17.08
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wir erleben hier heute ein politikwissenschaftlich schon sehr intensiv untersuchtes Phänomen, und das ist das Phänomen, dass populistische Parteien, so wie die FPÖ eine ist, Themen ansprechen, Probleme ansprechen, Fragen aufwerfen, die viele Menschen beschäftigen und die eine gewisse Legitimation haben. Dass sie gleichzeitig auch nicht übertrieben viele Antworten darauf haben, steht auf einem anderen Blatt, aber das werfe ich ihnen nicht einmal vor, weil ich nicht der Meinung bin, dass es ihre Aufgabe ist.
Was ich absurd finde, ist, dass die meisten meiner Vorredner hier, insbesondere von der ÖVP, den Grünen, aber auch von der SPÖ, begonnen haben, die Fragen der FPÖ zu delegitimieren und so zu tun, als ob diese Probleme gar nicht da wären und sie gar nicht das Interesse hätten, sich damit zu beschäftigen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Die Frau Bundesministerin hat gesagt, wir erleben eine Situation, dass der Verfassungsgerichtshof das Finanzierungsmodell des ORF aufgehoben hat und wir ein neues Finanzierungsmodell brauchen. – Das ist selbstverständlich richtig, aber wenn wir schon diese Debatte hier führen, sollte man auch vorgelagert darüber diskutieren, wie der ORF denn strukturell aufgestellt ist. Da sind natürlich alle diese Themen, die die FPÖ angesprochen hat, Fragen, die man diskutieren muss.
Was aber passiert ist, ist, dass von Regierungsseite so getan wird, als ob keine Probleme da wären, dass es strukturell beim ORF nicht irgendwo knarzt, dass man da gar nichts machen muss, dass die parteipolitische Einflussnahme auf den ORF gar nicht existiert, dass es das noch nie gegeben hat. Und das ist doch skurril. Jetzt haben wir die Chance, über die Finanzierung des ORF zu reden, und anstatt vorgelagert darüber zu diskutieren, was wir denn in der Struktur des ORF ändern müssen, tun Sie so, als ob nichts zu tun wäre. Das ist genau das Problem, der Grund, wieso die FPÖ in Umfragen kontinuierlich steigt: weil Sie diese Probleme, die zu Recht von der FPÖ angesprochen werden, für die die FPÖ aber keine Lösungen hat, negieren. So funktioniert – politikwissenschaftlich untersucht – regelmäßig der Aufstieg von rechtspopulistischen Parteien. (Abg. Kickl: Professor Scherak!) Das können Sie sich selbst zuschreiben, weil Sie keine Antworten zur Lösung wichtiger Probleme geben können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist ein Fakt, dass es Problemfelder im ORF gibt, es ist ein Fakt, dass er parteipolitisch durchdrungen ist. Wir haben jetzt gerade wieder die Beispiele aus Niederösterreich mitbekommen, wo die Nähe des ORF-Landesdirektors zur ÖVP Niederösterreich so extrem war, dass er sich dann doch verabschieden musste, weil da auf Bestellung Beiträge geliefert wurden. Wir haben auch erlebt, wie ehemalige Führungspersonen der FPÖ mit Redakteuren im Austausch waren und mit Verantwortlichen SMS geschrieben haben. Genau das sind die Probleme, die man lösen muss. Diese Probleme löst man dadurch, dass man den ORF endlich parteipolitisch freigibt, dass es keinen Stiftungsrat mehr gibt, der nach entsprechenden Freundeskreisen organisiert ist, sondern dass man schaut, dass man die Leute, die wirklich am meisten Ahnung von solchen Unternehmen haben, auch entsprechend dorthin bringt, dass man das eben sinnvoll macht.
Ich glaube, diese Fragen müssen wir zuerst beantworten, bevor wir über die Finanzierung reden. Solange diese Fragen nicht beantwortet werden und solange noch nicht einmal eine Diskussion darüber zugelassen wird, halte ich es für einigermaßen müßig, über die Finanzierung des ORF zu diskutieren. (Beifall bei den NEOS.)
17.12
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.