die nationale Sicherheit bringt die Neutralität mit sich?

30.    Österreich bekennt sich zu einer Neutralität nach Schweizer Vorbild. In der Schweiz wird die Ausgestaltung dieser Neutralität heftig diskutiert. Der Bundeskanzler hat erklärt, sie "leistet uns gute Dienste und steht nicht zur Debatte." Welche guten Dienste leistet die Neutralität für Österreichs Sicherheit konkret? Bitte um Auflistung.

31.    Welche dieser Vorteile sind aus welchem Grund für Österreich schlagend, während sie der Ukraine keinen Schutz vor einem russischen Angriff gegeben haben?

32.    Der einzige Vermittler bislang im Russland Krieg war die Türkei, die das Getreideabkommen verhandelt hat. Sie ist in der NATO. Auch sitzen UNO-Institutionen in nicht-neutralen Staaten, und NATO-Mitglied Norwegen ist einer der erfolgreichsten internationalen Vermittler. Welche Rolle spielt die Neutralität für Österreich als Vermittler oder Amtssitz?

33.    Das Österreichische Bundesheer erhält das höchste Budget in seiner Geschichte mit dem Ziel, u.a. die konventionelle militärische Landesverteidigung (wie­der) sicherzustellen. Für welche realistischen Bedrohungsszenarien für einen konventionellen Krieg an Österreichs Grenze bzw. auf österreichischem Hoheitsgebiet wird das Bundesheer auf- oder nachgerüstet? Bitte um Auflistung der potentiellen konventionell-militärischen Bedrohungen.

a.       In welchem Zeitrahmen sind diese konventionell-militärischen Bedrohungs­szenarien realistisch?

34.    Welche der konventionellen militärischen Bedrohungsszenarien, für die das Österreichische Bundesheer nachrüstet, kann das Bundesheer realis­tischerweise allein mit den verfügbaren Mitteln abwehren?

35.    Welche dieser Bedrohungen könnten österreichisches Hoheitsgebiet auf welche Weise mit konventionellen Mitteln erreichen, ohne zuerst NATO- oder EU-Hoheitsgebiet queren zu müssen?

36.    Für welche dieser konventionellen Bedrohungsszenarien ist eine selbständige militärische Landesverteidigung vorteilhafter (betreffend Budgetaufwand und Erfolgsaussicht) als eine Verteidigung im europäischen Verbund?

37.    Nach Art. 23(j) B-VG steht Österreich verfassungsrechtlich nichts im Wege einer Beteiligung an europäischen Militäraktionen im Rahmen der europäischen Solidarität. Aufgrund welcher sicherheitspolitischen Überlegungen ver­weist die Bundesregierung regelmäßig auf die Irische Klausel?

38.    Wird sich Österreich in die Rapid Deployment Capacities der Europäischen Union ohne Verweis auf die Neutralität einbringen?

39.    Verteidigungsministerin Tanner ließ die Möglichkeit einer gemeinsamen Luftraumverteidigung juridisch evaluieren und stellte danach fest, dass dies prinzipiell rechtens sei. Wird die Bundesregierung eine gemeinsame Luftraumüberwachung und Verteidigung mit europäischen Partnern anstreben?

40.    Verteidigungsministerin Tanner erklärte, dass eine gemeinsame Raketenabwehr mit ausschließlich EU-Partnern neutralitätswidrig sei, sagte später aber, dass das Projekt nach Eintritt des nicht-EU-Partners Großbritannien für Öster­reich möglich sei. Wie begründet sich diese Rechtsmeinung? Wird Österreich einem gemeinsamen Schutzschild gegen Raketenangriffe beitreten?

41.    Außenminister Schallenberg stellte fest, dass die Ausbildung ukrainischer Sol­daten am Kampfpanzer Leopard mit der Verfassung vereinbar sei. Ver­teidigungsministerin Tanner hält dies aber für ausgeschlossen. Wird die Bun­desregierung ukrainische Soldaten am Leopard (oder eventuell an ande­rem Kriegsgerät) ausbilden? Warum, bzw. warum nicht?

42.    Anders als bei der Ausbildung am Leopard (politisch unvorstellbar) hielt Verteidigungsministerin Tanner die Ausbildung von ukrainischen Minenräumer:innen für neutralitätswidrig. Ist dies auch die Meinung der Bundesregierung? Wenn ja, worin liegt der Unterschied zur Ausbil­dung an einem Kampfpanzer?

43.    Gibt es Bestrebungen, Spionage auf österreichischem Boden gegen Drittstaaten zu kriminalisieren?

44.    Welche anderen Bestrebungen gibt es, die Reputation Wiens als Spionage­hochburg zu verbessern?

45.    Die Ausweisung von vier russischen Diplomaten wurde dahingehend kritisiert, dass es sich um unbekannte Größen handelte, während amtsbekannte Diplomat:innen mit Nachrichtendiensthintergrund unbehelligt blieben. Können Sie uns die Hintergründe für die Auswahl der vier Ausgewiesenen erläutern?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gele­genheit zur mündlichen Begründung zu geben.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Abgeordneter Meinl-Reisinger als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort erteilen. – Bitte sehr, Frau Klubobfrau.