10.16

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zu­seher:innen zu Hause vor den Bildschirmen! Wer von Wirtschaft, von Standort und von Arbeit reden will, der darf von Klimaschutz und der darf von Sozial­staat nicht nur nicht schweigen, sondern – genau das Gegenteil ist der Fall – der muss besonders viel darüber reden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Warum? – Unsere Wirtschaft, unser Arbeitsmarkt haben sich angesichts der Krisen, die wir erlebt haben und in denen wir uns nach wie vor befinden, als ausgesprochen resilient, ausgesprochen widerstandsfähig herausgestellt, und das ist einmal eine ziemlich erfreuliche Bilanz. Wenn ich daran erinnere, wie uns die Wirtschaftsforschung in der Coronakrise noch gesagt hat, wir wür­den die Arbeitslosenzahlen aus dem Jahr 2019 frühestens im Jahr 2025 wieder erreichen, und wenn ich mir jetzt die Realität anschaue, nämlich dass wir aktuell einen Beschäftigtenstand beziehungsweise eine niedrige Arbeits­losigkeit haben, wie wir sie zuletzt 2008 gehabt haben, dann sieht man, dass die Erholung offensichtlich besser und schneller vorangeht, vorangeschritten ist als befürchtet. – Das stimmt einmal grundsätzlich optimistisch, auch wenn wir uns derzeit in einer wirklich schwierigen ökonomischen und sozialen Situa­tion befinden.

Wie gesagt, gerade die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist besonders erfreulich, aber – das ist keine Frage – wir stehen in Österreich auch vor enormen Herausforderungen. Nicht nur in Österreich, sondern in Europa und sogar welt­weit, wenn man so will – aber in Österreich ganz besonders –, stehen wir vor zwei Herausforderungen, die ich besonders benennen will, die nämlich auch mit der Sicherung des Wirtschaftsstandortes, mit der Sicherung von Be­schäftigung und überhaupt mit der Frage, wie wir weiter wirtschaften können, zusammenhängen.

Das eine ist natürlich die Herausforderung der Klimakrise und die Bewältigung der Klimakrise, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brau­chen da keine besonders großen Ängste zu haben, dass uns das wahnsinnig viel kostet und was weiß ich alles, wenn wir jetzt richtig handeln, denn in Wirk­lichkeit ist gerade eine aktive Klimapolitik eine Politik, die eine Mehr­fachdividende abwerfen würde, eine Politik, die deutlich mehr bringt, als sie uns kostet: Jeder Euro, den wir in Klimapolitik investieren, bringt ein Vielfaches zurück.

Warum ist das so? – Ganz einfach darum, weil wir im Rahmen der sozialökono­mischen Transformation viel mehr Beschäftigung, viel mehr Arbeitsplätze, viel mehr Beschäftigte in Bereichen brauchen werden, die dringend notwendig sind, beispielsweise in der Frage des Ausbaus der Fotovoltaik, in der Frage der Umrüstung auf klimafreundliche Heizsysteme, in der Frage der Sanierung des Althausbestandes, der Umrüstung der Industrie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben bereits einen Arbeits­kräftemangel, und zukunftsfähige, zukunftsträchtige, nachhaltige Arbeitsplätze werden wir dann schaffen, wenn wir genau da investieren. (Beifall bei den Grünen.)

Das bringt nicht nur bei der Beschäftigung etwas, das bringt auch den Unternehmen etwas, weil die Industrie dann modernisiert wird, und das bringt auch der Republik etwas, weil wir uns dann nämlich Strafzahlungen in Mil­liardenhöhe ersparen – eine Mehrfachdividende eben.

Genauso bringt es eine Mehrfachdividende, wenn wir der zweiten großen Herausforderung, die wir haben – das ist heute schon angesprochen worden –, dem Arbeitskräftemangel – nicht zuletzt auch aufgrund der demografischen Entwicklung –, erfolgreich begegnen.

Ein Problem, das ein Grund dafür ist, dass wir einen Arbeitskräftemangel haben, ist, dass wir eine noch mangelhafte oder unzureichende soziale Infrastruktur – im Bereich der Pflege, im Bereich der Kinderbetreuung – haben, und auch da gilt: Jeder Euro, den wir in den Sozialstaat investieren, rentiert sich mehrfach, weil ein Sozialstaat nicht nur eine Einrichtung ist, die vor Armut schützt, sondern der Sozialstaat auch ein massiver Produktivfaktor ist: Zehntausende Men­schen haben in sozialstaatlichen Einrichtungen ihre Beschäftigung. Hunderttau­sende Menschen können überhaupt erst einer Beschäftigung nachgehen, wenn wir einen starken Sozialstaat haben: wenn wir Bildungseinrichtungen ha­ben, wenn wir Betreuungseinrichtungen haben, wenn wir auch die ent­sprechenden Qualifizierungsmaßnahmen, Bildungsmaßnahmen öffentlich finan­zieren und öffentlich ausbauen.

Das heißt, Wirtschaftsstandort, Standortpolitik, Stärkung des Wirtschafts­standorts bedeuten letztlich aktive Klimapolitik, einen starken Sozialstaat und faire Arbeitsbedingungen! (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammengefasst: Klimaschutz, Sozialstaat und Fairness in der Arbeitswelt sind längst nicht nur Kostenfaktoren, sondern wir schaffen damit überhaupt erst jene Rahmenbedingungen, die ein Wirtschaften ermöglichen, die Arbeiten ermöglichen, die Vollzeitbeschäfti­gung oder höhere Teilzeitbeschäftigung ermöglichen, und sie bringen eine Mehrfachdividende, weil jeder investierte Euro gleich mehrfach zurückkommt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.21

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr.