10.05

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wir haben heute eine Aktuelle Stunde mit dem wirklich klingenden Titel „Wirtschaft, Standort, Arbeit – Österreich 2023“. Diese Worte wurden von den Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP sehr pathetisch ausgewählt. Ich muss schon sagen, es ist wahrscheinlich nicht gesund, sich schon um 10 Uhr so zu ärgern: Man stellt sich hierher, hält pathetische Reden, spricht vom Wohlstand, präsentiert aber keine einzige Lösung, wie wir endlich die Inflation senken können. Die ist immer noch hoch. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ein Problem, dass in diesem Land alles teurer geworden ist. Es ist ein Problem, dass man auf einmal, wenn man in den Supermarkt einkaufen geht, 50 Euro zahlt, obwohl das Einkaufswagerl fast leer ist. Es ist ein Problem, wenn die Menschen am 26., 27. des Monats kein Geld mehr überhaben und dann wirklich jeden Cent umdrehen müssen, sodass sich das noch irgendwie ausgeht. Es ist ein Problem, dass die Regierung dabei zuschaut, wie diese Inflation hoch bleibt, während andere Länder handeln. Wenn wir uns die Daten­grundlage anschauen, sehen wir, dass Österreich von allen westlichen EU-Ländern noch immer die höchste Inflation hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Stöger: Na geh!)

Wie senken wir die Inflation, Herr Minister? – Wir können das doch nicht akzeptieren! Für 30 Prozent der Haushalte ist es ein Problem, sich den Alltag zu finanzieren. Ja, das schadet dem Standort. (Abg. Kucharowits: Alles wurscht!) Vielleicht muss man es der ÖVP auf diese Art und Weise erklären – denn wenn man sagt, die Armut breitet sich aus, wenn man sagt, die Menschen haben nichts zu essen, dann ist es offensichtlich wurscht, also erklären wir es einmal andersrum. (Beifall bei der SPÖ.)

Die hohe Inflation schadet auch dem Standort. Natürlich wirkt sich die hohe Inflation langfristig auch auf die Kaufkraft aus. Es ist ja ganz klar, dass dann, wenn sich die Leute nichts mehr leisten können, auch die Nachfrage zurückgehen wird. Wir können das so nicht akzeptieren. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber man kann nicht alles aus Schulden finanzieren! Das geht nicht!) Trotzdem – und jetzt kommt die Krönung dieser absurden Situation – gibt aber die österreichische Bundesregierung überdurchschnittlich viel Geld für die Bekämpfung der Inflation und dieser Krise aus. Es ist also überdurch­schnittlich viel Budget, das beansprucht wird, bei unterdurchschnittlichen Ergeb­nissen. (Ruf bei der SPÖ: Natürlich! – Abg. Lukas Hammer: Ja, weil man auf die Kaufkraft schaut!) Dann stellt man sich her und sagt: Leistung muss sich lohnen! – Was ist denn die Leistung dieser Bundesregierung? Dass wir so viel Budget wie noch nie für so wenige Ergebnisse wie möglich ausgeben? Was ist denn da bitte die Leistung gewesen? (Beifall bei der SPÖ.)

Der Punkt ist: Ausgeben tun Sie das Geld ja tatsächlich, es kommt nur bei den Falschen an. Rechnen wir uns das zum Beispiel beim Energiekostenzuschuss, den Sie da jetzt schon wieder planen, durch: Da wiederholt sich ja die Überför­derung, die bei Corona gemacht wurde, schon wieder. Ja, die Energiepreise sind auch für die Unternehmen gestiegen. Nehmen wir als Beispiel eine Molkerei: Die Energiepreise wurden höher, und deshalb hat auch die Erzeugung der Produkte dort mehr gekostet. Das wurde aber auch weitergegeben. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Genau deswegen ist ja die Butter heute doppelt so teuer wie davor, weil die Unternehmen die gestiegenen Energiepreise an die Konsumenten und an die Konsumentinnen weitergegeben haben.

Jetzt kommt die Bundesregierung her und sagt im Nachhinein: Wir geben euch Geld! – Was passiert, ist, dass man damit die Gewinne der Unternehmen mit Steuergeld fördert, statt dass man diejenigen unterstützt, die es wirklich dringend brauchen. (Beifall bei der SPÖ.) Die degradiert man zu Bittstellern. Die schickt man zum Sozialmarkt, die sollen sich dort anstellen. Für die anderen fließt das Geld. Dort kommt es schon an. Da klingeln die Kassen. Das ist wirklich absolut absurd, weil sich die Unternehmen die hohen Energiepreise von den Konsumenten und Konsumentinnen schon längst zurückgeholt haben – und trotzdem fließt da das Geld.

Wenn wir schon dabei sind: Inflationstreiber Nummer eins sind mittlerweile gar nicht mehr die Energiepreise, sondern es sind die Mietpreise, die gerade die Inflation nach oben treiben. Das heißt, auch da gilt: Will man etwas dagegen tun, braucht es einen Mietpreisdeckel. (Beifall bei der SPÖ.)

Mittlerweile zahlt jede zehnte Person in Österreich die Hälfte ihres gesamten Einkommens für die Miete. Das ist einfach nicht akzeptabel. Es braucht diesen Deckel. (Abg. Haubner: Ist das eine Parteitagsrede?)

Ein letzter Punkt – 30 Sekunden Redezeit habe ich noch –: Herr Minister, Sie haben gesagt, für den Standort sei die Vereinbarkeit von Beruf und Fami­lie so wichtig. (Abg. Haubner: Ist das eine Bewerbungsrede?) – Wie oft müssen wir das hier noch hören? Sogar Wirtschaftskammerpräsident Mahrer stellt sich hin und sagt, dass es auch einen Rechtsanspruch braucht. – Wann bekommen wir ihn endlich? (Beifall bei der SPÖ.) Wann bekommen die Frauen einen Rechtsanspruch, damit sie wirklich entscheiden können: Bleibe ich zu Hause beim Kind oder gehe ich arbeiten?

Wenn wir den Rechtsanspruch haben, werden wir es auch schaffen, dass Familie und Beruf vielleicht etwas besser zu vereinbaren sind. Bis dahin hören Sie bitte auf, sich mit diesen Federn zu schmücken, weil bei der Kinderbetreuung viel zu wenig weitergeht – und auch das ist schlecht für den Standort. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Und wie ist das mit dem Rechtsanspruch in Wien und im Burgenland und in Kärnten? – Abg. Herr – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Nur in Wien und im Burgenland gibt es Kinder! – Abg. Pfurtscheller: Ja, und wie ist es mit dem Rechtsanspruch dort? Es liegt ja in der Hand des Herrn Landeshauptmannes! – Abg. Heinisch-Hosek: Das tut weh, gell? – Abg. Kickl: Der hat zurzeit andere Dinge zu tun!)

10.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ragger. – Bitte.