14.07

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuse­her zu Hause vor den Bildschirmen! Werte Gäste hier im Hohen Haus! Vor allem auch werte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen heute hier am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Nach 365 Tagen dieses brutalen Krie­ges hat sich die Lage leider keineswegs verbessert, sondern es herrschen nach wie vor Krieg, Leid und Zerstörung in der Ukraine.

Ein vorzeitiges, ein rasches Ende ist nicht in Sicht. Wir müssen uns daher hier an diesem Ort und zu dieser Zeit auch die Frage stellen, was unternommen werden kann, um diesen Krieg und das damit in Zusammenhang stehende Leid möglichst schnell zu beenden.

Selbstverständlich teilen auch wir, teile ich die Ansicht, dass eine Deeskalation in diesem Konflikt dringend notwendig ist, dass weitere Schritte in diese Rich­tung unternommen werden müssen, dass wir diese Schritte unternehmen müs­sen. Das passiert ja auch. Unsere Bundesregierung hat das auch mehrmals innerhalb der Europäischen Union, auch bei den Vereinten Nationen und im bila­teralen Gespräch gegenüber anderen Partnern ausdrücklich mitgeteilt. Wenn ich die Debatte hier im Hohen Haus verfolge, frage ich mich aber, ob tatsächlich alle an einer Deeskalation interessiert sind, auch wenn sie es in Petitionen schreiben oder bei Pressekonferenzen verkünden.

Der Europäischen Union wortwörtlich – ich zitiere – „Kriegstreiberei“ vorzuwer­fen, das ist aus meiner Sicht haarsträubend. Man betreibt damit nicht nur eine Täter-Opfer-Umkehr, sondern ich attestiere da – es ist ja vorhin gesagt worden, wir wollen die Würde des Hauses hochhalten – bei den Kollegin­nen und Kollegen von den Freiheitlichen in gewisser Weise eine verschobene Wahrnehmung.

Ich will hier ein für alle Mal festhalten: Dieser Krieg ist ein illegaler Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine, einen souveränen Staat im Herzen Europas. Er verletzt Völkerrecht und bringt enormes Leid über die Menschen in der Ukraine, denen wir nicht nur aus einer rein menschlichen, humanistischen Perspektive gegenüber solidarisch sein wollen, ja, müssen, sondern viel­mehr auch aus echtem Eigeninteresse und mit dem Wunsch, einen westlichen Werteraum zu erhalten.

Der Krieg Putins - - Bitte hören Sie einfach seiner Propaganda genau zu! Ich weiß nicht, vielleicht hört die FPÖ immer nur die Hälfte, denn wenn ich da zuhöre und ihn auch vom dekadenten Westen sprechen höre, mir seinen Geschichtsrevisionismus anhöre, dann ist das schwer auszuhalten, aber es zeigt ja, dass mit dem Krieg Putins tatsächlich ein Krieg der Werte und Systeme geführt wird, den wir nicht zulassen dürfen, weil wir nach wie vor und weiterhin der Überzeugung sind, dass ein Rechtsstaat, eine freie Demokratie, ja auch Marktwirtschaft die Grundlagen von Wohlstand und Wohlergehen im Westen, in Europa sind. Das wollen und werden wir verteidigen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn ich mir anschaue, was die FPÖ dazu sagt, dann drängt sich für mich der Eindruck auf, dass das nur aus zwei Gründen gemacht werden kann: ent­weder weil die Verbindungen zu Putin enger sind, als euch das mittlerweile sel­ber lieb ist, ihr aber da nicht ganz rauskommt, oder weil es reines partei­politisches Kalkül ist, die Stimmung in der Bevölkerung ein bisschen aufzuneh­men. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Es ist klar, dass es auch Widerstand oder Kritik an Sanktionen und auch an der Situation, in der wir uns befinden, gibt. Die Frage ist aber: Wie geht man damit um? Also es kann entweder wie gesagt Putin sein, der dahintersteckt, oder parteipolitisches Kalkül.

Ich kenne Kollegen Kickl persönlich nicht so gut, aber, Christian Hafenecker, ich kenne dich schon sehr, sehr lange. Ich habe dich immer als einen sehr reflektierten Menschen wahrgenommen, und wir haben über viele Fragen wirk­lich prächtig diskutieren können. Über diese Themen kann man aber mit der FPÖ nicht diskutieren. Man kann ja nicht einmal Fakten außer Streit stellen, nämlich dass Russland der Aggressor ist, und das finde ich nicht nur schade, sondern tatsächlich auch gefährlich für die Diskussionskultur in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Und ja, bei diesem Thema gibt es, wenn Diskussionen und Debatten geführt werden, wie man sie Gott sei Dank in einer freien Demokratie abhalten kann, Meinungsverschiedenheiten. Da halte ich auch noch einmal fest: Die Volkspartei und insgesamt vier Fraktionen im Parlament sehen – Bezug nehmend auch auf den Antrag, der dieser heutigen Sitzung zugrunde liegt –, dass wir unsere Freiheit und Sicherheit dann schützen, gewährleisten und viel­leicht sogar ausbauen können, wenn wir uns von Russland unabhängiger machen und die Europäische Union, unsere Wertegemeinschaft, stärken. Das ist unser Ziel und unsere Vorgabe, unsere Annahme, die wir verfolgen, und es er­weist sich auch jeden Tag, dass das der richtige Weg ist.

Die FPÖ hat eine andere Meinung, das möchten wir auch festhalten. Da geht es um weniger EU und mehr Russland. Ehrlich gesagt: Das kann ich nicht unterstützen. Ich bin Mutter von zwei Töchtern. Ich will eigentlich nicht gern sehen, dass sie in einer Welt von Imperialisten und Despoten aufwach­sen. Wenn ich mir die Petition anschaue, die du zitiert hast, lieber Christian Ha­fenecker, dann kann Krieg stoppen ja wohl nur bedeuten, dass Putin ge­winnen muss. Das will ich nicht, auch das will ich heute hier festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Hafenecker: Fertig lesen, bitte!)

Zu guter Letzt noch ein Satz zur Kritik der NEOS an der Arbeit der Bundes­regierung, wobei doch schon eingangs im Raum gestanden ist, dass man angesichts des Krieges in der Ukraine und der damit einhergehenden Krisen zu wenig getan habe: Ich denke, die Anfragebeantwortung des Herrn Bundeskanzlers war sehr umfassend und hat dargestellt, dass wir von der huma­nitären Hilfe bis zur Energiesicherheit, von der Aufstockung des Budgets für Landesverteidigung bis hin zur Abfederung der Teuerung und zu Entlastungs­maßnahmen auf Basis unserer Verfassung viel getan haben. Da steht die Neutralität drinnen, und an die wollen und werden wir uns auch halten. Wir ha­ben aber all den Handlungsspielraum ausgenutzt, den wir haben.

Die Zeiten sind herausfordernd, das ist klar, aber die Bundesregierung steht an der Seite der Menschen, wenn es darum geht, Herausforderungen abzu­federn und Chancen zu ergreifen.

Vielleicht zum Abschluss noch einmal: Niemand hier will diesen Krieg. Wir alle wünschen uns Frieden, und mit dem Frieden muss halt, frei nach Stefan Zweig, einer beginnen. Das können wir uns alle, glaube ich, auf die Fahnen hef­ten, auch für die weitere Debatte hier im Hohen Haus. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.13

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.