13.00

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Mein Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich glaube, dass das heute eine sehr, sehr interessante Sitzung, eine sehr aufschlussreiche Sitzung ist – vor allem für die Menschen außerhalb dieses Parlaments, die dem hier zusehen und zuhören. Die Redner der Einheitspartei – dieses Konglomerat da aus Schwarz und Grün und Rot und NEOS verschmilzt ja immer mehr zu einer Masse – stellen nämlich eines ganz, ganz eindrucksvoll unter Beweis: Sie stellen unter Beweis, dass man tatsächlich aus der Erfahrung heraus immer noch ein Stück dümmer werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich werde Ihnen jetzt sagen, warum das so ist: Ganz Österreich hat erlebt und ganz Österreich hat am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie Sie alle hier von dieser Einheitspartei mit Ihrer alternativlosen Coronastrategie (Abg. Pfurt­scheller: Ist das das neue Wording, Herr Kickl? Fällt Ihnen nichts Besseres ein? – Abg. Meinl-Reisinger: Einmal alles mit Charme, yeah!) einen gigantischen Bauch­fleck hingelegt haben, wie Sie quer durch alle Bereiche die Schäden für die Be­völkerung maximiert statt minimiert haben. Wir erleben alle, gerade in die­sen Tagen und in diesen Stunden, wie Sie mehr und mehr immer peinli­cher zurückrudern müssen, ja, wie Sie sich von Ihren eigenen Weisheiten und von Ihren eigenen Offenbarungen der letzten zwei Jahre Stück für Stück distanzieren (Abg. Leichtfried: Wir erleben eher, dass Sie keine Ahnung von irgend­was haben!), wie Sie andere dafür beschuldigen, Entscheidungen getroffen zu haben, die niemand anderer zu verantworten hat als Sie selber. Der Bundes­kanzler: Ich war es nicht! Ich gestehe, ich war zu expertenhörig! – Wir ha­ben es doch alle erlebt. (Abg. Meinl-Reisinger: Zur Sache! Zur Sache!) Meine Da­men und Herren, das war doch ein Bauchfleck der Sonderklasse! Das war ein Bauchfleck der Sonderklasse, eine Blamage. (Abg. Pfurtscheller: Worum geht’s jetzt gerade?)

Und jetzt: Was haben Sie daraus gelernt? – Gar nichts haben Sie daraus gelernt, weil Sie sich jetzt bei dieser Ukrainekrise wieder in eine völlig falsche Stra­tegie verrannt haben, weil Sie sich bei allem, was da dazugehört – Ukrainekrieg, Neutralität, Teuerung – wieder in die Falle begeben haben, aus Ihren eige­nen Fehlentscheidungen nicht mehr herauszukommen – und das alles zulasten von Millionen Bürgern in diesem Land. Das sind die Leute, die in Ihrem Demokratieverständnis nichts mitzureden haben, die niemals gefragt werden, aber die die ganzen Suppen, die Sie der Bevölkerung jedes Mal einbrocken, auszulöffeln haben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zarits: Geh bitte!)

Und wieder ist natürlich alles alternativlos, selbstverständlich, wieder sind Sie im alleinigen Besitz der absoluten Wahrheit und wieder wird jeder herunterge­macht, der eine andere Meinung hat – das kennen wir schon alles. (Abg. Schallmeiner: Nicht von sich selbst auf andere schließen, Herr Kickl!) Das heißt, man möchte doch meinen – okay, ich gestehe: dazu Intelligenz vorausgesetzt (Abg. Steinacker: Das ist eine Beleidigung nach der anderen!) –, dass man nach dem Bauchfleck, den Sie da hingelegt haben, nach diesem Crash mit Vollgas gegen die Wand, den Sie bei Corona produziert haben, jetzt beim Neutralitäts­thema und beim Sanktionsthema etwas zurückhaltender wäre. Da sind Sie ja komplett danebengelegen und alles ist in die Hosen gegangen – übrigens auch Ihre Analysen bei der Völkerwanderung. (Abg. Leichtfried: Waren Sie da auch schon dabei? Man könnte es vermuten!) Überall müssen Sie Schritt für Schritt zugestehen, dass die Freiheitliche Partei inhaltlich recht gehabt hat. Überall sind Sie in der Rückwärtsbewegung. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbe­merkung von Vizekanzler Kogler.)

Ja, wollen Sie jetzt mit ein paar Jahren Verzögerung und nach ein paar sinnlos verbrannten Milliarden dann wieder zurückkriechen? (Abg. Meinl-Reisin­ger: Luft holen, Herr Kickl! Atmen nicht vergessen!) Wollen Sie dann wieder rück­wärts daherkommen und sagen: Es ist alles unglaublich, ich war es nicht! Die Experten waren es, wir waren zu hörig! – Nur waren es dieses Mal dann die Experten des amerikanischen oder des britischen Geheimdienstes, je nach Vorliebe; es schaut doch genau so aus.

Bis es soweit ist – und das ist das Problem –, maximieren Sie in Ihrer Verblen­dung ein weiteres Mal den Schaden für alle Österreicher. (Abg. Leichtfried: Was sagen denn Ihre Informanten aus Russland zu den Themen? Wissen die Russen mehr, Herr Kickl? Können Sie uns da ein bissel erhellen? Das wäre nett!) Bis dahin ramponieren Sie die Neutralität und unsere Sicherheit gleich dazu. Bis dahin schädigen Sie die Wirtschaft – jeden Tag, den diese Sanktionen länger dauern, wird der Schaden größer. Bis dahin machen Sie uns energiepoli­tisch nicht unabhängig, sondern Sie ersetzen eine Abhängigkeit durch die andere. (Abg. Leichtfried: Was gab es denn bei der letzten Klubreise in Moskau zu erfahren? Das könnten Sie uns erzählen!) Aus Russland wird dann China und gleichzeitig treiben Sie Russland in die Arme der Chinesen – großartig; und bis dahin heizen Sie die Teuerung an.

Offenbar haben Sie es immer noch nicht mitbekommen: Da draußen in der wirk­lichen Wirklichkeit, da, wo die Österreicher leben und wo sie arbeiten, da draußen, da können sich die Leute ihr Leben nicht mehr leisten – das jetzt nur einmal nebenher bemerkt, neben Ihrer amerikanisch-ukrainischen Endzeit- und Endsiegespropaganda, die Sie hier permanent von sich geben. (Abg. Leicht­fried: Ah, das ist für Sie „nebenher“? Das ist ja wohl das Hauptproblem, oder? Das würde ich nicht als „nebenher“ bezeichnen!) – Ja, ja, hier herinnen: große Zu­sammenhänge, große Erklärungen, große Strategien (Abg. Leichtfried: Für den Herrn Kickl ist Teuerung „nebenher“!), aber alles auf Kosten der kleinen Leu­te – große Worte auf Kosten der kleinen Leute, das ist das Problem. (Beifall bei der FPÖ.)

Und weil der Herr Wirtschaftsminister hier sitzt: Er hat ja vor einem Jahr gesagt: Wir werden akzeptieren müssen, dass wir alle ärmer werden! – Ja, wer genau wird jetzt ärmer, wer genau? Wer? Sie? Die Rüstungskonzerne? Die Waf­fenhändler? Die Energieunternehmen? (Abg. Hörl: Hallo! Hallo!) – Na, die werden nicht ärmer. Die Arbeiter am Fließband werden ärmer, die Handwerker werden ärmer, die Gewerbetreibenden werden ärmer, die Frauen in den Supermärkten, die Leute, die sich in der Pflege abrackern, die Pensionisten, die Bauern, die werden alle ärmer, weil Sie nichts begriffen haben.

Sie registrieren ja gar nichts mehr, weil Sie bei den Leuten draußen schon lange nicht mehr angetroffen worden sind. Sie trauen sich ja gar nicht mehr hinaus. (Abg. Matznetter: Was kriegen Sie eigentlich für Ihre Rede?) Sie haben ja Wichtigeres zu tun. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben ja etwas Wichtigeres und Edleres zu tun, als auf die eigene Bevölkerung zu schauen: Sie müssen die Werte des Westens retten, ausgerechnet in der Ukraine. Sie müssen einen Krieg beenden, indem Sie immer neue Waffenlieferungen politisch und finanziell unterstützen und damit das sinnlose Sterben verlängern statt verkürzen. (Abg. Stögmüller: ... wäre einfacher, das ist Ihre Methode! Unglaublich!) Sie müssen solidarisch sein und Sie müssen sich der Nato an den Hals werfen für unsere Sicherheit. Das ist die Nato, deren Mitgliedstaaten USA und Norwegen nicht davor zurückschrecken, die vitalen Interessen eines anderen Nato-Mitgliedstaates, nämlich von Deutschland – wie soll man sagen – anzugreifen dadurch, dass man ihnen die Gaspipeline sprengt. Na solche Freunde braucht man, das ist ein Sicherheits- und ein Verteidigungsbündnis! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen also: Finger weg von unserer Neutralität! Das ist das Zukunftsmodell und nicht die Nato, von der Frau Meinl-Reisinger träumt. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie sind ja schon selbst radikalisiert! – Abg. Steinacker: Unglaublich, was der alles weiß! – Vizekanzler Kogler: Die Rede haben sie ihm am Villacher Fasching geschrieben!)

Und jetzt noch etwas: Man kann natürlich der Meinung sein, dass der Krieg in der Ukraine vor genau einem Jahr über Nacht vom Himmel gefallen ist und Russland der Alleinschuldige ist und vorher nichts war und alle anderen eine unbefleckte, weiße Weste haben. (Abg. Leichtfried: Na, die können nichts dafür! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Das ist Ihre Position, das ist das, was Joe Biden sagt, das ist das, was die EU sagt, das ist Messagecontrol des Pentagon. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Man kann aber auch der Meinung sein, dass dieser Angriffskrieg unverzeihlich ist, und dabei trotz­dem nicht außer Acht lassen, dass es eine lange Vorgeschichte der Provokationen auch der USA und auch der Nato gibt und dass es ein jahrelanges gegenseitiges Aufschaukeln gegeben hat. Da wird dann aus Ursache und Wirkung das Spiel von Wechselwirkung, wenn Sie wissen, was ich meine. (Zwi­schenruf des Abg. Brandstätter. – He-Rufe bei der FPÖ. – Abgeordnete der FPÖ weisen Richtung Abg. Brandstätter. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen. – Rufe bei der FPÖ: Hallo! –Abg. Steger – in Richtung Abg. Brandstätter weisend –: .... eine Schande für dieses Haus! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das bedeutet im Klartext, dass beide Seiten Schuld haben und dass beide Seiten die Verantwortung tragen. Und das bedeutet im Klartext, dass die ukraini­sche Bevölkerung ein Opfer der russischen Politik und der Politik der USA, der Nato und der EU und damit von Ihnen ist (Abg. Meinl-Reisinger: Atmen, Herr Kollege!) – ein Opfer von beiden Seiten, genauso wie die Teuerungsopfer, Hunderte Millionen in ganz Europa, die darunter leiden, Opfer von beiden Seiten sind. Sehen Sie, das ist die Position eines neutralen Landes und das ist die Position der Freiheitlichen Partei. Das ist nicht das, was Putin sagt oder Radio Moskau, das Kollege Stocker offenbar besser kennt als alle anderen hier herinnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann natürlich auch sagen, dass dieser russische Angriffskrieg samt all dem Leid und dem Elend, die damit verbunden sind, ein einzigartiges, ein präze­denzloses Vorgehen in der Welt ist, dass es so etwas noch nie gegeben hat, dass Staaten völkerrechtswidrig andere aus eigenen Interessen heraus angreifen, dass das mit nichts vergleichbar ist und es deswegen die Sanktionen braucht. Das ist Ihre Position, das ist das, was die Amerikaner sagen. Man kann aber auch der Meinung sein, dass leider auch andere Staaten, wie die USA, solche Kriege offen oder auch verdeckt völkerrechtswidrig geführt haben und führen und dass ihnen doch dieselben Maßnahmen – Sanktionen und so weiter – entgegenschlagen müssen wie allen anderen. Zumindest dann, wenn es um die Menschlichkeit geht, wenn es um die Moral geht, wenn es um unsere Werte geht und wenn es um Freiheit geht, müssen doch für alle diesel­ben Maßstäbe gelten, sonst ist es doch keine Moral, sonst ist es Heuchelei! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist unsere Position. Wir sind Ihnen auch da voraus – so wie wir es in der Frage der Völkerwanderung und in der Frage von Corona waren. Halten Sie sich bitte nicht für mutig, weil Sie hier herinnen politisch Ihren Nato-Schwarm­trieb oder Ihr Nato-Schwarmverhalten und EU-Schwarmverhalten ausleben – das ist nicht mutig. Mutig wäre es, sich schützend vor die eigene Bevöl­kerung zu stellen, für ihren Wohlstand, für ihre Sicherheit und vor allem für un­sere Neutralität zu kämpfen – das wäre mutig.

Mutig wäre es, sich für Frieden einzusetzen. „Die Waffen nieder!“, Bertha von Suttner – da können Sie in der Sozialdemokratie sich eine Scheibe ab­schneiden, denn früher oder später werden wir genau dort an diesem Verhand­lungstisch landen, den Sie jetzt gegen das Schlachtfeld austauschen wollen. Das Problem ist nur: Je später, desto mehr Menschen werden sinnlos gestorben sein, desto mehr Milliarden werden sinnlos verbrannt sein und desto mehr Österreicher haben Sie zu Opfern Ihrer Politik gemacht. Dafür tragen nur Sie al­leine die Verantwortung, diese Einheitspartei. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen Sie nicht dann wieder daher und sagen - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz! Sie sind schon über der Zeit. – Bitte.

Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Schlusssatz: Es lebe die Freiheit, es lebe die österreichische Selbstbestimmung, es lebe die österreichische Neutralität! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Die Abgeordneten Fischer und Stögmüller halten eine ukrainische Flagge in die Höhe.)

13.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Maurer.

Moment! Zur Geschäftsordnung, Frau Abgeordnete Belakowitsch. (Abg. Wögin­ger: Was ist denn jetzt schon wieder? – Abg. Belakowitsch: Zur Geschäftsord­nung! – Abg. Wöginger: Nein, er hat schon aufgerufen! Wir sind ja da nicht irgendwo! Fertig! Das Wort ist erteilt, du kannst dich danach melden! Was ist das für ein Saustall? Jetzt melde ich mich einmal! So tun wir nicht weiter! Wir haben eine Geschäftsordnung zum Einhalten! – Abg. Hafenecker – in Richtung Abg. Wö­ginger –: Ich bin mit der Vorsitzführung auch nicht zufrieden, genauso wie du! – Abg. Wöginger: Ja, weil ihr es nie vertragts - -! Ihr seids immer - -! Immer sei­denweich, aber austeilen!)

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