16.38
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich möchte mich auch kurz zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort melden, weil das Wegwerfen von Lebensmitteln – darüber sind wir uns einig, dazu habe ich jetzt auch keine gegenteiligen Aussagen gehört – eine Verschwendung von Ressourcen ist, aber vor allem in Zeiten von hoher Inflation und Teuerung schlicht und ergreifend nicht hingenommen werden kann – das sagt uns der Hausverstand. Es kann nicht sein, dass Tausende Tonnen Lebensmittel – genussfähige Lebensmittel – im Müll landen, gerade in Zeiten wie diesen.
Mit der Neuregelung im Abfallwirtschaftsgesetz machen wir einen weiteren Schritt zur Schaffung von mehr Transparenz und eine klare Ansage gegen Lebensmittelverschwendung.
Das ist nicht die einzige Maßnahme – selbstverständlich nicht –, denn wir beschäftigen uns mit Lebensmittelverschwendung nicht erst seit dieser Novelle (Abg. Wurm: Was genau, Frau Minister, haben Sie gemacht? Was genau?), sondern seit vielen, vielen Jahren (Abg. Wurm: Was genau ist passiert?), und wir haben bereits vielfach Maßnahmen gesetzt (Abg. Wurm: Welche?), um Lebensmittelabfälle zu vermeiden (Abg. Wurm: Welche, Frau Minister?), in der Gastronomie – United against Waste ist eine solche Initiative; ich kann Ihnen gerne Näheres berichten, aber ich kann Sie auch einladen, die vielfältigen Publikationen (Abg. Wurm: Ja, super, sagen Sie es Ihrem Kollegen Rauch im Konsumentenschutzausschuss!), die wir zu diesem Thema machen, anzuschauen –, auch bei den privaten Haushalten, weil wir wissen, dass gerade private Haushalte ein großes Potenzial haben – Missverständnisse betreffend Mindesthaltbarkeitsdatum (Abg. Wurm: Bei den Eiern, ja!), die Frage: Wie geht man mit dem Wocheneinkauf um?, et cetera –, aber eben auch im Handel.
Der Handel hat einen großen Hebel, um da gegenzusteuern. Auch hier gibt es bereits Vorarbeiten. Mit der freiwilligen Vereinbarung zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen zwischen dem Umweltministerium und den Unternehmen hat die sich Menge der vom Einzelhandel weitergegebenen noch genusstauglichen Lebensmittel in den letzten Jahren verdreifacht.
Diese Verdreifachung ist gut und wichtig, uns fehlt aber eine Vergleichsgröße. Was nämlich bis jetzt niemand weiß, ist, wie viel gespendet wird und wie viel trotzdem im Müll landet, weil es dem Unternehmen zu mühsam, zu aufwendig, zu teuer, zu ich weiß nicht was ist, die Lebensmittel zu spenden. Fakt ist, dass Tafeln – ganz wichtige Einrichtungen gerade für Menschen, die es am dringendsten brauchen – seit Beginn der Teuerung darüber klagen, dass sie zu wenige Sachspenden bekommen. Und die Transparenz, die wir mit dieser Novelle schaffen, die Transparenz über die jeweiligen Mengen an „Abfall“ und die jeweiligen Mengen an Sachspenden – und ich nehme „Abfall“ unter Anführungszeichen, denn wir reden da zum allergrößten Teil über genusstaugliche Lebensmittel – ist wichtig, weil wir dann überprüfen können, über welche Mengen wir sprechen, und weil Transparenz – das wissen viele von uns hier in diesem Saal, ich schaue (in Richtung NEOS) gerade in diese Richtung – ein großer Anreiz zum Handeln ist. Deswegen ist diese Novelle wichtig und ein weiterer Baustein gegen die Lebensmittelverschwendung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben in den letzten Jahren aber auch in enger Zusammenarbeit mit den Tafeln sowie allen Akteuren und Akteurinnen, die sich im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung engagieren, viel in Know-how-Aufbau investiert, insbesondere im Bereich Logistik. Wir sehen es nämlich in anderen Ländern, zum Beispiel in Frankreich: Wenn die Tafeln, wenn die sozialen Einrichtungen die Mengen nicht verarbeiten, weitertransportieren und in der Logistik abwickeln können, dann entsteht ein Engpass.
Deswegen haben wir mit der freiwilligen Vereinbarung zur Weitergabe von Lebensmitteln schon Schritte gesetzt. Nun wollen wir aber zwei weitere Dinge machen, nämlich eine Drehscheibe für Lebensmittel aufbauen, eine Onlineplattform, auf der Produzenten, Handel und Landwirtschaft – das ist also umfassender gedacht – ihre Mengen anführen, damit diese dann von sozialen Einrichtungen abgeholt und verteilt werden können, also ein Plan, um die Menge an Lebensmitteln, die weitergegeben werden können, zu erhöhen; und es soll auch – damit kommen wir einem lang-, lang-, langjährigen Wunsch der Tafeln nach – die Logistik der sozialen Einrichtungen mit Förderungen verstärkt unterstützt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Initiative ist ein wichtiger und richtiger Schritt, und ich möchte mich ganz herzlich bei Astrid Rössler und Johannes Schmuckenschlager, die schon gesprochen haben, für den Initiativantrag bedanken.
Noch kurz zu den Details der Regelung im AWG: Wir verpflichten im Lebensmitteleinzelhandel und im Lebensmittelgroßhandel ab einer bestimmten Größe, das heißt große Betriebe mit mindestens einer Verkaufsstelle über 400 Quadratmetern (Abg. Wurm: Sind Riesenbetriebe!) oder mindestens fünf Verkaufsstellen, die Mengen an weggeworfenen, die Mengen an gespendeten Lebensmitteln zu melden. Kleine Greißlereien oder Lebensmittelproduzenten, die durch Direktabsatz vertreiben, sind von der Verpflichtung nicht erfasst. Vierteljährlich, erstmals im vierten Kalenderquartal 2023, wird erfasst und dann auch veröffentlicht.
Diese Maßnahme zur Erhöhung der Transparenz und zur Erhöhung des Spendenanreizes fügt sich in eine Vielzahl von Maßnahmen ein. Ich darf allen auch das Abfallvermeidungsprogramm noch einmal ans Herz legen, das wir kürzlich veröffentlicht haben. Da finden Sie alle Maßnahmen aus dem Aktionsprogramm Lebensmittelverschwendung noch einmal aufgelistet und zusammengefasst. Das ist ein Bereich, bei dem es um eine Umweltschutzfrage geht, bei dem es um eine Klimaschutzfrage geht, da geht es aber vor allem auch um eine ethische, eine moralische Frage – deswegen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung dieses Antrages. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
16.44
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnabel. – Bitte schön.