0.16

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Von den Vorrednern sind einige Punkte angesprochen worden und ich möchte kurz darauf eingehen.

Herr Abgeordneter Stocker hat gemeint, die Unterstützung durch das BMI sei von der Volksanwaltschaft nicht entsprechend gewürdigt worden und es gäbe Bedenken dazu. Wir haben dazu auch eine entsprechende Darstellung gemacht.

Schon zu Beginn, noch bevor die Untersuchung begonnen hat, war ich persön­lich mit meiner Spitzenbeamtin aus diesem Geschäftsbereich beim Innenminister und seinem Kabinettschef, und wir haben bereits dort vorab gesagt, wie wir uns diese Prüfung vorstellen; denn es war uns auch ein großes Anliegen, dass bei dieser Prüfung keine erhobenen Daten, Fotokopien, was auch immer, an die Öffentlichkeit kommen.

Das ist uns durch das Vieraugen- oder das Sechsaugenprinzip bei Aktenein­sichten, Aktenverwahrung und vor allem auch durch die Arbeit direkt vor Ort im BVT, wo uns die Unterlagen gezeigt wurden, wo Gespräche stattfanden, auch tatsächlich gelungen. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass aus der Volks­anwalt­schaft nichts, was der Amtsverschwiegenheit unterliegt, an die Öffentlichkeit gekommen ist, nicht einmal ein halber Beistrich. Dafür danke ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Wenn so ein Bericht vorliegt, dann gibt es – und das freut mich ganz beson­ders – seitens des Parlaments, seitens der Parlamentsfraktionen, seitens der Abgeordneten auch Anfragen. Infolge unseres Berichtes ganz konkret habe ich aktuell eine Anfrage von Frau Abgeordneter Krisper gesehen und auch die Anfragebeantwortung dazu, die auch auf die Frage eingeht, ob für das Innen­ministerium aufgrund einer internen Kommission und aufgrund der Tatsache, dass gegen Beamte des BVT respektive konkret des LVT ein Strafverfahren anhängig ist, eine Verpflichtung besteht, Akten zu liefern.

Wir haben die Rechtsmeinung in unserem Bericht – Herr Abgeordneter Stocker, als Rechtsanwalt können Sie das sicherlich am besten ermessen – anhand von Juristenmeinungen dargestellt. Es waren beispielsweise jene von – nur ganz kurz – Herrn Universitätsprofessor Thienel, Präsident des Verwaltungsgerichts­hofes, Frau Universitätsprofessor Kucsko-Stadlmayer, die als Richterin von Österreich an den EGMR entsandt wurde, und, und, und. Wir haben dargestellt, warum eine Verpflichtung besteht und warum im Innenministerium ein Rechtsirrtum vorgelegen ist.

In der Anfragebeantwortung steht nur, der Sektionschef habe sie derart beantwortet, weil andere Juristen diese Meinung haben. Ich würde mich gerne auf eine intellektuelle Auseinandersetzung, auf eine juristische Auseinander­setzung einlassen, wenn mir diese Juristen auch namentlich genannt würden. Was ich von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und auch von den anderen Geschäftsbereichen sagen kann: Wir sind auch in der Volksanwaltschaft als Institution auf höchstem juristischen Niveau. Sie würden sich das auch sehr gerne anschauen, weil es uns auch insoweit die Arbeit erleichtert.

Es gibt aber einen Unterschied zu einer Individualbeschwerde – da würden alle Argumente, die Sie genannt haben, zutreffen. Es gibt aber eben auch die amtswegige Untersuchung, und da glauben wir, dass wir eindeutig die stärkeren Argumente dafür haben, dass sehr wohl eine Auskunftspflicht besteht.

Interessanterweise, nachdem wir es beim Innenministerium nicht bekommen haben und aus Zeitgründen nicht den Weg zum Verfassungsgerichtshof gegangen sind – der hätte das dann klären können –, hat de facto ein Schreiben an das Justizministerium genügt, damit man uns diese Unterlagen zur Verfügung stellt. Selbstverständlich war nicht der Anspruch, dass sich die Volks­anwaltschaft in die Arbeit der Justiz einmischt, aber Ermittlungsergebnisse, die dort aufliegen, werden uns zur Würdigung von Verwaltungsmissständen ohne jegliche zeitliche Verzögerung zur Verfügung gestellt.

Es war auch nicht nur so, dass es eben ein versuchter Munitionskauf war, sondern es waren mehrere Faktoren. Es wurden bereits einige hier aufgezählt, zum Beispiel, dass wenn man das Programm Radar-iTE mit mehreren Fakten gespeist hätte, wahrscheinlich irgendwo ein großes Alarmblinklicht angegangen wäre: höchste Gefahr! Der Mann war verurteilt – das ist schon erwähnt worden –, stand unter Beobachtung, weil er an einem Radikalentreffen in Wien teilnahm; nicht aufgrund österreichischer Ermittlungen, sondern der deutsche BND hat gesagt: Da kommen welche nach Österreich, schaut, mit wem er sich trifft!

Unsere Verfassungsschützer sagen: Schaut her, das ist Herr K. F., der schon verurteilt worden ist, der trifft sich jetzt mit den Radikalisierten! Der ist auf freiem Fuß, momentan bedingt entlassen befindet er sich in einem Deradika­li­sierungsprogramm. Was macht man in einem Deradikalisierungsprogramm? – Man geht zu radikalen Islamisten. Da müssen wirklich schon irgendwann die Alarmanlagen losgehen.

Das ist eigentlich unser Vorwurf: Bei der Terrorbekämpfung kann man nicht wie irgendwo auf einem normalen Amt vorgehen, wo man mit Stempelmarken, mit einem Stempel in vierfacher Ausfertigung etwas macht, sondern dort müssen die Menschen eigentlich dafür brennen, dass sie sagen: Wir setzen uns ein!

Und es waren diese LVT-Bediensteten, die in der ersten Minute trotz eines unscharfen Bildes gesehen haben: Das ist doch der, den wir verhaftet haben! Dann hat man eigentlich seitens der vorgesetzten Stelle BVT gesagt: Das wollen wir vom slowakischen Waffenhändler aber genauer wissen! – Für mich persönlich haben Polizeibeamte, die bei einem unscharfen Foto sagen: Das ist der!, das geschultere Auge, sodass sie eigentlich sofort zu springen hätten beginnen müssen – abgesehen von anderen Möglichkeiten.

Herr Abgeordneter Stocker, um schließlich zum letzten Punkt zu kommen: Das Innenministerium sagt, es hat keine Berichtspflicht gegeben, weil die Verdachts­lage zu keinem Zeitpunkt ausreichend war. – Das ist die Stellungnahme des Innenministeriums. In den Beschuldigtenaussagen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BVT und des LVT haben diese gesagt: Wir wussten, dass es eine Berichtspflicht gibt, wir hätten es ja auch gemacht, nur leider Gottes kam uns der Attentäter zuvor! – Die Mitarbeiter sagen also, dass es eine Berichtspflicht gab, das Innenministerium sagt, es gibt keine. Welche Schlüsse sollen wir daraus jetzt eigentlich ziehen?

Ja, es gab viele Indizien. Operation Luxor: Es ist tatsächlich so, dass durch die Operation Luxor der Polizist einer Eliteeinheit der Polizei, weil diese dort zusammengezogen wurde, mit einem Einsatzwagen zu McDonaldʼs gefahren ist, um sich eine Abendjause zu kaufen, als der Terrorist dann am Schwedenplatz durch die Gegend gelaufen ist. Dieser Polizist hat dann das getan, wofür er jahrelang ausgebildet wurde. Er hat wirklich mehr Unheil für Menschen, die sich in Österreich befunden haben, verhindern können. Meine Hochachtung, das ist ein Nebeneffekt der Operation Luxor.

Damit bin ich bereits bei der Anregung von Herrn Kollegen Stögmüller: Ja, man kann sich noch sehr viel anschauen. Ich weiß, dass die Operation Luxor bereits höchstgerichtlich abgehandelt wurde beziehungsweise dass es rechtskräftige Entscheidungen gibt, dass da manches überschießend war. Man kann sich auch das anschauen und ob das tatsächlich Kräfte gebunden hat, nur im konkreten Fall haben wir einen Missstand in der Verwaltung angeschaut und aufgezeigt.

Es gibt auch im Nachfolgekonstrukt, der DSN, einen Punkt, den wir uns anschauen können, Herr Kollege Stögmüller, denn wir hören aus dem früheren BVT und LVT, dass bei den Bediensteten dort eine Art Mobbing stattfindet, sodass Menschen aus dieser Nachfolgeorganisation weggehen. Letztlich sieht man das auch in den Medien. Ein relativ hoher Beamter, ich glaube, es ist sogar der stellvertretende Leiter gewesen, wenn ich mich richtig erinnere, hat auch seine Tätigkeit dort – unter Anführungszeichen – „aufgegeben“. Und wenn sich so etwas verdichtet, dass beim Personal dort einiges schiefliegt, dann wäre das durchaus ein Prüfungspunkt.

Ich hoffe, das findet auch die Zustimmung der Abgeordneten, denn die Volksanwaltschaft ist ein Hilfsorgan des Parlaments und wir wollen Ihnen für Ihre Entscheidungen, für Ihre gesetzlichen Initiativen zuarbeiten.

Die DSN ist ja letztlich auch Ausfluss dessen, dass es dieses Attentat gegeben hat. Wir haben auch aus den Anfragebeantwortungen gesehen, dass es Schulungen und so weiter gibt, dass man also durchaus daraus lernen möchte. Letztlich wären aber diese Fehler, die dort passiert sind, wahrscheinlich auch durch die beste Organisation oder mit Schulungen nicht zu verhindern gewesen, weil es dort offensichtlich ein menschliches Problem gegeben hat. Es haben die Menschen, die dabei waren, in einem Verfahren versagt, das wie ein Strudelteig, wie man so schön sagt, in die Länge gezogen wurde.

Das heißt nicht, dass man dieses Attentat zu 100 Prozent hätte verhindern können, aber man hat insbesondere den Justizdienststellen, Untersuchungs­richtern und Staatsanwälten, durch eine mangelnde Berichtsmöglichkeit die Chance genommen, infolge eines richtigen Handelns früher einzuschreiten. Es ist noch immer so, dass es sogar bei einer allfälligen angeordneten Festnahme zu einer Panne kommen könnte et cetera. Das gibt es immer noch, aber mit dem Wissen von heute, dass sich der Attentäter an seiner Wohnadresse aufgehalten hat et cetera, hätte man bei einer bestimmten sachgemäßen Reaktion durch die Gerichte, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätten, und Anordnungen auf entsprechendem kriminalistischen Niveau dieses Attentat wahrscheinlich verhindern können. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

0.27

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Peter Weidinger zu Wort. – Bitte.