12.02

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kollege Koza hat es schon erwähnt: Die Coronakurzarbeit findet ein Ende – spät, sehr spät, aber doch. (Beifall bei den NEOS.) Wir begrüßen das Ende, aber nicht den Termin. Es werden ein paar kleine Justierungen am Arbeitsverfassungsgesetz vorgenommen, und es herrscht großer Konsens, dass die Regeln, wie in Österreich Arbeitnehmervertretung funktioniert, sehr solide und im Europavergleich sehr großzügig sind.

Es gibt aber ein Unternehmen, das etwas noch Besseres hat, nämlich die Österreichische Post AG. Für die Österreichische Post AG gelten nämlich Regeln aus der Vergangenheit, aus der alten Beamtenlogik, die für die Post- und Telegraphenverwaltung gegolten haben. Da gibt es eine dreigliedrige Betriebs­ratsabstufung, und das führt dazu, dass die börsennotierte Österreichische Post AG und die börsennotierte A1 Telekom doppelt so viele freigestellte Betriebs­räte haben, wie sie hätten, wenn sie normal unter das Arbeitsverfassungsgesetz fallen würden wie jedes andere Unternehmen auch.

Das heißt aber auch, dass die Miteigentümer der Österreichischen Post AG, die Aktionäre, im Wesentlichen also die Republik Österreich und die Gemein­schaft der Steuerzahler, da freigestellte Betriebsräte durchfüttern. Das ist auch Ertrag, der am Ende fehlt, und das ist ein Konkurrenznachteil auf einem Markt. Inzwischen ist die Österreichische Post AG eben nicht mehr die Post- und Telegraphenverwaltung im öffentlichen Dienst, sondern eine Marktteilnehmerin, die börsennotiert ist, und für diese sollten daher dieselben Regeln gelten wie für alle anderen Unternehmen auch.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gleiches Recht für alle statt Sonderpflanz Post-Betriebsverfassungsgesetz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirt­schaft, wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der das Post-Betriebsverfassungsgesetz abgeschafft und die Österreichische Post AG, so wie alle anderen Unternehmen, dem Arbeitsverfassungsgesetz unterworfen wird.“

*****

Gleiches Recht für alle kann ja wirklich nur recht und billig sein. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

12.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Gleiches Recht für alle statt Sonderpflanz Post-Betriebsverfassungsgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte in der 215. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2031 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeits- und Sozial­gerichtsgesetz und das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (2038 d.B.) – TOP 2

Die Österreichische Post AG ist ein seit 2006 börsenotiertes Unternehmen. Doch anders als alle anderen Unternehmen muss die Post auf Grund des Post-Betriebs­verfassungsgesetzes zirka doppelt so viele Betriebsräte vom Dienst freistellen wie Unternehmen, die unter das ArbVG fallen. Das hat historische Gründe, die längst weggefallen sind. Heute sollten für alle Unternehmen die selben Regeln des Arbeitsverfassungsgesetzes gelten.

Laut Geschäftsbericht 2022 gehören zur Österreichischen Post AG Unternehmen in Deutschland, Türkei, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Ungarn, Montenegro, Bulgarien, Kroatien, Slowenien und Slowakei. Als internationales Unternehmen hat die Post erst im August 2020 ihren Anteil an der großen türkischen Gesellschaft Aras Kargo a.s. von 25 % auf 80 % aufgestockt. [1] [2]

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Österreichischen Post AG zu stärken und die Rahmenbedingungen an die Mitbewerber anzugleichen, sollte die Arbeitnehmer­vertretung der Post nicht mehr auf dem Post-Betriebsverfassungsgesetz basieren, das sich vom Beamtenrecht ableitet, sondern auf dem Arbeitsverfassungsgesetz, so wie das auch für alle anderen Unternehmen in Österreich auch gilt.

Durch das Post-Betriebsverfassungsgesetz hat die Österreichische Post AG zirka 50 freigestellte Betriebsräte. Durch eine Gleichbehandlung nach dem Arbeitsverfas­sungsgesetz würde sich die Zahl der freigestellten Betriebsräte in der Österreichi­schen Post AG halbieren. Außerdem ist völlig unverständlich, warum es bei der Post ein eigenes Entlohnungsschema für die vielen Betriebsräte gibt. Im Arbeitsverfassungs­gesetz wäre ein sogenanntes "Privilegierungsverbot" verankert, wonach Betriebsräte gegenüber ihren Kollegen nicht bessergestellt sein dürfen. [3] [4]

Mit dem Post-Betriebsverfassungsgesetz wurde für die Arbeitnehmervertretung der Post die Struktur des öffentlichen Dienstes kopiert. Das mag damals bei der Auslagerung aus dem Bund durch die hohe Zahl an Beamten in der damaligen Post noch gerechtfertigt gewesen sein. Doch inzwischen sind die Beamten eine klare Minderheit in der Post-Belegschaft. Im Jahr 2022 waren nur noch 24 % der Post-Mitarbeiter beamtet während es 2008 noch 55 % waren (siehe Abbildung). [1]

Die Gewerkschaftsbosse Fritz Verzetnisch (S) und Fritz Neugebauer (V) hatten das Post-Betriebsverfassungsgesetz als Initiativantrag am 7. Mai 1996 im Nationalrat eingebracht, um die Interessensvertretung von Post und Telekom explizit zu regeln:

„Die sachliche Rechtfertigung ist darin zu sehen, daß von den vom PBVG erfaßten Unternehmen Tätigkeiten verrichtet werden, die von anderen Unternehmen nicht besorgt werden; weiters ist die besondere Struktur dieser Unternehmen sowie auch die der bisherigen Personalvertretungsorgane zu berücksichtigen, die entgegen der für das Arbeitsverfassungsgesetz typischen Zweistufigkeit dreistufig sind.“ [5]

Die sachliche Rechtfertigung war schon damals eher schwammig, aber heute ver­richten viele Unternehmen dieselben Tätigkeiten wie die Post. Auch die "besondere Struktur" lässt sich durch den Rückgang der Beamtenschaft innerhalb der Öster­reichischen Post AG nicht mehr argumentieren.

Die Österreichische Post- und Telegraphenverwaltung wurde 1866 als Sonder­ab­teilung im Handelsministerium eingerichtet. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Jahr 1996 und dem späteren Börsengang, wäre es nun höchste Zeit, auch die Rahmenbedingungen bei der Arbeitnehmervertretung an das 21. Jahrhundert anzupassen.

Quellen:

(1) Post Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte, https://www.post.at/ir/c/geschaeftsberichte

(2) Post OTS, 25. August 2020, https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200825_OTS0125/closing-zur-anteilserhoehung-an-aras-kargo-erfolgt-bild

(3) Kleine Zeitung, 19. Oktober 2019, https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5708754/Laut-Profil_Rechtswidrige-Privilegien-bei-Post-und-Telekom

(4) derStandard, 22. Oktober 2019, https://www.derstandard.at/story/2000110156409/betriebsratskaiser-sollen-entthront-werden

(5) Ausschussbericht 1996, https://www.parlament.gv.at/dokument/XX/I/166/fname_139048.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der das Post-Betriebsverfassungsgesetz abgeschafft und die Österreichische Post AG, so wie alle anderen Unternehmen, dem Arbeitsverfassungsgesetz unterworfen wird."

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf zu Wort. – Bitte.