10.12

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste und Besucher:innen im Saal und jene, die online und vor den Fern­sehbildschirmen dabei sind! Ich habe jetzt den Rednern vor allen Dingen der ÖVP, aber auch der SPÖ sehr gut zugehört, und es entsteht der Eindruck, dass man als ÖVP in den letzten 50 Jahren nicht Teil des Problems war. (Abg. Wöginger: Was für ein Problem?) Sie sind seit quasi immer in der Bundes­regierung, das gilt auch für die SPÖ, mit einigen Ausnahmen, und Sie haben jahrelang nichts dagegen getan, dass die Kosten für Arbeit steigen, die Abgabenquote eskaliert und den Menschen immer weniger übrig bleibt. (Beifall bei den NEOS.)

Sie haben jahrelang überall kleine Glutnester gelegt, und jetzt wundern Sie sich, dass die Hütte brennt?! Dann gehen Sie her und schicken die Feuerwehr aus und sagen: Jetzt haben wir alles erledigt, wir haben alles gemacht! – Das finde ich nicht korrekt.

Schauen wir uns die Situation im Dienstleistungsbereich, insbesondere im Tourismus an, dort sind die Zahlen eindeutig, und sie sind wirklich alarmierend: Die Teilzeitquote steigt, steigt, steigt, sie geht in Richtung 60 Prozent. Auf diesem Weg sind wir. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer:innen im Tourismus sind Frauen, und daher spielt das Thema Kinderbetreuung einfach eine zentrale Rolle. Frauen haben aktuell oft nicht die Wahlfreiheit, ob sie mehr oder weniger arbeiten wollen. Sie können oft gar nicht anders, weil die Kinderbe­treuung nicht verfügbar ist.

Deswegen fordern wir ja schon seit Jahren, dass man da endlich in die Gänge kommt, aber Sie haben jahrelang geschlafen. Sie haben immer gedacht, Kinderbetreuung sei eine familienpolitische Maßnahme. Mit einem konserva­tiven Familienbild passt das natürlich nicht zusammen, aber Kinderbetreu­ung ist vor allen Dingen auch eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme. Wenn man da in den letzten Jahren einfach mehr Zug zum Tor gehabt hätte, dann wären wir jetzt nicht in dieser Situation.

Die Betreuungszeiten sind wirklich fernab jeglicher Realität. Wenn wir es in der Kleinkindbetreuung, also in der Elementarpädagogik, hinbekommen, dann haben wir das nächste Problem, sobald die Kinder in die Volksschule gehen, weil Nachmittagsbetreuung in den Schulen, insbesondere in den Regionen, die stark touristisch geprägt sind, nicht verfügbar ist.

Ich war vor ein paar Wochen in einem Tiroler Hotel, dort hat man sich selbst eine Kinderbetreuung eingerichtet, weil man gar nicht anders konnte. (Abg. Obernosterer: Gibt es aber mehrere Hotels! – Abg. Pfurtscheller: So schlimm ist das doch auch nicht, oder?!) – Natürlich gibt es mehr Hotels, die das machen, das ist auch gut so. (Abg. Obernosterer: Kooperation mit der Gemeinde!)

Manche machen das nicht nur deswegen, weil sie ein attraktiver Arbeitgeber oder eine attraktive Arbeitgeberin sein wollen, sondern weil sie müssen, weil in der Gemeinde, in der sie angesiedelt sind, das Angebot nicht verfügbar ist. Sie tun es auch deswegen, weil sie den Job der Bundesregierung machen. Es ist aber nicht Aufgabe der Unternehmer:innen, den Job der Bundesregierung zu machen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Ein Betriebskindergarten ist Job der Bundesregierung! Das ist ja abenteuerlich! – Abg. Pfurtscheller: Das ist eine unternehmerische Entscheidung!) Es ist der Job der Bundesregierung, Kinderbe­treuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Und wenn Betriebe Be­triebskindergärten machen, um als Arbeitgeber attraktiv zu werden, dann ist das eine Sache, wenn sie das aber machen müssen, weil sie keine anderen Be­treuungsangebote in der Region haben, dann ist das eine andere Sache. Das ist das, was ich meine. (Beifall bei den NEOS.)

Was hat die Bundesregierung letztes Jahr gemacht? – Sie hat ein Programm auf­gelegt, das Leuchtturmprojekt mit 2 Millionen Euro dotiert, sodass Betriebe im Tourismus Kinderbetreuungskonzepte erstellen und einreichen können. Das ist (Heiterkeit der Rednerin) eine ganz großartige Idee gewesen, denn was ist passiert? – Gestern ist bekannt geworden, dass es zu wenig Einreichungen gegeben hat und deswegen das Programm verlängert werden muss. Wa­rum passiert das? – Weil es nicht darum geht, Konzepte zu fördern. Es geht da­rum, da die Betriebe diese Modelle alle schon haben, den Betrieben dabei zu helfen, dass sie sie umsetzen können und dass sie sie betreiben können. Es geht nicht darum, den Betrieben zu sagen: Erstellt einmal ein Konzept und reicht es dann ein! Betriebe haben keine Zeit dafür, Betriebe machen nämlich etwas, Unternehmerinnen und Unternehmer machen etwas, was die Bundesregierung nicht so gerne tut: sie arbeiten, sie machen, sie setzen um.

Ich würde mir erhoffen, dass man, anstatt solche Konzepte zu fördern, in Zukunft einfach hergeht und sagt: Wenn Betriebe diese Leistung übernehmen, die von der Bundesregierung kommen sollte, dann nehmen wir doch lieber diese 2 Millionen Euro aus diesem Konzeptförderungsprojekt und geben sie den Unternehmer:innen zurück, damit sie den Betrieb und die Einrichtung finan­zieren können. Das kostet nämlich Länge mal Breite, und dafür gibt es für die Betriebe weder Unterstützung bei der Errichtung, die sehr kompliziert ist, noch beim Betrieb.

Das würde ich mir wünschen: dass die Bundesregierung in die Gänge kommt, damit auch Frauen die Chance haben, überhaupt Vollzeit arbeiten zu kön­nen, wenn sie es wollen. (Beifall bei den NEOS.)

10.17

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemel-det. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich danke Herrn Bundesminister Kocher sehr herzlich.