11.21
Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die uns hier im Hohen Haus wieder einmal besuchen und die uns auch von zu Hause – oder von wo immer Sie unterwegs sind – zuhören! Ich habe auch in dieser Debatte, in der Aktuellen Europastunde, aufmerksam zugehört, viel Bekanntes gehört, viel Interessantes, vieles, dem ich beipflichten kann, aber auch manches, dem ich vielleicht widersprechen möchte oder zu dem ich gerne etwas dazustellen möchte.
Zum einen – und ich möchte meinen Eindruck einfach auch noch einmal erwähnen, weil ich es sehr schade finde und weil es mir leid tut –: Ich verstehe natürlich, dass es in der aktuellen Situation in der SPÖ andere Themen gibt, die beschäftigen und bewegen, und vielleicht ist man aufgrund von gestern heute noch nicht da. (Abg. Holzleitner: Wir haben zur Sache gesprochen! – Abg. Höfinger – in Richtung Abg. Holzleitner –: Contenance, Frau Kollegin! – Abg. Holzleitner: Nein, aber ...!) – Ich verstehe, dass da auch viel Leidenschaft ist, aber vielleicht, und ich komme zur Sache, liegt es auch am Thema. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wenn man so ein bisschen die Geschichte des Verhältnisses der SPÖ zur Europäischen Union anschaut, dann – ich möchte es nur in Erinnerung rufen – sieht man: Es war schon damals die ÖVP, die viel mit Verve, Leidenschaft, Sachkenntnis dafür eingetreten ist, dass wir der Europäischen Union beitreten (Beifall bei der ÖVP), Vranitzky war bis zum Schluss skeptisch (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter – Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Gschichtl!), und es ist einer weitsichtigen Frau wie Gitti Ederer zu verdanken - - Achtung, aufpassen, ich sage eh etwas Gutes (Abg. Heinisch-Hosek: Was heißt „aufpassen“?!): Es ist Gitti Ederer zu verdanken, dass sie dann an der Seite von Alois Mock da verhandelt hat. (Abg. Matznetter: Nein! – Ruf bei der SPÖ: Die redet sich die Geschichte schön!)
Es ist auch jetzt so, dass ich die Entwicklungen in der SPÖ schade finde, weil die aktuelle Parteivorsitzende, deren Vorsitzführung ich im Außenpolitischen Ausschuss sehr schätze, außen- und europapolitische Sachkenntnis hat. Da gibt es auch andere Frauen in der SPÖ, die das haben; ich erwähne vielleicht auch Petra Bayr, die in der Entwicklungszusammenarbeit einen großen Namen hat. Danach und rundherum ist es offenbar auch zappenduster (Abg. Holzleitner: Das ist ja beleidigend!), und bei einer doch ehemals staatstragenden Partei erfüllt mich das für die Zukunft dieses Landes etwas mit Sorge. Das möchte ich hier heute anlässlich dieses Themas auch festhalten.
Auf eine andere Sache möchte ich noch eingehen. Beate Meinl-Reisinger hat zu Beginn hier gemeint, irgendwie wären die ÖVP und die FPÖ da auf einer gemeinsamen Linie, was Europa betrifft. (Zwischenruf des Abg. Shetty.) Ich kann das in so vielen Themen nicht nachvollziehen. (Abg. Holzleitner: ... Familienbeihilfe ...!) Der Unterschied ist ganz deutlich. Wenn wir uns das aktuelle Thema Ukraine anschauen – und ich glaube, das ist ein wesentliches Thema, auch für Europa und auch für die Zukunft dieses Kontinents –, sehen wir, dass von Anbeginn ganz klar gewesen ist: Es gab nie einen Zweifel, dass die Österreichische Volkspartei auf der Seite der Ukraine und der freien Welt steht (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Deswegen seid ihr zu Putin gefahren!) und die Freunde Putins in Österreich einen anderen Weg einschlagen (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Wer war der erste Staatschef von Europa, der mit Putin ...?), von dem man sich hier auch immer wieder überzeugen kann. Ich möchte das hier auch festhalten, damit es auch hier gesagt ist. Auch das, was Sie sagen, ist im Protokoll, und das soll auch im Protokoll stehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir in der Österreichischen Volkspartei denken und handeln europäisch, so sagt es unser Grundsatzprogramm (Abg. Loacker: Was hat eigentlich der Nehammer beim Putin erreicht?) und so ist unser Leitsatz (Abg. Matznetter: Was ist ...?) seit den Achtzigerjahren, eigentlich schon immer in der Zweiten Republik, sodass im Europarat, später in der Europäischen Union die europäische Politik auch unsere Handschrift trägt, nicht nur in der Geschichte, sondern auch heute, da europapolitisches Handeln für die Bundesregierung tägliches Brot ist, an vorderster Front für den Bundeskanzler und die Europaministerin – eine Funktion, die von der ÖVP ins Leben gerufen worden ist. (Abg. Kollross: ... eine Position der ÖVP zu Europa ...!) Ich glaube, auch diese Funktion ist ein Symbol, aber sie ist auch wichtig für uns, weil mit Karoline Edtstadler eine da ist, die in Europa Initiativen setzt und die dieses Thema auch vorantreibt. An den Taten soll man uns da auch entsprechend messen! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte Stellung nehmen, weil die Vereinigten Staaten von Europa hier öfters erwähnt worden sind. Meine Kollegin Carmen Jeitler-Cincelli hat das schon erwähnt: In der Analyse teile ich ja vieles, was die NEOS hier sagen. Ja, wir brauchen mehr Stärke nach außen und mehr Freiheit im Inneren, gelebte Subsidiarität in der Europäischen Union – das unterschreibe ich auch so. Ich finde die Begrifflichkeit und die damit einhergehende Begrifflichkeit vom großen Wurf insofern irreführend und nicht passend: Es gibt viele Unterschiede zwischen Europa und den USA. Wir wollen keine Kopie sein, sondern ein Original, an dem wir tagtäglich auch arbeiten.
Arbeit ist vielleicht das Stichwort. Jeden Tag wird an dieser Europäischen Union gearbeitet – von der Bundesregierung, hier im Parlament, im Europaparlament (Abg. Kollross: Der Strasser Ernstl war da auch sehr fleißig!), die Kollegen sind heute auch da, in allen Gremien –, und ja, diese Arbeit ist nicht immer einfach. Die Europäische Union und Österreich haben mittlerweile eine fast 30-jährige Beziehung. Ich kann zwar selbst privat nicht mit einer derart langen Beziehungserfahrung aufwarten, aber fragen Sie einmal Paare, die lang miteinander verheiratet sind. Diese Liebe ist manchmal auch so etwas wie Tough Love. Liebe – oder eine Beziehung zu haben – heißt nicht immer nur, dass der Himmel voller Geigen hängt, dass man große Träume hat und die großen Pläne schmiedet. Es heißt aber auch nicht – in Richtung FPÖ (Abg. Krisper: Ah!) –, dass man ständig aufeinander schimpft und miteinander im Clinch ist. Es ist eine tagtägliche Arbeit an Themen, für die wir uns da jetzt einsetzen. So kann Beziehung gelingen. Ich glaube, so gelingt sie auch durch das Mitwirken der ÖVP.
Lassen Sie mich da noch einmal am Ende ein Bekenntnis ablegen, weil mir das auch in einer Aktuellen Europastunde wichtig ist: Das Friedensprojekt Europa und EU ist eine Erfolgsgeschichte, die sich bewährt hat. Ich denke, seit der Erklärung von Robert Schuman – wir haben sie anlässlich des Europatages auch gefeiert, bei dem auch der Bundeskanzler festgehalten hat, dass Österreich weiterhin eine aktive Rolle in dieser EU einnehmen wird – haben wir einen Bruch in der Geschichte erlebt, der positiver nicht hätte sein können. Konflikte in Europa werden innerhalb dieser EU Gott sei Dank nicht mehr durch Krieg und Blutvergießen gelöst, sondern in Verhandlungen, im Dialog, auf Basis von demokratischen Werten und Freiheiten.
Präsidentin Doris Bures (das Glockenzeichen gebend): Ihren Schlusssatz bitte!
Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (fortsetzend): Auch wenn es vielleicht in der kurzfristigen Perspektive viel Unzulänglichkeit gibt, Unzufriedenheit, die wir angehen und die ein Auftrag ist, würde ich in keiner Zeit und an keinem anderen Ort lieber leben wollen als in Europa in den Zeiten der Europäischen Union. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
11.27
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Europaparlamentarierin Theresa Bielowski zu Wort. – Bitte.