14.11

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Werte Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Bürger da draußen, die heute zuschauen oder zuhören! Wir erleben oder Sie erleben eine neue Runde von Traum­tänzerei der politischen Eliten in diesem Land (Ruf bei den Grünen: Wie lange bist denn du schon im Nationalrat?! – Abg. Disoski: Was bist du als Nationalrat?! – weitere Zwischenrufe bei den Grünen)  wenn man sich das anhört –, mit Unter­stützung der ÖVP, der Grünen, der NEOS, aber leider Gottes über weite Strecken auch der Sozialdemokratie. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Selbstgefällig! Unfassbar!)

Ich habe aber heute die Realität mit (einen Brief in die Höhe haltend), die Realität in Österreich. Das bekommen zurzeit Hunderttausende Tiroler von der Tigas, dem Gasversorger, der der Tiroler Bevölkerung gehört: Preiserhöhung zum 1. Juli 157 Prozent – 157 Prozent! Das ist die Realität für Sie, liebe Bürger. Das, was Sie von diesen vier Parteien hören, ist politische Traumtän­zerei zu Ihrem Schaden, und das sollten Sie nicht vergessen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist zwar mühsam, aber man muss es wiederholen, damit man es auch nicht vergisst, nämlich die Ursachen, warum wir heute zusammensitzen, die Ursache der Problemstellung – noch einmal –: natürlich die verfehlte Politik der Europäischen Union – wir diskutieren heute ein Gesetz –, auch der EZB – die Milliardenschwemme, die Geldschwemme, die jetzt natürlich in In­flation mündet –, die vollkommen falsche Coronapolitik mit 100 Milliar­den Euro Kosten nur in Österreich und dann natürlich die vollkommen falsche Russlandsanktionspolitik, die Sie draußen, liebe Bürger, jetzt jeden Tag bei den Lebensmitteln, bei den Mieten, beim Autofahren und bei der Energie spüren; Sie haben zu zahlen, was da die netten Herren in Europa ausge­schnapst haben.

Obendrüber dann noch der Ökowahnsinn – man muss ihn als Ökowahnsinn bezeichnen, weil er keine reale Basis hat, weder was den Anteil Österreichs noch den der Europäischen Union am Klima oder am CO2-Ausstoß betrifft. Wenn sich jemand mit den Zahlen beschäftigen würde, dann wäre das für jeden vollkommen klar. Dieser Ökowahnsinn geht ja jeden Tag weiter. Wir erleben es hier im Parlament und Sie erleben es vielleicht draußen, wenn Sie irgend­wann Ihre Kinder nicht in die Schule bringen können, weil sich fünf Irre irgendwo auf die Straße geklebt haben und alle zuschauen. (Abg. Pfurtscheller: Hallo!) So, das ist die politische Realität und nicht die Traumtänzerei.

Zum Thema Strom: Es ist ja ganz nett, dass Minister Rauch nicht vergessen hat, dass er Konsumentenschutzminister ist. Das ist auch ganz nett, dass er heute gesagt hat, die große Hoffnung der österreichischen Bevölkerung, der Regierung und auch von ihm ist der VKI. Für die Insider unter Ihnen: Das ist jener Verein, der ganz gezielt von der ÖVP unter Mithilfe der Grünen über Jahre kaputtgemacht wurde, der kurz vor dem Konkurs steht (Ruf bei der ÖVP: Na geh! – Abg. Litschauer: Der hat noch nie so viel Geld gekriegt!), für den es bis heute keine nachhaltige, langfristige Finanzierung gibt. Das, was ich hier sage, sind alles Tatsachen, die Sie gern überprüfen können. Das ist die politische Realität. Das sagt der Minister natürlich nicht, da jetzt der VKI der große Retter sein soll.

All das betrifft uns jetzt selber – ich sage es noch einmal –, zum Beispiel das Meritordersystem, von dem alle in ganz Europa wissen: der volle Wahnsinn!; das weiß jeder. Wird es abgeschafft? – Nein, weil die Europäische Union halt sagt, es ist lustig, da verdienen einige ganz gut. Die CO2-Steuer ist auch ein eigenes Thema, die wird jetzt auch noch erhöht – sowieso ein Wahn­sinn in Zeiten wie diesen.

Herr Minister, dann gibt es natürlich noch ein Thema, das wir auch diskutiert ha­ben. Es ist eineinhalb Jahre her, als ich – zur Verblüffung der Ministerin, die heute nicht da ist; die es ja gar nicht gewusst hat, weil sie auch nicht sehr kompetent ist, sage ich einmal ganz deutlich (Abg. Disoski: Geh bitte!) – auf das gesetzlich verbriefte Recht jedes Österreichers, sein Recht auf Grund­versorgung bei Strom und Gas, aufmerksam gemacht habe. Das wurde aufgrund der Liberalisierung des europäischen Energiemarkts vor 20 Jahren eingeführt – wer es nicht weiß; das kann man alles recherchieren.

Das steht im Gesetz drinnen. Das wäre in den letzten eineinhalb Jahren jedem zu­gestanden, und die Energiekonzerne haben es der Bevölkerung verwehrt. Der Minister ist hilflos, und das gibt er in Wahrheit ja auch zu. Da tut sich nichts, gar nichts. Mit dieser Grundversorgung – einige, die es versucht haben, wer­den es wissen – fahren Sie bei allen Energiekonzernen gegen eine Betonwand, und das kann so nicht sein.

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf Grundversorgung bei Energielieferanten in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie der Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die zuständigen Behörden zu einer Überprüfung zu veranlassen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlaut­barten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen des § 77 ElWOG bzw. des § 124 GWG entsprechen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Das ist gültiges Gesetz in Österreich, das seit eineinhalb Jahren vollkommen negiert wird. Die Bundesregierung und auch Sie, liebe Kollegen von der Sozialdemokratie und von den NEOS, schauen zu.

Ich darf der Bevölkerung draußen – den Bürgern, die vielleicht zuschauen oder zuhören – etwas sagen. Ich erlebe das jeden Tag: Alle jammern über die Preise bei den Lebensmitteln, dem Strom, dem Gas, den Mieten – jeder jammert. Ich sage das auch ganz laut und deutlich: Jammern wird Ihnen nicht hel­fen, weil es eher noch schlimmer werden wird. Sie werden richtig wählen müs­sen. Sie werden am Wahlsonntag auch hingehen müssen, und Sie wer­den Ihr Kreuz hoffentlich dort machen, wo es für Sie vielleicht eine Verbesse­rung gibt, liebe Zuseher, und das kann nur bei einer Partei sein, nämlich bei den Freiheitlichen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Recht auf Grundversorgung bei Energielieferanten in Österreich

zu Top 2) Bundesgesetz über die befristete Gewährung von Förderungen für Un­ternehmen in Sektoren, die aufgrund erheblich gestiegener Strompreiskos­ten besonders belastet sind (Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz 2022, SAG 2022) (1774 d.B.) in der 217. Plenarsitzung des Nationalrats am 1. Juni 2023

Die „Grundversorgung“ bei Energielieferanten ist im § 77 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 sowie den Bestimmungen in den jeweiligen Landesgesetzen für Strom bzw. im § 124 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) 2011 für Gas geregelt. Diese „Grundversorgung“ gibt es auf dem Energiesektor für Strom und Gas, aber etwa nicht für Fernwärme. Sie gilt für Haushalte und Kleinunternehmen (weniger als 50 Mitarbeiter, Jahresverbrauch kleiner als 100.000 kWh Strom bzw. Gas, Jahresbilanzsumme höchstens 10 Mio. EUR). Anwendungstechnisch trifft das Gesetz aber eine wesentliche Unterscheidung zwischen Haushalten und Kleinunternehmen, da für

•     Haushaltskunden der Grundversorgungstarif nicht höher sein darf als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl der Kunden versorgt wird und bei

•     Kleinunternehmen der Grundversorgungstarif nicht höher sein darf als der, der gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet.

Die „Grundversorgung“ basiert auf einer EU-Gesetzgebung (Strombinnenmarkt­richtlinie bzw. Gasbinnenmarktrichtlinie), wobei die Strombinnenmarkt­richtlinie explizit den Begriff „Grundversorgung“ verwendet (Artikel 27) und die Gasbinnenmarktrichtlinie lediglich hervorhebt, dass die Mitgliedstaaten ge­eignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden ergreifen müssen (Artikel 3 Abs. 3).

Mit der „Grundversorgung“ determiniert der Gesetzgeber somit einen Kontrahie­rungszwang für die jeweiligen Strom- bzw. Gaslieferanten. Es kann sich so­mit jeder Haushalt bzw. Kleinunternehmer an einen beliebigen Versorger, der im zutreffenden Versorgungsgebiet Endverbraucher beliefert, mit dem Ansu­chen um „Grundversorgungsbelieferung“ wenden und die betroffenen Lieferanten müssen dem nachkommen. Alle Energielieferanten bei Strom und Gas haben ihren Grundversorgungstarif in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Die näheren Bestimmungen über die Belieferung zur Grundversorgung sind auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen jeweils anzuführen.

Auf der Internetseite der E-Control sind umfangreiche Informationen zur „Grund­versorgung“ verfügbar.1

Gesetzliche Grundlagen für die „Grundversorgung“ bei Energielieferanten sind:

Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn ein Stromhändler oder sonstiger Lieferant bereit ist, einen Liefervertrag außerhalb der Grundversorgung abzu­schließen. Davon unberührt bleibt das Recht des Stromhändlers oder sonstigen Lie­feranten, seine Verpflichtungen aus dem Vertragsverhältnis für den Fall einer nicht bloß geringfügigen und anhaltenden Zuwiderhandlung, wie zB Missachtung mehrmaliger Mahnungen, so lange auszusetzen, als die Zuwiderhandlung andauert.

(8) Bei der Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetrei­ber, unbeschadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abver­langt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Absatz 2 letzter Satz gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungsverzugs, sind Netz­betreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde verpflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Vorauszahlungszähler für künftige Netznutzung und Lieferung. § 82 Abs. 3 ElWOG 2010 gilt im Falle des erneuten Zahlungsver­zugs sinngemäß. Die Verpflichtung zur Vorauszahlung mittels Vorauszahlungszähler besteht nicht für Kleinunternehmer mit einem Lastprofilzähler.

(9) Ein im Rahmen der Grundversorgung eingerichteter Vorauszahlungszähler ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Lieferanten und Netzbetreiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.

Grundversorgung in der EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie

Artikel 27

Grundversorgung

(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass alle Haushaltskunden und, soweit die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, Kleinunternehmen in ihrem Hoheits­gebiet über eine Grundversorgung verfügen, d.h. das Recht auf Versor­gung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu wettbewerbsfähigen, leicht und eindeutig vergleichbaren, transparenten und diskriminierungsfreien Preisen haben. Zur Gewährleistung der Bereitstellung der Grundversorgung können die Mit­gliedstaaten einen Versorger letzter Instanz benennen. Die Mitgliedstaaten erlegen Verteilernetzbetreibern die Verpflichtung auf, Kunden nach Modalitäten, zu Bedingungen und zu Tarifen an ihr Netz anzuschließen, die nach dem Verfah­ren des Artikels 59 Absatz 7 festgelegt worden sind. Diese Richtlinie hindert die Mit­gliedstaaten nicht daran, die Marktposition der Haushaltskunden und kleine­ren und mittelgroßen Kunden, die nicht Haushaltskunden sind, zu stärken, indem sie die Möglichkeiten des freiwilligen Zusammenschlusses zur Vertretung dieser Kundengruppe fördern.

(2) Absatz 1 wird in transparenter und diskriminierungsfreier Weise umgesetzt, wobei die freie Wahl des Versorgers gemäß Artikel 4 nicht behindert werden darf.

sind verpflichtet, im Landesgebiet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäfts­bedingungen und zu diesem Tarif, Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit elektrischer Energie zu beliefern (Pflicht zur Grundversorgung).

(2) Der Allgemeine Tarif für die Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte An­zahl ihrer Kunden im Landesgebiet, die Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sind, versorgt werden. Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Kleinunternehmen im Landesgebiet darf nicht höher sein als jener Tarif, der gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet. Stromhänd­ler und sonstige Lieferanten sind im Falle des Abs. 1 berechtigt, die Belieferung von einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung (Barsicherheit, Bankgarantie, Hinterlegung von nicht vinkulierten Sparbüchern) in angemessener Höhe abhängig zu machen, insoweit nach den Umständen des Einzelfalles zu erwarten ist, dass der Netzbenutzer seinen Zahlungs-verpflichtungen nicht oder nicht zeitgerecht nach­kommt. Dem Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, der sich auf die Grundversorgung beruft, darf im Zusammenhang mit der Aufnahme der Belieferung keine Sicherheitsleistung oder Voraus-zahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Gerät der Verbraucher während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug, so ist ihm die Si­cherheitsleistung rückzuerstatten und von einer Vorauszahlung abzusehen, solange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt.

(3) Anstelle einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung kann auch ein Vorauszah­lungszähler zur Verwendung gelangen. Allfällige Mehraufwendungen durch die Verwendung eines solchen Zählers können dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden, sofern der Zähler auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden ver­wendet wird und der Kunde im Vorhinein über die gesamten Kosten im Zusammen­hang mit der Verwendung eines solchen Zählers schriftlich informiert wurde.

(4) Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nicht, sofern einem sich auf die Grund­versorgung berufenden Haushaltskunden

a) aus den im Gesetz genannten Gründen der Netzzugang vom Verteilernetzbetreiber ganz oder teilweise verweigert wird oder

b) die Erbringung von Netzdienstleistungen vom Verteilernetzbetreiber abgelehnt oder eingestellt wurde oder wird, weil der Haushaltskunde seine vertragli­chen oder in den allgemeinen Verteilernetzbedingungen festgelegten Pflichten, insbesondere seine Zahlungsverpflichtungen, verletzt.

(5) Die Pflicht zur Grundversorgung besteht – abgesehen von den in Abs. 3 ge­nannten Gründen – auch dann nicht, wenn der Haushaltskunde wesentli­che vertragliche Pflichten verletzt; eine wesentliche Vertragsverletzung liegt jedenfalls vor, wenn der Haushaltskunde die vereinbarten Entgelte – trotz Mahnung – nicht bezahlt oder bezahlt hat.

(6) Stromhändler (sonstige Lieferanten) sind verpflichtet, die Bedingungen, zu denen eine Belieferung auf Grund der Grundversorgung erfolgt, zu erstellen und deren Breit-stellung in geeigneter Form (zB im Internet) in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen zu regeln. Auf Anfrage sind diese Bedingungen dem Kunden kostenlos zu über-mitteln.

(7) Stromhändler und sonstige Lieferanten sind berechtigt, das Vertragsverhältnis zur Grundversorgung aus wichtigem Grund durch Kündigung zu beenden.

Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen in der EU-Gasbinnenmarktrichlinie

Artikel 3

Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und Schutz der Kunden

(3) Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden und tragen insbesondere dafür Sorge, dass für schutzbedürftige Kunden ein angemessener Schutz besteht. In diesem Zusammenhang definiert jeder Mitgliedstaat ein Konzept des „schutzbedürftigen Kunden“, das sich auf Energiearmut sowie unter anderem auf das Verbot beziehen kann, solche Kunden in schwierigen Zeiten von der Versorgung auszuschließen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Rechte und Verpflichtungen im Zusammenhang mit schutzbedürftigen Kunden eingehalten werden. Insbesondere treffen sie geeignete Maßnahmen zum Schutz von Endkunden in abgelegenen Gebieten, die an das Erdgasnetz angeschlos­sen sind. Sie können für an das Erdgasnetz angeschlossene Kunden einen Ver­sorger letzter Instanz benennen. Sie gewährleisten einen hohen Verbraucherschutz, insbesondere in Bezug auf die Transparenz der Vertragsbedingungen, allge­meine Informationen und Streitbeilegungsverfahren. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zugelassene Kunden tatsächlich problemlos zu einem neuen Lieferanten wechseln können. Zumindest im Fall der Haushaltskunden schließen solche Maßnahmen die in Anhang I aufgeführten Maßnahmen ein.

Die Wien Energie regelt die Grundversorgung in ihren Allgemeinen Bedingungen wie folgt:

XVII. Grundversorgung

1. Wien Energie Vertrieb wird jene Haushaltskunden und Kleinunternehmen, die sich gegenüber Wien Energie Vertrieb schriftlich auf eine Grundversorgung berufen, zum Tarif für die Grundversorgung und zu diesen Allgemeinen Lieferbedingungen mit elektrischer Energie beliefern.

2. Der allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl ih­rer Kunden im jeweiligen Landesgebiet, die Verbraucher im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG sind, versorgt werden. Der allgemeine Tarif der Grundversorgung für Kleinunternehmer darf nicht höher sein als jener Tarif, der gegenüber vergleich­baren Kundengruppen im jeweiligen Landesgebiet Anwendung findet. Der Tarif für die Grundversorgung wird dem Haushaltskunden und Kleinunternehmen, der sich auf die Grundversorgung beruft, bekannt gegeben. Überdies ist dieser Tarif auf der Internetseite von Wien Energie Vertrieb veröffentlicht.

3. Wien Energie Vertrieb ist berechtigt, für die Lieferung im Rahmen der Grund­versorgung eine Vorauszahlung oder eine Sicherheitsleistung (insbesondere Barsicherheit, Bankgarantie, Hinterlegung von nicht vinkulierten Sparbüchern) zu verlangen, welche für Haushaltskunden die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat nicht übersteigen darf. Wenn ein Haushaltskunde während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug gerät, wird Wien Energie Vertrieb die Sicherheitsleistung zurückerstatten und von einer Vorauszahlung absehen, so­lange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt. Anstelle einer Vorauszahlung oder Sicherheitsleistung kann auch ein Zählgerät mit Prepayment-Funktion zur Verwendung gelangen; auf Wunsch des Kunden hat Wien Energie Vertrieb – sofern technisch möglich – ein solches Zählgerät mit Prepayment-Funktion anzubieten. Allfällige Mehraufwendungen von Wien Energie Vertrieb

Grundversorgung Gas im Gaswirtschaftsgesetz 2011

§ 124. (1) Erdgashändler und sonstige Versorger, zu deren Tätigkeitsbereich die Versorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG zählt, haben ihren Allgemeinen Tarif für die Grundversorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG in geeigneter Weise (zB Internet) zu veröffentlichen. Sie sind ver­pflichtet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zu diesem Tarif Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit Erdgas zu beliefern (Pflicht zur Grund-versorgung). Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, nähere Bestimmun­gen über die Zumutbarkeit einer Grundversorgung und über die Gestaltung der Tarife für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen für die Grundversorgung durch Verordnung festzulegen.

(2) Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu welchem die größte Anzahl ihrer Kunden, welche Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sind, versorgt werden. Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Kleinunternehmen darf nicht höher sein als jener Tarif, welcher gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet. Dem Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, der sich auf die Grundversorgung beruft, darf im Zusammenhang mit der Aufnahme der Belieferung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt.

(3) Gerät der Verbraucher während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug, so ist ihm die Sicherheitsleistung rückzuerstatten und von einer Vorauszahlung abzusehen, solange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt.

(4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Klein­unternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbe­schadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienst­leistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netz­dienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungsverzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde verpflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepayment­zahlung für künftige Netznutzung und Lieferung. Der Netzbetreiber kann die Prepaymentzahlung ausschließlich aus sicherheitstechnischen Gründen ablehnen. § 127 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Ver­pflichtung zur Prepaymentzahlung besteht nicht für Kleinunternehmen mit einem Lastprofilzähler.

(5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepaymentfunktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Versorger und Netzbe­treiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis einge­treten ist.

durch die Verwendung eines solchen Zählers können dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden, sofern der Zähler auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden verwendet wird.

4. Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nur soweit, als dies nach dem jeweiligen Landesgesetz vorgesehen ist, jedoch jedenfalls nicht,

a. sofern dem Kunden der Netzzugang vom Verteilernetzbetreiber verweigert wird, oder

b. soweit und solange Wien Energie Vertrieb an der vertragsgemäßen Lieferung von Elektrizität durch höhere Gewalt oder sonstige Umstände, deren Beseitigung ihr nicht möglich oder zumutbar ist, gehindert ist.

5. Wien Energie Vertrieb ist berechtigt, den Vertrag im Rahmen der Grundversorgung unter Einhaltung der Kündigungsfrist gemäß Punkt XII.2 zu kündigen oder die Aufnahme der Belieferung abzulehnen, sofern ein Stromhändler oder Lieferant bereit ist, einen Stromliefervertrag außerhalb der Grundversorgung mit dem Kunden abzuschließen.

6. Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG und Klein­unternehmen auf die Pflicht der Grundversorgung sind Netzbetreiber entsprechend deren jeweiligen Allgemeinen Bedingungen zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verpflichtet sich der Kunde in der Grundversorgung nach erneutem Zahlungsverzug unter den Voraussetzungen des § 77 ElWOG 2010 zu einer Vorauszahlung mit Prepament-Zahlung für künftige Netznutzung und Energielieferung, um einer Netzabschaltung zu entgehen, wird der Lieferant die für die Einrichtung der Prepayment-Zahlung notwendigen Informationen dem Netzbetreiber zeitgerecht übermitteln. Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepayment-Funktion ist auf Kundenwunsch durch den Netzbetreiber zu deaktivieren, wenn der Kunde seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände bei Liefe­rant und Netzbetreiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreien­des Ereignis eingetreten ist.

Von zentraler Bedeutung ist, dass die Tarife der Energiepreise, die die Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten den Endkunden, d.h. Haushalten und Kleinunternehmern in Rechnung gestellt werden, auch tatsächlich den Bestimmungen des § 77 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 (ElWOG) bzw. des § 124 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) entsprechen. Deshalb muss die zuständige Behörde überprüfen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen des § 77 ElWOG bzw. des § 124 GWG entsprechen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die zustän­digen Behörden zu einer Überprüfung zu veranlassen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversor­gung der Höhe nach den Bestimmungen des § 77 ElWOG bzw. des § 124 GWG entsprechen.“

1       https://www.e-control.at/abschaltung

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte sehr.