17.09

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich werde mich bemühen, mich daran zu halten! Lassen Sie mich zunächst auf einen Punkt eingehen, den ich gewissermaßen auch ein bisschen als Kontrapunkt darstellen möchte. Ich nehme das natürlich sehr ernst. Mir ist schon klar, dass es massive Auswir­kungen  gab und gibt, die durch die Pandemie, durch andere Krisen in der psychischen, mentalen Gesundheit von Jugendlichen – nicht nur von Jugendlichen, aber auch – verursacht worden sind. Ich würde aber ger­ne einen Kontrapunkt setzen, um auch zu zeigen, dass junge Menschen in diesem Land trotz aller Krisen Gott sei Dank während der Pandemie etwas gemacht haben, das ich großartig finde.

Ich war gestern bei der Abschlussveranstaltung des Projektes Mutfluencer. Das sind junge Menschen, die sich während der Pandemie zusammengefunden haben und unter Anleitung – mit einer Förderung des Ministeriums im Übrigen, da ist doch einiges Geld hineingeflossen – eigene Projektideen entwi­ckelt haben, von Mobbingberatung an Schulen bis zur Aufklärung über psychi­sche Gesundheit oder der Entwicklung eines Podcasts, mit dem sie jetzt online gehen. Die jungen Menschen haben Webseiten gestaltet, Eigeninitiativen gestartet und wollen das jetzt auch umsetzen und weiter betreiben, sozu­sagen im richtigen Leben nach der Pandemie.

Das ist großartig, da war ein Spirit des Mutes und der Zuversicht vorhanden, und ich möchte das einfach auch hier sozusagen ins Zentrum stellen: Da gibt es auch junge Menschen, die den Willen haben, die entschlossen sind, aus der Pan­demie und ein Stück weit auch aus der Depression der Pandemie rauszu­kommen und nach vorne zu schauen, und genau das ist der Punkt, um den es auch gehen soll.

Und jetzt bin ich bei Ihrem Punkt und bei Ihrem Anliegen: Wir haben im Ministerium eine ganze Reihe von Initiativen gesetzt, nicht nur um Hilfen anzu­bieten, sondern auch – was Ihr Anliegen ist – um in der Ausgestaltung der psychischen Versorgung von Menschen in Österreich einen Schritt weiterzu­kommen.

Ich weiß, Sie schätzen das Projekt Gesund aus der Krise nicht besonders, weil Sie immer sagen, das sei zu klein (Abg. Shetty zeigt mit Daumen und Zeigefin­ger einen geringen Abstand), zu wenig und zu winzig, aber ich kann Ihnen nur sagen, das ist eines der erfolgreichsten Projekte in Österreich im nieder­schwelligen Zugang – genau das, was Sie verlangen.

Es muss normal sein, sich auch mit psychischen, mentalen Schwierigkeiten an jemanden wenden zu können, nicht monatelang auf Beratungsleistungen war­ten zu müssen, sondern das zu bekommen, an Schulen, verteilt über ganz Österreich, mit 700 Beratungseinrichtungen, die sich dem stellen, und da eine Hilfe in Anspruch nehmen zu können, die sehr rasch und sehr zielgerichtet sofort wirkt. Das ist in der Fläche, da sind die Mittel aufgestockt worden, und wir wissen, es geht auch darum, die Beratungsstellen dort aufzustocken und das An­gebot noch weiter zu verbessern. Es ist eine kurzfristige Maßnahme, die sehr rasch wirkt, aber die jedenfalls notwendig ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir erreichen mit der Aufstockung 10 000 zusätzliche Jugendliche. Die be­kommen dann wie gesagt etwa 15 Behandlungseinheiten sehr niederschwellig angeboten.

Wir haben das Fach der Kinder- und Jugendpsychiatrie – auch wichtig, weil wir da einen Mangel festgestellt haben – als Mangelfach eingestuft. Dadurch wird eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ermöglicht. Das ist wichtig, weil es darum geht, das Angebot vor allem auch in der Psychiatrie zu stärken.

Wir haben eine Sonderrichtlinie erlassen: Stärkung der Krisenintervention in Österreich. Krisenintervention ist eines der probaten Mittel, um einen sehr niederschwelligen Zugang zu psychosozialen Hilfeleistungen zustande zu bekommen.

Wir haben im Rahmen der Agenda Gesundheitsförderung im Zeit­raum 2021 bis 2023 14 neue psychosoziale Gesundheitsprojekte gefördert, mit erheblichen Geldmitteln.

Wir haben die Kompetenzgruppe Entstigmatisierung entwickelt. Wir haben einen Ausbau des Angebotes für Psychotherapie als Krankenbehandlung zustan­de gebracht und das Versorgungsangebot ausgeweitet.

Das reicht alles nicht, können Sie zu Recht sagen. Was tun wir in Zukunft? – Wir planen und sind dabei, das Psychotherapiegesetz Neu auszuarbeiten. Das ist eine tragende und zentrale Säule, wenn es darum geht, in Zukunft in Zusammen­arbeit meines Ministeriums mit dem BMBWF und den Berufsvertretungen und den Universitäten eine Reform der Psychotherapieausbildung zustande zu bekommen. Diese Reform soll die Ausbildung akademisieren und Qualitäts­standards sicherstellen. Das halte ich für notwendig, gerade in diesem Feld, weil da mitunter auch Angebote am Markt sind, die nicht die notwendige Quali­tät, nicht die notwendige Sorgfalt und nicht die notwendige Nachhaltig­keit haben. Das muss ich schon auch aus eigener Erfahrung sagen: Der Umgang mit Menschen mit psychischen Behinderungen, psychischen Beeinträchti­gungen, mentalen Schwierigkeiten erfordert Sorgfalt. Wenn da nicht sorgfältig und nach Qualitätsstandards vorgegangen wird, dann kann oftmals mehr Schaden angerichtet werden, als Nutzen gestiftet wird. Das wollen wir nicht.

Diese Reform wird auch einen niederschwelligen und kostengünstigen Zugang zur Ausbildung sichern und ist wie gesagt ein wichtiger Schritt in der Leis­tungsübernahme.

Dann sind wir am Ende des Tages auch beim Geld: Es wird zusätzliche Mittel für die Krankenversicherung brauchen, das ist richtig. Wir gehen davon aus, dass das etwa 40 bis 60 Millionen Euro pro Jahr sein werden. Meine Zielsetzung ist es jedenfalls, dieses Psychotherapiegesetz noch im heurigen Jahr dem Nationalrat zur Beschlussfassung zuzuleiten, was dann auch bedeutet, die dafür notwendigen Budgetmittel – in der Folge im Budget ab­gebildet – sicherzustellen.

Was ich sagen kann und was ich sagen möchte: Ich bedanke mich für die kooperative Zusammenarbeit in diesen Fragen. Es ist in diesem Haus, glaube ich, über Parteigrenzen hinweg angekommen, dass es notwendig ist, da etwas zu tun, und ich würde mir diese Einhelligkeit dann auch wünschen, wenn es da­rum geht, das Psychotherapiegesetz zu beschließen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.16

Präsidentin Doris Bures: Nun steigen wir in die Debatte ein.

Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler, Ihre Redezeit sowie die aller weiteren Rednerinnen und Redner beträgt 5 Minuten. Frau Abgeordnete, bitte.