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Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ein schwarzer Tag, nicht nur für die „Wiener Zeitung“ – ein schwarzer Tag für die Medienvielfalt, ein schwarzer Tag, wie gerade ausgeführt, für die Demokratie.

Die ÖVP hat ja, und das wissen wir aus den vergangenen Jahren, die „Wiener Zeitung“ schon länger am Speisezettel, es ist ihr aber mit früheren Regie­rungspartnern nicht gelungen. Mit den Grünen gibt es jetzt einen Partner, eine Partnerin, der beziehungsweise die diesen Wunsch, die „Wiener Zeitung“ zu zerstören, aufzulassen, exekutiert. Das finde ich besonders enttäuschend.

Es ist eigentlich aus heutiger Sicht noch nicht klar, was aus dem Projekt werden soll. Das Einzige, das Ihnen klar ist, ist: Sie wollen die „Wiener Zeitung“ einstellen und zerstören.

Am Geld, sehr geehrte Damen und Herren, kann es nicht wirklich gelegen sein, weil eine ordentliche Summe an Budget in die Hand genommen wird, um dieses Nachfolgeprojekt, das sehr unklar ist, in manchen Teilen dubios ist, zu finanzie­ren. Es hätten nach Berechnungen der Redaktion 12 Millionen Euro im Jahr genügt, um den Fortbestand dieser wichtigen Zeitung zu sichern; 16,5 Millionen Euro werden in die Hand genommen, aber allerdings nur ein geringer Teil für das Nachfolgeprojekt, das Onlinenachfolgeprojekt der „Wiener Zeitung“, der ältes­ten Tageszeitung der Welt. Sehr schade!

Es ist nicht nur sehr schade, dass Sie diesem Vorschlag der Redaktion nicht nähergetreten sind, Sie haben ja auch den Dialog verweigert und haben mit der Redaktion nicht einmal über ihre Vorstellungen und Vorschläge gesprochen. Diese Tatsache, was Sie hier machen und wie Sie es machen, empört und verbittert Leute.

Ich möchte Ihnen etwas zitieren. Es hat ja kürzlich eine Demonstration anlässlich der Einstellung der „Wiener Zeitung“ stattgefunden, bei der Ihr früherer EU-Kommissar Franz Fischler, liebe ÖVP, gesprochen hat. Helmut Brandstätter hat das gerade in einem kleinen Zitat angesprochen, ich möchte das ein wenig ausführlicher machen.

Er sagt: „Wie weit sind wir gekommen, dass wir dafür demonstrieren müssen, dass es etwas, bei dem seinerzeit Hugo Portisch die Idee hatte, ein Weltkultur­erbe daraus zu machen, in Zukunft überhaupt noch geben könnte? Woher nehmen sich die ahnungsvollen Leuchten des Politikgewerbes, Frau Raab und Frau Blimlinger, das Recht und die Frechheit, dieser 320 Jahre alten Institution den Garaus zu machen? Und leider geht die Sache ja noch viel weiter: Die Demokratie in Österreich ist nicht mehr in dem Maße gesichert, wie sie es einmal war“.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn das ein dermaßen erfahrener und besonnener Mann wie Franz Fischler sagt (Abg. Steinacker: Ihr zitiert aber auch immer gerade, was euch passt, gell?!), dann können Sie sich schon die Tragweite dieser Entscheidung, die Sie heute treffen, entsprechend vorstellen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Wir werden Ihnen durch die namentliche Abstimmung, die wir beantragt haben, die Gelegenheit geben, auch namentlich dazu zu stehen, was Sie hier entscheiden – namentlich dazu zu stehen und in die Geschichte damit einzu­gehen, dass Sie die älteste Tageszeitung der Welt einstellen, dass Sie ein Kultur­gut zerstören, dass Sie die Medienvielfalt gefährden.

Sie können namentlich damit in die Geschichte eingehen, dass Sie eine unabhän­gige, gute Redaktion mit qualitätsvollen Redakteuren zerstören und eine hoch­dotierte Journalistenausbildung unter Kontrolle des Bundeskanzlers einführen, dass Sie in einer Zeit, in der hochwertige, qualitative Berichterstattung so dringend notwendig ist, um der Desinformation etwas entgegenzuhalten, diesen Schritt setzen.

Sie können aber auch in die Geschichte eingehen, indem Sie heute die Notbremse ziehen und nicht alle mitstimmen, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von den Grünen und von der ÖVP, und unserem Rückverweisungsantrag zustimmen. Diskutieren wir das noch einmal im Verfassungsausschuss! Schauen wir uns Modelle an und verwirklichen wir so das Moratorium von 18 Monaten, das die Redaktion sich wünscht, um entsprechende Rettungsmodelle auszuarbeiten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

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