15.16

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete und insbesondere der von mir sehr geschätzte Abgeordnete Muchitsch, den ich hier als Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit und Soziales ob seines Engage­ments auch sehr schätze! Ich möchte vielleicht zu Beginn kurz darauf einge­hen: Was ist die Ausgangssituation? Wovon reden wir?

Ja, die hohe Inflation, die wir haben, ist ein Problem – nicht nur bei der Aliquotierung bei den Pensionserhöhungen, sondern insgesamt. Das ist auch der Punkt, warum wir uns entschlossen haben, diese Aliquotierung in den nächs­ten beiden Jahren auszusetzen.

Wenn Herr Abgeordneter Muchitsch davon spricht, dass heute Früh eine überraschende Pressekonferenz stattgefunden hat, dann hat er als Vorsitzender des Ausschusses im Ausschuss nicht ordentlich zugehört. Es war da bereits angekündigt. Es ist im Ausschuss angekündigt worden, dass diese Aliquotierung für zwei Jahre ausgesetzt wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hörl: Hört, hört, hört!) Die Überraschung ist also eine parteipoli­tisch motivierte. Die kann ich nicht ganz nachvollziehen. (Abg. Wöginger: Das ist ja irgendeine Castingshow!) Es war in der Regierung jedenfalls klar, dass das passieren wird.

Warum? – Der Aliquotierungsansatz ist einer, der in Zeiten hoher Inflation tatsächlich zu Benachteiligungen führt. Es kommt dazu, dass Neupensionistinnen und Neupensionisten dann nahezu einen Anreiz erhalten, früher in Pension zu gehen und Abschläge in Kauf zu nehmen, um der Aliquotierung zu entgehen, weil die Pensionsanpassungen eben hoch sind.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, den ich schon erwähnen möchte: Was haben Vorgängerregierungen gemacht? Was haben Vorgängerregierungen aller Couleurs und jeglicher Zusammensetzung in dieser Frage gemacht? – Alle Par­teien in Regierungsverantwortung, in unterschiedlichen Zusammenset­zungen, haben seit 2012 das eine oder andere System ausprobiert und umge­setzt – auch die Sozialdemokratie. Ich möchte betonen: 2011 war es die Sozialdemokratie, die für die Einführung einer Wartefrist gestimmt hat. (Abg. Wöginger – erheitert –: Ja!) Ich sage Ihnen: Das will ich als Sozialminis­ter nicht. Ich will keine Wartefrist haben. Das ist das ungerechteste System, das man sich überhaupt vorstellen kann. (Beifall bei den Grünen sowie der Abge­ordneten Pfurtscheller und Wöginger.)

Seit damals wurde diese Regelung, ich glaube, sechs oder sieben Mal verändert. Ja, wir haben das jetzt erkannt und aufgenommen. Wir setzen das für zwei Jahre aus, weil Wartefristen eben keine Lösung sind und es jetzt in Zei­ten der hohen Inflation darum geht, diese Regelungen anders zu gestalten. Das heißt auch, dass wir damit einen weiteren Schritt setzen – das möchte ich schon auch betonen –, um Pensionistinnen und Pensionisten in einer schwieri­gen Lebenssituation bei hohen Teuerungsraten, die wir haben, zu helfen.

Wir haben da ja auch einiges an Zahlungen in die Hand genommen. Ich möchte daran erinnern, dass bei der Pensionserhöhung im letzten Jahr zusätzlich eine Einmalzahlung von bis zu 500 Euro im heurigen Frühjahr vereinbart worden ist. Die Maßnahmen, die die Bundesregierung in der Vergangenheit ge­setzt hat, sind bei Pensionistinnen und Pensionisten angekommen, weil wir wissen, dass die Teuerung und die Energiekosten dort auch besonders schlagend werden.

Was machen wir nun? – Wir setzen die Aliquotierungsregelung für zwei Jahre gänzlich aus. Es ist uns klar, dass das notwendig ist. Wir machen es auch deshalb, weil von dieser Maßnahme, sie zwei Jahre auszusetzen, 200 000 Pen­sionistinnen und Pensionisten ganz konkret profitieren werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir machen es auch deshalb – das ist richtigerweise angesprochen worden –, weil von dieser Neuregelung Frauen besonders profitieren. Das ist kor­rekt. Warum ist das korrekt? – Weil Frauen mit der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters ab 2024 erst im zweiten Halbjahr in Pension gehen und somit durch die Aliquotierung besondere Nachteile hätten. Auch das ist aus frauenpolitischer Sicht ein Grund. Ja zu dieser Aussetzung der Aliquo­tierung, denn wir wissen, dass davon insbesondere Frauen betroffen sind. (Abg. Muchitsch: Für einen Jahrgang! Für alle anderen wird es schlechter! Für einen einzigen Jahrgang! Alle anderen werden schlechter gestellt!)

Der dritte Punkt ist, weil wir daran arbeiten, Anreize zu beseitigen, früher in Pension zu gehen. Da bin ich auch der Meinung des Abgeordneten Mu­chitsch, dass wir Anreize setzen müssen, damit die Menschen länger in Beschäf­tigung bleiben. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Muchitsch und Koza.)

Insgesamt die Arbeitsbedingungen so zu verbessern, dass es möglich ist, das reale Pensionsantrittsalter dahin zu bekommen, wo das gesetzliche Pen­sionsantrittsalter jedenfalls ist, ist ein Gebot der Stunde. Diese Einschätzung teile ich. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Krainer und Stögmüller.) Es hat schon auch etwas damit zu tun, die Arbeitsbedingungen für Menschen so zu gestalten, dass sie auch gut, gesund bis 65 Jahre arbeiten können und nicht darauf angewiesen sind, dann beim AMS vorstellig zu werden oder vom AMS in dieser unwürdigen Warteschleife bis zum Pensionsantrag geparkt zu werden, den sie dann nicht bekommen. Das ist jedenfalls korrekt.

Letzter Satz oder letzter Aspekt von meiner Seite dazu: Diese Maßnahme reiht sich in eine ganze Latte von Entscheidungen ein, die wir vorbereiteter­weise in der Bundesregierung getroffen haben, um Pensionistinnen und Pensio­nisten jenen Ausgleich und Härteausgleich in Zeiten hoher Teuerung, hoher Inflation zukommen zu lassen, den sie auch brauchen. Das ist keine Über­raschung, das ist vorbereitet worden, ist im Sozialausschuss angekündigt worden.

Wenn jetzt die polemische Frage gestellt worden ist: Na ja, was passiert dann in zwei Jahren? – Ich gehe davon aus, dass bis in zwei Jahren eine neue Bun­desregierung gewählt sein wird (Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Krainer: Bundes­regierungen werden nicht gewählt, die werden ernannt!), dass dann vermutlich auch die SPÖ ihre Führungsfrage geklärt haben wird, die SPÖ Teil einer Bundes­regierung sein wird, im besten Fall gemeinsam mit den Grünen und den NEOS. Dann kann man ja diese Aliquotierung zur Gänze abschaffen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Ah-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Was sagt denn die ÖVP dazu? Das war ein Fehdehandschuh!)

15.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung darf ich Herrn Abgeordneten Stöger das Wort erteilen. – Bitte. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)