9.23

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit den Daten und Fakten beginnen: Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 15 Jahren. Wir haben einen Höchststand an Beschäftigung, fast 4 Millionen Menschen sind unselbstständig erwerbstätig. Wir haben 294 000 Arbeitslose, davon haben gut 50 000 eine Wiedereinstellungszusage, das sind diejenigen, die derzeit aufgrund der Jahreszeit beziehungsweise aufgrund der Situation in man­chen Branchen nicht arbeiten können. Wir haben 111 000 offene Stellen, der Herr Minister hat es erwähnt.

Was ich eingangs schon sagen möchte, weil auch die Inflation im Vergleich zu anderen Ländern angesprochen wurde: Also ich möchte das nicht verglei­chen. Das sind zwar Länder, die auch einen guten Standard haben, aber in Öster­reich herrscht sicher ein höherer Lebensstandard als in Spanien, in südost­europäischen Ländern oder in unserem Nachbarland Ungarn. (Abg. Loa­cker: Schweiz! – Abg. Meinl-Reisinger: Schweden, Dänemark, Finnland, Deutsch­land! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir haben sicher einen höhe­ren Lebensstandard. Wir haben im vergangenen Jahr 5 Prozent Wachstum gehabt, wir haben Rekordbeschäftigung. Die Situation in unserem Land ist also gut und nicht so, wie sie da dargestellt und mit anderen verglichen wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Also seid dankbar, dass ihr ... Steuern zahlt!)

Was wir haben, ist ein akuter Arbeitskräftemangel. Das weist auch darauf hin, dass die Wirtschaft gut unterwegs ist. Überall, wo man hinkommt, in jedem Betrieb werden Arbeitskräfte gesucht, und zwar in allen Himmelsrichtungen. Es ist nicht nur ein Fachkräftemangel, es ist ein Arbeitskräftemangel, was wir da haben.

Zur Teilzeit möchte ich Folgendes sagen: Ich war sieben Jahre lang Betriebsratsobmann. Es wurden Stellen über Jahrzehnte nur in Teilzeit aus­geschrieben, und viele Menschen haben sich auch bewusst für diese Teilzeitar­beit entschieden. (Ruf bei der SPÖ: Kinderbetreuung ausbauen!) – Ja, dort, wo es  Betreuungspflichten gibt, muss man Rücksicht nehmen, ja, man muss die Kinderbetreuung ausbauen, das ist keine Frage – das ist eine Aufgabe von Gemeinden, Ländern und dem Bund gemeinsam, je nachdem, wo die Zuständig­keiten liegen –, aber es gibt viele Menschen, die sich bewusst für eine Teil­zeitbeschäftigung entschieden haben. Ich kann das als langjähriger Betriebsrats­obmann sagen: Gerade im Bereich von Gesundheit und Pflege gibt es Zig­tausende – vor allem – Mitarbeiterinnen, die sich bewusst für Teilzeitarbeit ent­schieden haben. Die Wahlfreiheit werden wir den Menschen wohl noch geben können. Sie entscheiden ganz bewusst, wie sie arbeiten wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Und ihr wollt sie bewusst benachteiligen!)

Worauf wir hinweisen müssen, ist, was das für Nachteile mit sich bringt. Teilzeit ist auch eine Pensionsfalle, denn wenn man nur die Hälfte oder einen Teil für die Pension einzahlt, dann bekommt man natürlich am Ende des Tages auch weniger Pension heraus. Das ist etwas, worauf man hinweisen muss, auch seitens der Politik und auch seitens jener, die in der Sozialversicherung diesbe­züglich tätig sind.

Ich möchte aber schon auch ein Argument dafür bringen, dass es sich nach wie vor auszahlt, Vollzeit zu arbeiten. Ja, es ist richtig, wenn man mehr ver­dient, zahlt man höhere Steuern und Abgaben. Wir haben die Steuern aber mas­siv gesenkt. Wir haben den Eingangssteuersatz von 25 auf 20 Prozent, den Steuersatz der zweiten Stufe von 35 auf 30 Prozent und jenen der dritten Stufe von 42 auf 40 Prozent gesenkt und wir haben die kalte Progression abgeschafft – zur Gänze: zwei Drittel im Tarif, und das letzte Drittel ist heuer auch im Tarif angepasst. Wir haben die kalte Progression also vollständig abgeschafft. Das kommt bei den Menschen an, meine Damen und Herren, und das spüren sie auch. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein Beispiel: Wenn jemand, der ein Kind hat, 3 000 Euro brutto verdient – Vollzeit –, dann hat er ein Jahresnetto von 32 000 Euro – die Steuer­entlastungsmaßnahmen inklusive der Abschaffung der kalten Progression und natürlich auch des Familienbonus eingepreist. Das ist auch ein Ansatz, um zu erreichen, dass die Menschen wieder Ja zum Kind sagen, dass wir wieder Menschen dazu bewegen, sich für Kinder zu entscheiden. Das ist eigentlich die Grundlage dafür, dass unser gesamtes System funktioniert. (Abg. Meinl-Rei­singer: Da müsst ihr die Kinderbetreuung auch ausbauen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Nur wenn wir die Menschen wieder dazu bewegen können, dass sich auch die Nachkommenschaft so gestaltet, dass wieder jemand einzahlt und auch in die Arbeit geht, wird unser System auch weiter funktionieren. Der Familienbo­nus ist eine Erfolgsgeschichte. 2 000 Euro netto pro Jahr pro Kind: Wo gibt es das auf der Welt, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesen 3 000 Euro hat man mit einem Kind – alle Entlastungsmaßnahmen eingerechnet – ein Jahresnetto von 32 000 Euro. Mit 1 500 Euro, also wenn man die Hälfte arbeitet, 20 Stunden, hat man ein Jahresnetto von 17 700 Euro. Also es ist netto nicht ganz das Doppelte, aber man hat deutlich – über 80 Pro­zent – mehr. (Abg. Steinacker: Stimmt!)

Frau Kollegin Meinl-Reisinger, wir können gerne über weitere Entlastungsmaß­nahmen reden, aber ich würde einmal sagen, es hat keine Regierung in den letzten 20 Jahren gegeben, die derart viel an Entlastung beschlossen hat wie diese Bundesregierung. Das möchte ich schon auch festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber auch noch nie so viele Belastungen! Schulden! – Abg. Scherak: Das ist nach mehr als 30 Jah­ren ÖVP-Regierung auch notwendig!)

Was wir den Menschen hinsichtlich Pensionen auch sagen müssen, ist: Wenn man länger arbeitet, erhält man deutlich mehr Pension. Das ist wichtig. Man muss es einfach auch dazusagen: Wenn man länger arbeitet, bekommt man deutlich mehr Pension. Wenn man zum Beispiel statt mit 62 Jahren erst mit 63 Jahren in die Korridorpension geht, bekommt man zwischen 150 und 200 Euro mehr Pension pro Monat. Das sind die Dinge, die wir sagen müssen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Herr Präsident, letzter Satz, zur Viertagewoche: Die Kollektivvertragspartner haben es in der Hand. Es gibt die volle Flexibilität. Wir haben viele Kol­lektivverträge, im Rahmen derer unter 38,5 Stunden gearbeitet wird. Man braucht es nur zu tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.