10.21

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Na ja, das Budgetdefizit spricht nicht dafür, dass jeder investierte Euro mehrfach zurückkommt, aber das ist grüne Mathematik (Heiter­keit der Abgeordneten Schallmeiner und Schwarz) und das hat ja mit wirklicher Mathematik nicht viel zu tun. (Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir zum eigentlichen Thema, das uns die ÖVP für heute hier aufge­tischt hat. Heute in der Früh wollte man seitens der ÖVP etwas über Wirtschaft und Standort reden, und, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, falls Sie irgendwie den roten Faden nicht erkannt haben, so liegt der Fehler nicht bei Ihnen. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) Uns wurden heute die Daten aus dem Regional-Competitiveness-Index bekannt gegeben, und Österreich ist schlecht: Nach 36 Jahren ÖVP-Wirtschaftspolitik ist keine einzige Region Ös­terreichs unter den Top Ten. (Beifall bei den NEOS.) Wir haben gegenüber der letzten Auswertung sogar noch Indexpunkte verloren! Also wenn die ÖVP noch lange regiert, schaffen wir es auf das Niveau von Bulgarien hinunter, das ist noch drin. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Hoyos-Trauttmans­dorff: ... wird auch immer schlechter!)

Klubobfrau Meinl-Reisinger hat schon ausgeführt, dass der Arbeitskräftemangel in keinem europäischen Land so eklatant ist wie in Österreich – und das ist ja ein Ergebnis von politischen Entscheidungen. Das ist ein Ergebnis von politi­schen Entscheidungen dieser Regierung und der Vorgängerregierungen – und das betrifft die Menschen. Man glaubt immer: Ja, Arbeitskräftemangel, das ist ein Thema für die depperten Unternehmer, das geht ja mich nichts an. – Geschätzte Damen und Herren, es betrifft Sie!

Arbeitskräftemangel in der Pflege betrifft Sie, wenn Sie pflegebedürftig sind oder wenn Sie pflegebedürftige Eltern oder Großeltern haben. Arbeits­kräftemangel bei den Lehrerinnen und Lehrern betrifft Sie, wenn Ihren Kindern Stunden ausfallen, weil diese nicht suppliert werden können. Arbeitskräf­temangel bei der Ärzteschaft betrifft Sie, weil Sie ewig auf einen Termin warten. Arbeitskräftemangel in der Gastronomie betrifft Sie, weil Ihr Lieblingsgast­haus jetzt drei statt zwei Schließtage hat. Und Arbeitskräftemangel bei den Un­ternehmen, die Ihnen die Fotovoltaik aufs Dach montieren würden, betrifft Sie, weil Sie die Fotovoltaik später bekommen. Arbeitskräftemangel betrifft uns alle, und das ist ein Ergebnis der Regierungspolitik dieser Bundesregierung! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Ottenschläger: ... sehr einfach gestrickt!)

Seit 1995 ist die Zahl der Vollzeitbeschäftigten in Österreich gleich geblieben. Die Bevölkerung ist gewachsen, wir haben auch mehr Beschäftigte, aber das gesamte Beschäftigungswachstum waren nur Teilzeitjobs, keine Vollzeit­jobs – und das ist auch ein Ergebnis dessen, dass diese Regierung und alle ihre Vorgängerregierungen Vollzeitarbeit bestraft haben. Wenn heute eine Ar­beitskraft 30 Stunden in der Woche arbeitet und die Chefin oder der Chef fragt: Würdest du nicht bitte 35 Stunden die Woche arbeiten, weil du eine gute Arbeit machst und wir das bei uns brauchen können?, dann will diese Ar­beitskraft natürlich wissen: Was habe ich davon? – Und jeder, der rechnet, wird zum Schluss kommen: Es zahlt sich nicht aus, weil ich da oben so viel Steuer zahle.

Vor 30 Jahren hatte der Durchschnittsangestellte in Österreich einen Grenzsteu­ersatz von 32 Prozent, und heute hat der Durchschnittsangestellte einen Grenzsteuersatz von 41 Prozent. Es ist uninteressanter geworden, viel zu arbei­ten, es ist uninteressanter geworden, sich anzustrengen! (Beifall bei den NEOS.)

Dann kommt natürlich dazu, dass man, wenn man mehr arbeitet, darüber nachdenkt: Kostet mich dann die Kinderbetreuung mehr, weil die in meiner Ge­meinde halt nicht kostenlos ist? Bekomme ich dann vielleicht einen Heiz­kostenzuschuss, den diese Regierung beschlossen hat, nicht mehr? Bekomme ich einen Wohnkostenzuschuss, den diese Regierung beschlossen hat, nicht mehr, weil ich mehr arbeite? Werde ich dafür bestraft, dass ich mehr arbeite? – Das ist die Logik, die Sie in 36 ÖVP-Regierungsjahren den Menschen aner­zogen haben. (Beifall bei den NEOS.)

Und wenn wir uns jetzt noch einmal überlegen: Der Durchschnittsangestellte, die Durchschnittsangestellte hat einen Grenzsteuersatz von 41 Prozent. Was bedeutet denn das? – Diese Regierung besteuert die durchschnittlichen Erwerbstätigen so, als ob sie Großverdiener wären! (Beifall bei den NEOS.)

Die zahlen zuerst einmal 18 Prozent Sozialversicherung und dann noch einmal Steuer drauf. Ja, natürlich rentiert es sich nicht! Natürlich habe ich keine Lust, mich anzustrengen! Der Steuerfreibetrag für Überstunden ist seit den 1990er-Jahren nicht mehr angepasst worden. Die, die hineinbuckeln, buckeln für die Kassa des Finanzministers hinein, nicht für die eigene. Das ist doch ein Fehler! (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Eigentlich ist das ein Skandal!) Deswegen ha­ben wir beantragt, dass der Steuerfreibetrag für Überstunden mindestens verdoppelt wird und dass wir einen Vollzeitbonus einführen, um den Nachteil von Vollzeitarbeitskräften gegenüber Teilzeitarbeitskräften in der Steuer­logik auszugleichen. Es muss sich voll auszahlen, wenn jemand voll arbeitet, und dafür braucht es Veränderungen, und zwar sofort. (Beifall bei den NEOS.)

Und dann noch zu Kollegen Haubner, der zu Recht ein Hohelied auf den Freihandel gesungen hat: Der Freihandel schafft Jobs und der Freihandel schafft Wohlstand, aber die ÖVP sabotiert ja als einzige Regierungspartei in der Europäischen Union das Mercosur-Abkommen – als einzige! (Beifall bei den NEOS.) Der Wirtschaftsbund hat sich da in Geiselhaft der Landwirtschaft nehmen lassen. Die Heugabel ist der Politikkoordinator der ÖVP. (Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Bei einer Wirtschaftsleistung von 1 Prozent kann der Bauernbund die ÖVP in Geiselhaft nehmen, und damit das ganze Land! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Höfinger: 100 Prozent ...! Das ist unwürdig für dich! – Abg. Haubner: Nichts Neues von den NEOS!)

10.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich danke dem Herrn Bundesminister.