11.44

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Frau Bundesministerin! Ich muss ehrlich sagen, ich bin über einige Redebeiträge in der heutigen Debatte hier fassungslos. Das ist teil­weise so von Unwissenheit, von Populismus geprägt, wie es kaum möglich ist, und dazu kommt eine falsche Behauptung nach der anderen.

Es würde weit über meine 5 Minuten hinausgehen, auf jeden Redner hier einzu­gehen. Ich möchte aber schon zwei Dinge sagen. Frau Kollegin Rausch, Sie haben vorhin darüber gesprochen, wie groß der Unterschied zwischen Ihnen und der FPÖ ist, und haben das mit Putin begründet. Differenzieren sich die FPÖ und die ÖVP nur noch über Putin? Das ist die erste Frage, die man sich stel­len muss. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Der zweite Punkt ist aber: Es ist faktisch schon so, soweit ich mich erinnern kann, dass Herr Leitl in Österreich der beste Freund von Herrn Putin war, es ist faktisch schon so, dass damals Finanzminister Schelling und Bundeskanzler Kurz den Abhängigkeitsvertrag mit Gazprom unterschrieben haben (Bei­fall bei den NEOS), und es ist faktisch auch so, dass Bundeskanzler Nehammer der erste europäische Regierungschef ist, der seit Beginn des furchtbaren An­griffskriegs zu Putin gereist ist, ihm die Hand geschüttelt hat und gesagt hat, es ist alles großartig. (Abg. Schmidhofer: Nein, nein, nein, nein! Stimmt nicht! – Abg. Steinacker: ... eine Verdrehung von Tatsachen! Sicher nicht! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Also so groß ist der Unterschied zwischen der FPÖ und der ÖVP ja anscheinend nicht.

Der Zweite, auf den ich eingehen möchte, ist Herr Abgeordneter Mayer. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Beruhigen Sie sich wieder! Ich finde, es tut mit Blick auf dieses Land weh, dass die ÖVP mittlerweile mit der FPÖ gleichzusetzen ist. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Bemühung um Friedensge­spräche! Bemühung um Friedensgespräche! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum zweiten Mal: Herr Abgeordneter Mayer, ich finde es großartig, wenn die FPÖ jetzt hier gegen Korruption kämpft, das finde ich wirklich großartig. Ich möchte daran erinnern, dass damals, glaube ich, Ihre Fraktion und Ihre Abge­ordneten bahnbrechend mit dabei waren, als all diese Champagnerpartys in Brüssel stattgefunden haben, dass aber insbesondere Ihre Fraktion in der Steiermark, wo Sie ja herkommen, jetzt gerade in einem Korruptionsskan­dal versinkt und Herr Kunasek, ehemaliger Verteidigungsminister, mitten­drin zu stecken scheint. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kommen wir zu den wichtigen Themen gerade aus der Verteidigungsperspek­tive: Das wichtige Thema, über das wir ja eigentlich hier diskutieren soll­ten, ist: Wie bringen wir Europa weiter? Wie entwickeln wir die Europäische Union weiter, und wie schauen wir insbesondere darauf, dass wir vertei­digungspolitisch Schritte setzen?

Da sehen wir in den letzten Monaten, dass in Österreich gar nichts passiert, dass viel zu wenig passiert und dass wir uns immer wieder in dieser Diskussion zwischen Solidarität und Neutralität finden, wobei wir aber immer ganz klar sa­gen, wir stellen uns auf die Seite der Neutralität und lassen die Solidarität weg. Das finde ich bemerkenswert.

Das isoliert uns in Europa. Es isoliert uns aus einem ganz einfachen Grund massiv in Europa: weil wir deswegen nicht ernst genommen werden. Wir werden nur noch als Trittbrettfahrer gesehen. (Abg. Michael Hammer: Die NEOS, oder wie?) Frau Kollegin Gamon hat das schon sehr klar ausgesprochen: Wir werden nur noch als Blockierer wahrgenommen. Wir bringen keinen Meter wei­ter, und die Dinge, die wir diskutieren, sind dann noch dazu schwammig.

Es gibt gerade die Diskussion um die Minenräumung. Die läuft, und wir hören da verschiedenste Dinge, von der Verteidigungsministerin, vom Außenminister und vom Herrn Bundeskanzler. Am 19. Mai hat die Frau Verteidigungsministerin noch gesagt: Nein, es geht nicht! Wir können keine Minenräumung über­nehmen! Sie hat betont – in Ö1 war das –, dass das aktuell in der Ukraine nicht möglich sei, weil zwischen einer humanitären und einer militärischen Entminung nicht unterschieden werden kann – eine spannende Ansage.

Zwei Tage später sagt dieselbe Außenministerin, nachdem Herr Schallenberg schon gesagt hat - - (Abg. Schmuckenschlager: Wer hat das ge­sagt?) – Frau Ministerin Tanner, Ihre Ministerin. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Wenig später hat Herr Schallenberg gesagt: Wir helfen gerade bei der Entminung, und das Ganze im Rahmen der OSZE!, und dann sagt Frau Ministerin Tanner wiederum: „Man muss unterscheiden zwischen militärischem und humanitärem Entminen“.

Das, was zwei Tage davor nicht möglich war, geht plötzlich? Da ist plötzlich eine Unterscheidung möglich? (Beifall bei den NEOS.) Das zeigt doch, wie die ÖVP da momentan paktiert. (Abg. Meinl-Reisinger: Kein Plan! Kein Plan! Nebelgra­naten! Keine Klarheit!) Es wird einfach nur paktiert, und es wird nicht über­legt, wie man Schritte setzen kann. Wir entscheiden zwischen Solidarität und Neutralität nur noch aufgrund von einzelnen Zurufen, aufgrund von Mei­nungsumfragen und nicht aufgrund eines größeren Bildes. Das sieht man in dieser Debatte besser denn je.

Wir können jetzt – und das finde ich alles positiv – beim strategischen Kompass, bei den schnellen Einsatzgruppen mit dabei sein. Es ist gut, wenn wir da dabei sind, aber wir brauchen davor einen klaren Weg, bei dem sich nicht inner­halb von drei Tagen viermal die Meinung und die Richtung ändern, weil das zeigt, was wir momentan nicht sind: ein europäischer Partner, mit dem man rechnen kann, auf den man setzen kann und mit dem man die Europäische Union gemeinsam weiterentwickeln kann. (Beifall bei den NEOS.)

11.49

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Frau Ministerin, Sie haben auch 5 Minuten Redezeitbe­schränkung. Bitte.