15.37

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und hier im Saal! Falls Sie sich jetzt nicht auskennen, worum es hier eigentlich geht: Das verstehe ich.

Es geht darum: Wenn Sie in Pension gehen, dann bekommen Sie jährlich eine Pensionserhöhung. Das, was jetzt hier aufgearbeitet wurde, sowohl vom Minister als auch von Klubobmann Wöginger ins Treffen gebracht wurde, ist, dass es bis vor wenigen Jahren so üblich war, dass man, wenn man bei­spielsweise im Jahr 2011 in Pension gegangen ist, die erste Pensionserhöhung im Jahr 2013 bekommen hat, unabhängig davon, ob man im Jänner 2011 oder im Dezember 2011 in Pension gegangen ist.

Das hat natürlich dazu geführt, dass es oftmals sehr, sehr lange Spannen gab, in denen man keine Pensionserhöhung bekommen hat. Das heißt, manche Leute haben zwei Jahre lang die gleiche Pension – ohne eine Erhöhung – bezo­gen. Auch bei niedrigen Inflationsraten macht das natürlich etwas aus. Da­her wurde 2019 im sogenannten koalitionsfreien Raum diese Wartefrist abge­schafft. Das bedeutete: Wenn Sie in Pension gehen, dann bekommen Sie sofort im nächsten Jahr die Erhöhung.

Dann kam diese Bundesregierung aus ÖVP und Grünen und hat die sogenannte Aliquotierung eingeführt. Diese Aliquotierung bedeutet: Wenn Sie im Jän­ner in Pension gehen, bekommen Sie im Folgejahr 90 Prozent Erhöhung, und das geht dann gestaffelt hinunter. Wenn Sie also im November oder im Dezem­ber in Pension gehen, bekommen Sie im Folgejahr keine Pensionserhöhung – so weit diese Zahlen. Das klingt alles sehr technisch.

Worum geht es jetzt in Wirklichkeit? – Diese Aliquotierung hat dazu geführt, dass man Leute eigentlich früher in die Pension gedrängt hat, weil es für viele lukrativer war, beispielsweise schon im Februar mit Abschlägen in Pension zu gehen als möglicherweise erst im Dezember, weil man durch diese Erhö­hung, da man einmal 90 Prozent und einmal 0 Prozent bekommt, sofort mehr Pension hat und sich das über die Jahre auswirkt. Darum ist es gegangen. Deswegen hat die Bundesregierung jetzt natürlich die Notbremse gezo­gen, weil sie gemerkt hat: Das Thema poppt auf, die Opposition macht da Druck.

Es ist natürlich so: Hätte es keinen oppositionellen Druck in dieser Frage gegeben, dann wäre es jetzt auch nicht ausgesetzt worden, Herr Bundesminister. Das ist einfach so. Sie hätten es ja schon längst von allein machen können. Die Inflationsraten in Österreich sind ja nicht erst seit gestern hoch, sondern schon das ganze Jahr 2022, und sie werden offensichtlich auch noch mindestens zwei Jahre lang so hoch sein, denn sonst hätte die Bundes­regierung nicht für zwei Jahre ausgesetzt.

Nun ist das Aussetzen kein Abschaffen, sondern es zeigt nur, dass sich wieder neue Ungerechtigkeiten bilden. Schließlich wird auf all jene, die im letz­ten Jahr – auch schon bei sehr hohen Inflationsraten – in Pension gegangen sind, vergessen. Die haben nun teilweise viel geringere Erhöhungen, speziell dann, wenn sie erst vor wenigen Monaten in Pension gegangen sind, beispielsweise im November oder Dezember 2022. Das bedeutet, das sind die größten Verlie­rer, schließlich wird die Inflationsabgeltung für jeden, der ab Jänner in Pension gegangen ist, nun rückwirkend angerechnet. Wissen Sie, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, das ist die Ungerechtigkeit daran – und es ist nicht so, dass dieser Antrag nicht notwendig ist, denn diese Regelung ist nur ausgesetzt, aber nicht aufgehoben. (Beifall bei der FPÖ.) Das bedeutet, spätestens 2025 ist sie wieder in Kraft und dann gehen die Ungerechtigkeiten wieder von vorne los.

Das, was Sie da machen, ist ein bisschen auf halbem Weg – und dann stellt sich, nach all dem, was Sie in den letzten Jahren getan haben, Herr Klubobmann Wöginger hierher und sagt, das ist kein Pensionsraub. Die hohe Infla­tion in Österreich ist ja nicht vom Himmel gefallen, sie ist hausgemacht! Wir haben nicht nur die höchste Inflationsrate in der Eurozone, wir bleiben auf einem Niveau von über 11 Prozent – auch für den laufenden März wieder. In kei­nem anderen Euroland ist die Inflationsrate so hoch, geschweige denn in der Schweiz. Das heißt, da ist doch etwas faul im Gebälk, da muss doch die Bundesregierung einmal nachdenken: Welche Maßnahmen haben wir ge­setzt, dass wir das auch noch befeuert haben? Offensichtlich waren die Maßnah­men der österreichischen Bundesregierung eben nicht die richtigen. Man hat diese hohe Inflationsrate bewusst in Kauf genommen und man wird sie auch weiterhin in Kauf nehmen – und das ist die ganz große Problematik.

Gleichzeitig, und das wissen wir, gab es nun in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit hoher Inflation eine Pensionserhöhung, die dieser Inflation nicht wirklich gerecht geworden ist. Wir haben bereits im Dezember 2021 stark kritisiert, dass die Pensionserhöhung – unter Anführungszeichen – „relativ niedrig“ ist, geschuldet der Tatsache, dass sie immer von Jahresmitte bis Jahres­mitte gerechnet wird und nicht die tatsächliche Inflationsrate der letzten Monate abbildet. Das ist ein großes Problem für viele Pensionisten, weil die In­flationsraten so eklatant hoch sind, dass die Auswirkungen tatsächlich 3, 4, 5 Prozent Unterschied zwischen Pensionserhöhung und tatsächlicher Infla­tionsrate bedeuten.

Folgende Frage muss man sich als Regierung stellen: Wie können wir da gerechter werden, wie können wir dafür sorgen, dass unsere Pensionistinnen und Pensionisten auch ein Auskommen haben, dass die Realpensionen nicht geringer werden? Das sind sie aber in den letzten Jahren geworden, seit diese Bundesregierung im Amt ist! Das muss man ganz, ganz deutlich sa­gen, und dazu kam dann auch noch der Raub der Langzeitversichertenpension. Menschen, die 45 Jahre gearbeitet haben, dürfen nun nicht mehr ohne Abschläge in Pension gehen. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Sie haben also alles getan, um einer Gruppe von Personen das Leben so schwer wie mög­lich zu machen, meine Damen und Herren – und das ist die Ungerechtigkeit.

Wissen Sie: Viele der heutigen Pensionisten haben dieses Land aufgebaut, viele haben sogar noch den Krieg erlebt, sind in Armut groß geworden, haben angepackt, haben geschaut, dass das Land zu Wohlstand kommt. Im Übrigen hatten wir diesen Wohlstand bis 2020. Erst die Maßnahmen dieser wahn­sinnigen Bundesregierung, die uns wirtschaftlich an die Wand gefahren haben, haben dazu geführt, dass wir unseren Wohlstand verlieren. Sie arbeiten weiter daran, den Wohlstand abzubauen – und das heißt, eine Generation, die in Armut auf die Welt gekommen ist, die alles gegeben hat, dass es uns und unseren Kindern besser gehen soll, wird nun am Ende ihres Lebens von einer Bundesregierung aus ÖVP und Grünen noch einmal dafür bestraft. Wenn Sie, Herr Bundesminister, sich schon auf eine Bundesregierung gemeinsam mit SPÖ und NEOS freuen, dann wünsche ich Ihnen sehr viel Spaß beim Ver­handeln der Pensionen mit Kollegen Loacker, der nun bald nach mir reden wird. Ich glaube nicht, dass er das verstehen wird, was Sie hier soeben von sich gegeben haben. (Abg. Kassegger – in Richtung Abg. Loacker –: Das wird hart!)

Herr Bundesminister, Sie sind Sozialminister und es ist Ihre Aufgabe, da den Aus­gleich zu schaffen, damit es in unserem Land nicht zu einem weiteren Pen­sionsraub kommt. Es ist Ihre Aufgabe, Altersarmut zu verhindern und die Kauf­kraft der Pensionisten zu erhalten. Da nützt es nichts, wenn Sie sich das alles schönreden – es ist nicht schön. Die Pensionistinnen und Pensionisten mer­ken es jeden Tag, wenn sie einkaufen gehen und wenn sie ihre Rechnungen bekommen. Sie sind die Ersten, die das merken, und wir wissen genau, dass die Pensionisten natürlich besonders belastet sind, alleine schon aufgrund der Preiserhöhungen für Energie und für Lebensmittel. Für all das eine Lö­sung zu finden, das wäre Ihre Aufgabe. Und da muss ich Ihnen sagen, dahin gehend sind Sie leider Gottes nicht gut zu beurteilen: Sie haben die Pensionisten gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei tatsächlich im Regen ste­hen lassen, Herr Bundesminister und werte Abgeordnete der Bundesregierung, Sie haben in den letzten zwei Jahren einen Pensionsraub angezettelt, den es in diesem Ausmaß in der Zweiten Republik noch nie gegeben hat. (Beifall bei der FPÖ.)

15.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koza. – Bitte.