19.04
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bin erstens sehr, sehr positiv überrascht davon, dass wir dieses Thema hier endlich angehen können. Es hat ja ein Jahr gebraucht, bis wir überhaupt in diese Debatte hineingekommen sind und es geschafft haben, auch hier im Parlament endlich über die Österreichische Sicherheitsstrategie zu sprechen. Es ist etwas, was längst überfällig ist.
Ich glaube, es sind sich mittlerweile alle einig – wie gesagt, bei den Regierungsparteien hat es sehr lange gebraucht –, dass sie einfach veraltet ist. Wir haben eine Sicherheitsstrategie – das wissen Sie als Zuschauerin und Zuschauer mittlerweile ja auch, weil es auch in allen Medien Thema war –, die wirklich veraltet ist, in der die Situation mit diesem von Russland ausgelösten Angriffskrieg gegen die Ukraine einfach nicht abgebildet ist. Im Gegenteil: Russland wird sogar als wichtiger Partner von uns, gleichrangig mit europäischen Partnern oder mit den USA, genannt. Das ist natürlich etwas, was wir aus sicherheitspolitischer Position nicht akzeptieren können.
Die Problematik, die wir jetzt haben, ist, dass zwar endlich eine Diskussion angekündigt wurde – man muss ja dazusagen, die Diskussion findet noch nicht wirklich statt, wir haben nur die Ankündigung, dass wir darüber diskutieren werden; das ist schon einmal der erste Schritt –, aber uns von den Regierungsparteien gleich einmal Denkverbote auferlegt werden und gesagt wird: Na ja, manche Dinge sind nicht zur Diskussion. (Abg. Stögmüller: Das ist bei der SPÖ!) – Es ist gerade aus sicherheitspolitischer Perspektive natürlich ein großes Thema, zu sagen: Na ja, wir diskutieren nur über einen Teil davon.
Das Spannende ist, das habe ich heute gelernt – Kollege Einwallner läuft schon weg – (Abg. Stögmüller: Der Wehrsprecher der Herzen!): Bisher war auch die SPÖ dieser Meinung, bisher hat auch die SPÖ gesagt: Denkverbote, die Neutralität ist in Stein gemeißelt. – Kollege Einwallner hat heute eine Positionsanalyse gemacht und ist draufgekommen, dass die SPÖ wie auch bei vielen anderen Themen mit dieser Position am Holzweg ist, hat das heute hier gerade geändert und gesagt, er will eine offene Diskussion. (Abg. Laimer: 77 Prozent geben uns recht! Eine Gallup-Studie diese Woche! 77 Prozent!) Ich finde das etwas sehr Positives und sehr zu begrüßen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
Kollege Einwallner ist in dieser Debatte schon fast mein Landesverteidigungssprecher der Herzen geworden. Das muss man auch sehr positiv erwähnen. (Heiterkeit und Beifall bei NEOS und Grünen sowie Heiterkeit bei der SPÖ.)
Jetzt aber zur Ernsthaftigkeit in dieser Debatte zurück, denn es ist ja nicht lustig, es geht ja um sehr viel, es geht um die sicherheitspolitische Ausrichtung Österreichs für die nächsten Jahre.
Frau Bundesministerin, Sie haben mit dem Landesverteidigungsbericht einen ersten Schritt gemacht, den ich auch sehr begrüße, was ich hier in der Debatte auch untermauern möchte. Das ist ein fachlich hochwertiges Dokument, das Sie oder primär Ihre Mitarbeiter:innen im Ressort, vermute ich, ausgearbeitet haben, das die Basis dieser Diskussion sein soll. Dafür möchte ich danken.
Ich verstehe allerdings zwei Dinge an diesem Papier nicht: Einerseits verstehe ich bis heute nicht, warum das nicht öffentlich gemacht wird, sondern hier im Parlament – das muss man fairerweise sagen – den Landesverteidigungssprechern zugegangen ist. Gerade für eine gute Diskussion muss das aber ein öffentliches Dokument sein, mit dem auch Expertinnen und Experten arbeiten können, um auch die nächsten Schritte in der Diskussion angehen zu können.
Das Zweite, was ich befremdlich finde, ist: Der Bundeskanzler hat hier im Haus schon damals bei unserer Sondersitzung zum Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine angekündigt, dass er die Österreichische Sicherheitsstrategie überarbeiten will. Er hat dann noch einmal in seiner Autofahrer-sind-nicht-böse-und-ich-bin-jetzt-doch-für-Dieselmotoren-Rede zur Lage der Nation – Perspektive 2030 oder so irgendwie hat das geheißen – gesagt, dass das jetzt ein Thema ist. Er hat es dann ein drittes Mal gemeinsam mit dem Vizekanzler angekündigt und hat gesagt: Ja, wir gehen jetzt die ÖSS an, und es wird einen Prozess geben.
Gut, das ist mittlerweile alles schon einige Monate her. Passiert ist seitdem nichts, passiert ist seitdem wieder einmal nichts. Das ist übrigens eine Sache, die wir in anderen Bereichen bei dieser Bundesregierung schon sehr oft gesehen haben und übermäßig oft sehen. Es ist seitdem nichts passiert.
Es gibt auch jetzt wieder eine Ankündigung durch diesen gemeinsam Antrag im Ausschuss, dass das Parlament eingebunden wird, aber bis heute weiß niemand, wie das Parlament eingebunden wird. Die Problematik, die wir haben, ist: In all diesen Ankündigungen wurde gesagt: Na ja, wir machen das bis Jahresende. – Die Zeit tickt, Frau Bundesministerin, wir brauchen die Österreichische Sicherheitsstrategie eigentlich schon seit über einem Jahr, und bis jetzt ist nichts geschehen. Ich habe leider die Vermutung oder die Befürchtung, dass uns genau dasselbe passieren wird wie bei vielen anderen Materien, die diese Bundesregierung bearbeitet hat, nämlich am Ende nichts.
Ein Beispiel dafür haben wir: das Krisensicherheitsgesetz. Das Krisensicherheitsgesetz wurde groß angekündigt: Man macht eine breite Einbindung, die Oppositionsparteien sollen mitmachen, das ist ein gesamtstaatliches Interesse. – Das unterschreibe ich alles, nur am Ende des Tages ist nichts passiert. Es gab keine Einbindung der Oppositionsparteien, es gab ein miserables Gesetz, das von allen Expertinnen und Experten zerlegt wurde.
Genau vor dieser Situation stehen wir leider wieder. Das ist etwas, was ich nicht befürworten kann und was ich sicherheitspolitisch bedenklich finde. Diese Bundesregierung kündigt sicherheitspolitisch andauernd an, setzt aber nicht um, und das ist nicht zur Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. Dementsprechend müssen wir schnell in die Gänge kommen und dürfen nicht weitere Tage, Wochen und Monate verlieren. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den NEOS.)
19.09
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.