15.51
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! So viel Freiheit von rationalen Argumenten in einer so kurzen Debatte muss man einmal zustande bringen! Klubobfrau Rendi-Wagner hat bekrittelt, die aktuelle Regelung sei ungerecht, weil sie nach Geburtsdatum geht. – Also ein Pensionssystem, in dem das Geburtsdatum keine Rolle spielt, hüpfen Sie mir bitte einmal vor! Das ist ja wirklich frei von jeder Logik. (Abg. Michael Hammer: Bei den Roten nicht! Da kannst mit 50 einfach gehen! – Heiterkeit bei der ÖVP.)
Jetzt kommt in Abwandlung einer Regelung, die es seit zwei Jahren gibt, eine zweijährige Übergangsregelung, und das ist für Kollegen Koza das Schaffen von Stabilität und Rechtssicherheit. Es ergibt alles keinen Sinn, und zwar die bestehende Regelung nicht und die, die jetzt geschaffen wird, auch nicht. Ich möchte Ihnen kurz erklären, warum.
Wir dürfen davon ausgehen, dass die reguläre Pensionserhöhung zum nächsten 1. Jänner ungefähr 10 Prozent ausmachen wird; das ist dann auch mathematisch einfacher zu rechnen. Das würde bei der aktuellen Aliquotierungsregelung bedeuten: Wenn Sie im Mai in Pension gehen, dann bekommen Sie 6 Prozent Erhöhung, und wenn Sie im Juni in Pension gehen, dann bekommen Sie 5 Prozent Erhöhung. Das heißt, länger arbeiten ist ein Nachteil.
Das haben Sie erkannt und messerscharf den falschen Schluss gezogen, nämlich: Na gut, dann geben wir allen die volle Erhöhung! (Abg. Leichtfried: Na zum Glück haben wir ja dich!) Das führt zu folgendem Ergebnis: Wenn Sie im Dezember 2023 in Pension gehen, bekommen Sie einen Monat danach 10 Prozent Erhöhung. Wenn Sie im Jänner in Pension gehen, also einen Monat länger arbeiten, bekommen Sie nichts, dann wird lediglich Ihr Pensionskonto um 2,1 Prozent aufgewertet. Sie machen also wieder die, die länger arbeiten, zu den Dummen, nur halt in einem anderen Monat.
Das kann man jetzt mögen oder nicht: Die einzige Regelung, die dafür sorgt, dass ein zusätzlicher Arbeitsmonat immer auch mehr Pension zur Folge hat, das war die – zwischenzeitlich immer wieder im Wahnsinn abgeschaffte – Schüssel-Regelung: Im ersten Jahr habe ich keine Erhöhung; erst wenn ich ein volles Jahr in Pension bin, habe ich eine Erhöhung. Bei dieser Systematik war ein zusätzlicher Arbeitsmonat immer von Nutzen.
Nun weiß ich schon, dass das nicht populär ist. Da gehen jetzt zweimal 100 000 Leute in Pension, und dann stellt sich ein Politiker hin und sagt: Ich will euch nicht noch mehr geben! – Damit gewinnt man keine Wählerstimmen. Politiker haben aber nicht nur die Aufgabe, Geld zu verteilen, Politiker haben nicht die Aufgabe, die Fahne nach dem Wind zu hängen, sondern Politiker haben auch die Aufgabe, zu erklären, warum es so ist.
Für unsere Fraktion ist klar: Ein zusätzlicher Arbeitsmonat muss sich rentieren. Wir brauchen also ein System, bei dem ein Monat länger zu arbeiten immer mehr Pension abwirft; und wir brauchen ein System, das so ausbalanciert ist, dass die nächste Generation auch noch solide Finanzen und ein funktionierende Pensionssystem vorfindet. Wir werden nämlich im heurigen Kalenderjahr ungefähr 25 Milliarden Euro in die Pensionssysteme buttern. Man kann sagen, das ist viel oder nicht viel, aber schon in drei Jahren werden das 32 Milliarden Euro sein, und durch die hohe Inflation ist wahrscheinlich die Prognose von 32 Milliarden Euro eh viel zu bescheiden.
Wenn wir wollen, dass das System in 30, 40 Jahren noch hält, dann kann man nicht bei jeder ASVG-Novelle noch einmal die Millionen hinausbuttern, wie Sie das machen – wie Sie es bei der Einmalzahlung, bei der Anpassung des Frauenpensionsalters und da jetzt wieder gemacht haben. Jedes Mal hauen Sie das Geld hinaus, und das zahlen die Jungen. (Beifall bei den NEOS.)
Darüber hinaus haben wir eine unfassbare Schere zwischen den verbalen Erklärungen und den Taten. Wir hören hier immer schöne Reden: Die Menschen sollten länger arbeiten, wir müssen uns darum kümmern, dass sie länger im Erwerbsleben verbleiben!, aber die Pensionsregelung wird so geschnitzt, dass es gescheiter ist, im November oder im Dezember in Pension zu gehen als im Jänner. Sie machen das Gegenteil von dem, was Sie sagen.
Staatssekretärin Plakolm hat zwar null Zuständigkeit, aber den Schlapfen weit offen. (He-Rufe bei der ÖVP.) Sie gibt ein Interview nach dem anderen und sagt: Wir müssen etwas tun für das Pensionssystem und für die Jungen! – Und was macht die Regierung? – Das Gegenteil: Auf Kosten der Jungen werden die Milliarden hinausgebuttert. (Abg. Wurm: Für den Schlapfen gibt es einen Ordnungsruf!) – Ich weiß nicht, was es da für einen Ordnungsruf geben soll, wenn ich sage: Auf Kosten der Jungen werden Milliarden hinausgebuttert! Kollege Hammer hat mich gebeten, ich soll das ökosozialistische Geldvernichtung nennen, was ich hiermit gemacht habe. (Abg. Leichtfried: Was ist an der ÖVP sozialistisch? So ein Unfug!)
Die Regierung könnte auch eines lernen: Sie haben in den letzten drei Jahren 45 Milliarden Euro an Hilfsgeldern hinausgebuttert, und wie die Umfragen zeigen, danken es Ihnen die Wähler nicht. Das wäre eine gute Gelegenheit, zu sagen: Dann machen wir doch das Vernünftige statt das Populistische, wenn es die Wähler eh nicht honorieren! – Und das Vernünftige wäre, zu sagen: Gehen wir zurück zur Logik von Wolfgang Schüssel, Rudi Hundstorfer, Alois Stöger und Beate Hartinger-Klein und führen eine Wartefrist im ersten Jahr wieder ein! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hörl: Mit Stöger tu ich mir schwer, Herr Loacker!)
15.57
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.