12.56
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! An Sie möchte ich mich jetzt hier besonders wenden, ganz besonders an die Wählerinnen und Wähler der Freiheitlichen Partei. Was wir jetzt gerade wieder hier gesehen haben, ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: Die Wahrheit! Die reine Wahrheit, Frau Kollegin! Die reine Wahrheit!)
Herr Kickl stellt sich hier heraus und redet – in einer Tonalität, die ich jetzt einmal beiseitelasse und gar nicht kommentiere – über Regierungsfähigkeit, weil er dann ja so gerne regieren würde und das leider in manchen Bundesländern auch tut. (Abg. Kickl: Sie sind ein Paradebeispiel von Regierungsfähigkeit!)
Wenn man die Freiheitliche Partei daran misst, was sie tatsächlich tut (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – und das richtet sich an die Wählerinnen und Wähler der Freiheitlichen Partei – (Zwischenruf des Abg. Hafenecker): Diese Partei lügt Ihnen ins Gesicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Diese Partei tut so, als hätte sie etwas übrig für die sogenannten kleinen Leute, wie das die Freiheitliche Partei formuliert. (Abg. Kickl: Ich glaube, Sie wissen gar nicht, wer das ist!) Diese Partei behauptet, Sie würde sich für die sozial Schwachen einsetzen. (Abg. Wurm: Genau! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Hafenecker: Sagt die Gucci-Fraktion!) Diese Partei saß schon einmal auf der Regierungsbank, wir erinnern uns. Bei der Freiheitlichen Partei ist es immer dasselbe: Oppositionsbank, Regierungsbank, Anklagebank. Wir erinnern uns an Ibiza. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Wer sitzt auf der Anklagebank? – Abg. Kickl: Freispruch haben Sie vergessen! – Zwischenruf der Abg. Steger.)
Sie waren Minister, und wenn man Sie an Ihren Taten misst und daran, was Sie für die Menschen tun: Wir hatten da eine Sozialministerin – Sie waren damals Innenminister, Herr Kickl –, die der Meinung war, 150 Euro Mindestsicherung seien genug, das gehe sich aus (Abg. Belakowitsch: Hat sie nicht gesagt! ... Inflationsrate gegeben!) – Hartinger-Klein, Ihre Ministerin.
Sie haben mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz riesigen Schaden im österreichischen Sozialsystem angerichtet (Abg. Kickl: Erzählen Sie uns was gegen die Teuerung!), das war ein starker Schlag gegen die armutsgefährdeten Menschen in Österreich. (Abg. Kassegger: Wirklich eine argumentativ hochwertige Rede, Frau Kollegin! Ein Argument nach dem anderen!) Das sind Ihre Regierungsentscheidungen gewesen. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist absolut heuchlerisch, sich hierherzustellen und so zu tun, als würden Sie die Interessen der armen Menschen vertreten, denn das Gegenteil ist der Fall. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: 1 000 Mal mehr als Sie!) Wenn der Vizekanzler zu Recht erneut die Forderung nach einer Millionärssteuer aufbringt, weil es gerecht ist, wenn die Superreichen in diesem Land ihren fairen Beitrag leisten (Abg. Belakowitsch: ... sagt ..., das zahlen die Reichen!), dann reiten Sie zuallererst aus und sagen, es ist eine Belastung. Sie haben null übrig für die Menschen, denen es wirklich schlecht geht. Das ist Ihr Populismus, Sie wollen Stimmen fangen, aber ihre Interessen vertreten Sie in keiner Sekunde. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Sie werden es noch erleben! Sie werden es noch erleben! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Sie stellen sich hier so als Antisystempartei her und reden über die Einheitspartei, die gegen Sie gerichtet ist (Abg. Belakowitsch: Ist ja so! Ist ja so! – Ruf bei der FPÖ: ... Wortmeldung!), Sie als einer der am längsten dienenden Berufspolitiker in diesem Land, Sie, die Sie seit Jahrzehnten Reden schreiben, seit Jahrzehnten in Ihren Reden gegen die österreichische Bevölkerung, gegen die Menschen, die zu uns zuwandern, hetzen (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch – Abg. Hafenecker: Geh bitte! – Zwischenruf der Abg. Steger – Abg. Kickl: ... es brennt der Hut!) – das ist Ihre Politik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Kassegger.) Es ist absolut heuchlerisch, so zu tun, als hätten Sie ein ernsthaftes Interesse an der Situation der Menschen.
Sie haben es in der Vergangenheit bewiesen: Ihre Sozialpolitik richtet sich nach unten, und Sie können noch so lange behaupten, dass Sie das Gegenteil tun würden – es ist einfach nicht die Wahrheit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Sie werden es erleben! – Abg. Hafenecker: Gehen Sie wieder auf die Galerie und schmeißen Sie Zettel herunter! – Abg. Kickl: Sagen Sie bitte etwas zu den Inflationsursachen!)
So, zu meiner eigentlichen Rede (die Abgeordneten Belakowitsch und Wurm – erheitert –: Ah ja! – Abg. Kassegger: Was war das bisher?): Zu den hohen Preisen haben wir heute eine Sondersitzung – ein sehr ernstes Thema, und es ist richtig und wichtig, dass wir das hier im Parlament, im Nationalrat diskutieren. Mein Wunsch wäre, dass wir das konstruktiv tun und dass wir gemeinsam gute Lösungen finden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber allein der polemische Titel dieser Sondersitzung zeigt ja schon, dass es hier nicht um Lösungen geht, sondern um Profilierung. (Abg. Kassegger: Das war jetzt eine Beschimpfung!) Das ist natürlich Ihr Recht, aber es ist nicht verantwortungsbewusst und es ist nicht ehrlich den Menschen gegenüber, die Antworten auf ihre Probleme erwarten. (Beifall bei den Grünen.)
Wir Grüne konzentrieren uns seit Beginn dieser Teuerungskrise auf diese Antworten. (Abg. Belakowitsch: Was? Seit Beginn?) Seit Ende 2021 haben wir verschiedenste Maßnahmen gesetzt, angefangen bei den Direkthilfen, vor allem für jene, bei denen das Geld schon vor der Teuerung knapp war. Der erhöhte Klimabonus zum Beispiel hat breite Entlastung geschaffen. Diese Maßnahmen wirken, die Menschen haben dadurch mehr Geld im Börserl. (Ruf bei der FPÖ: Glauben Sie das selber?)
Es ist objektiv messbar: Österreich steht bei der Kaufkraft im EU-Vergleich – wir haben es schon gehört – sehr gut da. (Abg. Hafenecker: Was kostet Ihr Champagner jetzt?) In Ländern wie Spanien und Portugal, die da jetzt zitiert werden, in denen massiv in die Preise eingegriffen wurde, sinkt die Kaufkraft. Sie haben eine hohe Arbeitslosigkeit. Die Inflation ist dort niedriger, ja, aber niedrige Preise bringen nichts, wenn die Leute trotzdem nicht das Geld haben, um sich etwas zu kaufen. Es reicht also nicht, nach einfachen Lösungen zu schreien wie: Einfach einen Deckel drauf! – Das ist zu wenig, Frau Rendi-Wagner. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Deshalb hat die Bundesregierung die schweren Brocken angepackt und strukturelle Verbesserungen geschaffen, die die Sozialdemokratie nicht geschaffen hat. Wir haben erstmals alle Sozial- und Familienleistungen an die Inflation angepasst. Das passiert dauerhaft, für rund 1,3 Millionen Menschen in Österreich bringt das jeden Monat mehr Geld. Das ist das Gegenteil von Einmalzahlungen, die einfach nur verpuffen. Diese Valorisierung hat die SPÖ immer gefordert und sie hat sie nie durchgesetzt. Das war, wie Sie, Kollege Leichtfried, sagen würden, ein Totalversagen der SPÖ in dieser Frage. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir Grüne wollen, dass gutes Leben für alle leistbar ist, deswegen setzen wir all diese Maßnahmen, mit denen wir die Teuerung dämpfen. Die Stromkostenbremse beispielsweise, die Elektrizitätsabgabe, die Erdgasabgabe, das sind inflationsdämpfende Maßnahmen. (Abg. Kassegger: Also so etwas zu sagen, dass die Stromkostenbremse inflationsdämpfend ist, zeigt, Sie haben überhaupt keine Ahnung!) Dass die Inflation langsamer sinkt als erwartet, liegt auch an den hausgemachten Problemen der Vergangenheit, und auch dagegen arbeiten wir Grüne gezielt. Das bedingt beispielsweise die hohe Abhängigkeit von fossilen Energieimporten oder die Konzentration der Marktmacht auf vier große Supermarktketten.
An dieser Stelle muss ich auch noch einmal sagen: Die Chuzpe zu haben, als Vertreter des Handels, der 95 Prozent des Marktes abdeckt, vom Greißlersterben zu sprechen, das halte ich für total fehl am Platz – ebenso wie die Haltung, zu jeder vorgeschlagenen Maßnahme, egal ob es um Preistransparenz oder um ein freiwilliges Einfrieren von Preissteigerungen geht, Nein zu sagen. Das ist ganz sicher der falsche Weg und eine Frechheit des Handels gegenüber den österreichischen Bürger:innen. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist auch der Grund dafür, dass wir dieses Paket geschnürt haben, das wir am Mittwoch präsentiert haben, inklusive eines Transparenzberichtes, was die Preise betrifft, das vom Landwirtschaftsministerium eingebracht werden wird, und ebenso einer Stärkung der Wettbewerbsbehörde. Man muss denen offensichtlich auf die Finger schauen, denn es kann sich niemand erklären, wie das gehen kann und warum diese Preise so extrem hoch sind und weiter steigen. Das kann mir niemand erklären, wenn die Bauern so wenig dafür bekommen. Dass der Preis deswegen so hoch sein muss, das geht sich nicht aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Ihre Zeit ist abgelaufen!)
Wir werden über die Maßnahmen heute sicher noch Genaueres hören.
Wir alle hier gemeinsam, wir, alle Abgeordneten, sind politisch verantwortlich dafür, dass wir die Menschen gut durch schwierige Zeiten bringen, mit richtigen Lösungen, mit konstruktiven Ansätzen und Ansätzen, die funktionieren, in der Bundesregierung ebenso wie in den Ländern und Gemeinden. Dafür kämpfen wir Grüne in dieser Regierung gemeinsam mit der ÖVP jeden Tag. Ich rufe auch die Opposition dazu auf, sich konstruktiv zu beteiligen und die Fakenews einzustellen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.04