14.27
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Werte Vertreter der Bundesregierung! Kollegin Doppelbauer, ich darf vielleicht aufklären: Was Kollege Leichtfried gesagt hat, ist, dass wir keinen Gesetzesvorlagen der Regierung mehr zustimmen werden (Abg. Michael Hammer: Jetzt kommt einmal Babler!), wenn sich nicht endlich etwas bei der Inflationsbekämpfung tut. Ich glaube, diesen Teil haben Sie überhört oder vergessen oder ich weiß nicht. Das ist nämlich dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scherak: Aber trotzig wie ein Kleinkind ist das auch!)
Mich hat hier im Hohen Haus vor zwei Tagen bei einer Parlamentsführung eine Frau etwas gefragt. Sie hat gesehen, dass es diesen Gipfel gegeben hat, sie hat Nehammer im Fernsehen gesehen (Abg. Steinacker: Den Herrn Bundeskanzler Nehammer!) und wollte wissen, ob bei den Preisen jetzt eigentlich endlich etwas passiert, weil sie sich das Einkaufswagerl nicht mehr leisten kann, wenn es halb voll ist. (Ruf bei der ÖVP: Das soll sie eh im Geschäft lassen! – Rufe bei der SPÖ: Das ist ja ein Wahnsinn! Erbärmlich! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)
Finden Sie das lustig? Ich musste hier stehen und sagen: Nein, es wird kein einziger Preis gesenkt, es wird bei keinem einzigen Preis eingegriffen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die Situation: nach monatelanger Rekordinflation keine einzige Preissenkung, obwohl es diesen groß medial inszenierten Lebensmittelgipfel gab. Der Erfolg: null. Dass es Ihnen selbst nicht zu peinlich war, einen Gipfel abzuhalten, der de facto zu keinem Ergebnis geführt hat! (Ruf bei der ÖVP: Wo ist das Ergebnis der SPÖ-Abstimmung? – Zwischenruf des Abg. Loacker.)
Das ist ja wirklich etwas – wie nervös die ÖVP hier versucht, abzulenken. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Hörl: Diese ganze Sitzung ist eine Ablenkung!) Es ist Ihre Leistung, die dazu führt, dass kein einziger Preis niedriger wird. Nichts wird billiger, während einer halben Million Menschen in Österreich das Geld für eine warme Mahlzeit pro Tag fehlt. Wir erfinden diese Zahlen nicht. Das sind die Zahlen des Herrn Sozialministers. Das sind die Zahlen, die die Regierungsvertreter sehr gut kennen, und trotzdem werden sie nicht aktiv.
Es ist eine halbe Million Menschen, die im Zahlungsrückstand ist, was die Miet- und Energiekosten betrifft. Auch das sind die Zahlen Ihrer Regierung. Eine halbe Million Menschen muss jetzt Schulden machen, um sich das Alltäglichste leisten zu können, und Sie machen hier irgendwelche Witze! Es ist Zeit, in einem der reichsten Länder der Welt in die Preise einzugreifen! (Beifall bei der SPÖ.)
Währenddessen sehen wir, dass auf der anderen Seite Rekordgewinne eingefahren werden, dass auch die Zahl der Millionär:innen und Milliardär:innen steigt. (Die Abgeordneten Hörl und Zarits: Ja, ja! Oh Gott!) Und der Punkt ist, dass die Umverteilung, die stattfindet, sodass im Geldbörserl der Menschen immer weniger bleibt, ja politisch gewollt ist. Wir haben ein Preisgesetz, das für Krisensituationen vorsieht, dass man in die Preise eingreifen kann und dass auch Informationspflichten zur Anwendung kommen können.
Wir könnten schon längst eine Preiskommission einsetzen, die genau kontrolliert: Wo ist eine gerechtfertigte Preissteigerung und wo ist keine gerechtfertigte Preissteigerung? Wo halten Konzerne offensichtlich absichtlich die Preise hoch, damit sie fette Gewinne einfahren können? Wo wird Preiswucher betrieben?
Wir könnten so eine Kommission heute beschließen, die auch befugt wäre, für jene Unternehmen, die sich da bereichern, hohe Strafen zu verhängen. Wo ist da der Beschluss? Wo ist da jetzt der Rausruf? Das könnten wir heute beschließen, aber davor halten Sie sich die Augen zu. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir könnten heute die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel streichen und damit jedes einzelne Lebensmittelprodukt sofort um 9 Prozent billiger machen – vorausgesetzt dass es eben eine Preiskommission gibt, die darauf achtet, dass die Mehrwertsteuersenkung wirklich gleich direkt an die Konsument:innen weitergegeben wird.
Selbst konservative Wirtschaftsexpert:innen fordern das doch von Ihnen ein. Was ist mit denen? Halten Sie sich die Ohren zu? Ich weiß es nicht. Die wollen Sie nicht einmal ernst nehmen. Es ist nicht nur die Sozialdemokratie, die das einfordert, sondern sämtliche Experten und Expertinnen sagen, die Lebensmittel sind zu teuer. Reagieren Sie endlich darauf! (Beifall bei der SPÖ.)
Dann erklären Sie uns tatsächlich: Nein, das geht nicht wegen der Greißler! – 95 Prozent des Marktanteils entfallen auf Rewe, Spar, Lidl und Hofer, aber Sie sagen, es geht nicht wegen der Greißler? Ja wer soll Ihnen das denn bitte glauben? Das ist wirklich lächerlich, was Sie hier machen. (Beifall bei der SPÖ.)
Dazu sagen Sie auch nichts. Die Bundesregierung ist wie die berühmten drei Affen, die sich jeweils Augen, Ohren und Mund zuhalten, allerdings alle drei gleichzeitig. Währenddessen bekommen Kinder kein frisches Obst mehr, weil ihre Eltern es sich nicht leisten können. Eltern haben jeden Tag Bauchweh, weil sie sich um die ausgewogene Ernährung ihrer Kinder Sorgen machen müssen. Und Sie halten alles zu, was irgendwie die Realität auf den Punkt bringen würde. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!)
Ich komme schon zum Schluss: Die Tatsache, dass Sie selbst in dieser schweren sozialen Krise immer noch Klientelpolitik machen, ist erschütternd. Wenn wir über die Energiekonzerne sprechen, dann sprechen wir es doch ehrlich aus: Seit über einem Jahr weigern Sie sich, eine wirklich gescheite Energieabschöpfung auf den Tisch zu legen. Sie haben lediglich irgendeinen lauwarmen Kompromiss beschlossen, der die Energiekonzerne genau gar nicht getroffen hat.
Seit über einem Jahr haben wir zig Anträge eingebracht, mit denen wir uns dafür eingesetzt haben, dass man diese Milliarden nicht liegen lässt, sondern sie zurückholt und den Konsumenten und Konsumentinnen zurückgibt. Daraufhin haben Sie immer gesagt: Nein, nein, nein, braucht es nicht! – Jetzt ist die Erkenntnis anscheinend doch da, aber was ist? – Es ist schon wieder nur Schall und Rauch. Wir beschließen heute nicht eine höhere Gewinnabschöpfung, sondern es ist wieder nur eine Ankündigung Ihrerseits, aber kein Beschluss. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Geht’s noch? Dann bringen Sʼ ein! Wir bringen das Gesetz ein! Das ist Demokratie, Frau Kollegin!)
Sollen wir es einbringen? (Abg. Wöginger: Ja, ...!) – Sehr gut. Wir haben gerade das Versprechen bekommen. Wenn wir den Antrag einbringen, dann stimmen Sie mit? (Abg. Wöginger: Wir bringen ihn ein! – Zwischenruf der Abg. Diesner-Wais.) Wieso haben Sie seit über einem Jahr nie zugestimmt? (Abg. Wöginger: ...zustimmen!) Wir sagen die ganze Zeit schon, die Übergewinne gehören abgeschöpft. Nichts ist passiert. Milliarden wurden liegen gelassen (Beifall bei der SPÖ – Abg. Wöginger: Geh! Ja, ja! So ist es in Wien!), und jetzt kommen Sie schon wieder mit einer Ankündigung daher. Die Ankündigungen werden nicht länger reichen. Preise müssen runter! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: ... nicht erzählen! In Wien erzähl deinen Schmäh! – Abg. Leichtfried: Geh in den Landtag! – Abg. Wöginger: Was, ich? – Abg. Leichtfried: Du, und alle anderen, die sich zu Wien gemeldet haben! – Abg. Wöginger: Ja, ja, genau!)
14.33
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. – Bitte sehr.