11.35

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Ich möch­te vorerst ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler der HLW 19 Wien, Zweig Sozialmanagement, und auch die Mitglieder des Seniorenbundes aus Pen­newang begrüßen. Herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.) Wir diskutieren im heutigen Plenum die beiden Volksbegehren Wieder­gutmachung der Covid-19-Maßnahmen und Covid-Maßnahmen abschaffen. Die Inhalte der beiden Volksbegehren sind teilweise ähnlich.

In beiden Volksbegehren steht zum Beispiel, dass die Impfung keine ordentliche Zulassung, sondern nur eine Notfallzulassung hatte. Das ist nicht richtig, die Covid-Impfungen haben eine bedingte Zulassung. Das ist eine normale Zu­lassung unter Auflagen im Sinne der Sicherheit. Es werden zum Beispiel die Chargen kontrolliert, es gibt Berichtspflichten über unerwünschte Nebenwir­kungen und auch eine Überwachung nach der Zulassung.

Beim Volksbegehren Covid-Maßnahmen abschaffen wurden 44 Begründungen angeführt. Ich darf ein paar herauspicken. In Punkt eins steht zum Beispiel, ich zitiere: „Jeder Bürger soll selbst entscheiden, ob er sich gesund fühlt oder nicht, ob er mit Mund-Nasenschutz besser oder schlechter atmen kann, wieviel Abstand er zu wem halten möchte, [...], ob er einem (geldgierigen?) Arzt vertrauen mag oder doch lieber seinem (kostenlosen) Hausverstand“.

Bei Punkt sechs, der betrifft die Impfungen, steht im Volksbegehren wort­wörtlich: „man riecht“ – nach den Impfungen – „seltsam (Die Ausdünstungen riechen nach Chlor. Das können nicht nur Hunde, sondern auch Menschen riechen.)“

Weiters: „Die Maske ist ein Symbol der Unterdrückung und steht für ‚Klappe halten‘“. – So weit zu den Begründungen des Volksbegehrens.

Meine Damen und Herren! Die nächste Pandemie kann jederzeit wiederkom­men – in fünf, zehn oder 50 Jahren. Wir sollten – das haben wir schon erwähnt – selbstkritisch einen Blick zurückwerfen. Vieles in der Krise ist gut gelaufen. Ich nehme ein paar Faktoren heraus: Es wurden rasch Spitals­betten und flächendeckend Impfungen zur Verfügung gestellt und Testungen organisiert. Die Telemedizin wurde ausgebaut, wissenschaftliche Zusam­menarbeit wurde vorangetrieben, wirksame Impfstoffe und Therapien wurden entwickelt.

Was in der Pandemie gut oder weniger gut gelaufen ist, sollte jetzt wissen­schaftlich aufgearbeitet werden. Es sollte sich aber nicht um Schuldzuweisungen handeln, sondern es sollte darum gehen, was man aus dieser Krise, aus die­ser Pandemie lernen kann. Die Aufarbeitung sollte drei Phasen beinhalten: zuerst eine fachlich-wissenschaftliche Aufarbeitung und Betrachtung, dann eine strukturelle und erst am Schluss eine politische Aufarbeitung.

Wir reichen die Hand, wir wollen versöhnen. Der Dialog- und Versöhnungs­prozess wird um Ostern starten und von der Akademie der Wissen­schaften mitorganisiert und begleitet werden. Was aber doch deutlich gesagt werden muss: Das Schützen von Menschenleben, liebe Kolleginnen und Kollegen, war unsere oberste Prämisse und danach haben wir gehandelt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Schallmeiner.) Wir haben immer redlich gehandelt, nach bestem Wissen und Gewissen. Natürlich wurden retrospektiv Fehler gemacht, aber nur wer nichts tut, macht keine Fehler, und nichts zu tun hat noch niemandem geholfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch unser Handeln, durch unsere Ent­scheidungen wurden aber Tausende Menschenleben gerettet, und das zählt. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Der Staat hat staatliche Schutzpflichten, wie den Schutz der öffentlichen Gesundheit. Vor diesem Hintergrund hat auch der Verfassungsgerichtshof einen überwie­genden Teil der gesetzten Schutzmaßnahmen nicht beanstandet, son­dern als verhältnismäßig akzeptiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! In beiden Volksbegehren sind grundsätzliche, ablehnende Bedenken gegen Impfungen an sich niedergeschrieben. Ich möchte auch ein paar grundsätzliche Gedanken zu Impfung, Wissenschaft und Forschung anführen. Wissenschaft und Forschung, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Basis für Wohlstand und Fortschritt. Wir hatten in der Pan­demie eine der schwersten Gesundheitskrisen. Wir hatten eine schnelle Impfung – durch wissenschaftliche Meisterleistung! –, eine Impfung, die vor schweren Verläufen schützt, Menschenleben rettet, eine Impfung, ohne die wir wahrscheinlich noch mitten in der Pandemie stecken würden.

So macht mich – das muss ich ganz ehrlich sagen – die Wissenschaftsfeindlich­keit und auch die Impfskepsis mancher auch hier im Hohen Haus fassungs­los, traurig und manchmal auch wütend. Eine Impfung ist die wichtigste Maßnah­me zur Infektionskontrolle. Wissenschaftsfeindlichkeit und Impfskepsis sind Gift für eine moderne Gesellschaft und werfen uns Jahre oder Jahr­zehnte zurück.

Ich halte es auch für nicht akzeptabel, dass die Impfung von manchen in verant­wortungsloser Weise für politische Zwecke missbraucht wird. (Abg. Bela­kowitsch: Ich auch! – Ruf bei der FPÖ: Impfzwang!) Das tut zum Beispiel die FPÖ. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Stefan.)

Das Konzept der gesunden Gesellschaft durch Präventionsmedizin und Impf­prävention ist alternativlos. (Abg. Belakowitsch: Es gibt nichts Alternativ­loses, Herr Kollege!)

Ich möchte abschließend noch zwei Beispiele für Impfungen nennen, die uns weiterbringen: Beispiel HPV-Impfung, diese wurde jetzt vom vollendeten neunten bis zum 21. Lebensjahr ab dem 1. Februar 2023 kostenfrei in Österreich zur Verfügung gestellt. (Ruf bei der FPÖ: Freiwillig!) In Ländern, wo diese HPV-Impfung in Anspruch genommen wird, gibt es zum Beispiel Gebärmutter­halskrebs nicht mehr. Das HP-Virus ist die häufigste Ursache dafür. Das heißt: Nützen Sie dieses Angebot! (Abg. Belakowitsch: Passen Sie auf, das steht dann im Stenographischen Protokoll, was Sie da sagen!)

Nächstes Beispiel: Covid-Impfung und Long Covid – eine weltweite Metastudie mit 860 000 Betroffenen hat gezeigt, dass die Covid-Impfung das Risiko für Long Covid um 40 Prozent reduziert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nützen wir das vorhandene Impfangebot! Impfen rettet Menschenleben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

11.41

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.