16.45

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrter Herr Minister! Das ist erneut eine dringend notwendige Sondersitzung hier im Hohen Haus. Die Debatte war jetzt lange schwierig, das darf sie bei diesem Thema auch sein.

Zweck dieser Sondersitzung – es ist heute schon gesagt worden – ist die Bekämpfung der Kinderarmut. Das klingt im ersten Moment sehr, sehr vielversprechend, denn auch diese Krise ist erneut eine Ausnahmesituation für sehr viele Menschen in diesem Land. Viele Menschen sind am Ende ihrer Kräfte. Besonders hart trifft es diesmal auch jene, die sich nicht selbst helfen können, nämlich Kinder und Jugendliche.

Bei dem Thema Kinderarmut hat auch die hohe Inflation eine zusätzliche schwerwiegende Verstärkung gebracht, und da gilt es gegenzusteuern. Auch die Europäische Union hat das längst erkannt, bloß Österreichs Regierung sieht da eher weniger Handlungsbedarf.

So kommt es, dass Österreich seinen Beitrag zu einem Nationalen Aktionsplan gegen Kinderarmut noch immer nicht erbracht hat. Gut, jetzt kann man sagen, dass ist ein Zusammenspiel aus drei Ministerien, und die Koalition muss sich auch irgendwie einig werden. Ein bisschen Verzögerung kann da vorkommen, aber nach über einem Jahr gibt es immer noch einfach nichts, jetzt, in dieser Zeit? – Das ist eine schwache Leistung. Dabei wäre diese EU-Initiative gerade jetzt so wichtig. Ich gebe zu, ganz kurz habe ich die Hoffnung gehabt, dass aus Anlass dieser Sondersitzung neben all dem anderen heute zusätzlich vielleicht noch der Aktionsplan vorgestellt wird oder zumindest neu in Aussicht gestellt wird, aber es ist wieder nichts.

Dabei geht es bei diesem Aktionsplan der EU um nichts Geringeres als darum, bedürftigen Kindern und Jugendlichen wirksamen und kostenlosen hochwertigen Zugang zu sechs Dienstleistungsbereichen zu garantieren: frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung; Zugang zu Bildungsangeboten und schulbezogenen Aktivitäten; mindestens eine gesunde Mahlzeit pro Schultag; bestmögliche Gesundheitsversorgung sowie einen effektiven Zugang von Kindern in Not zu insgesamt gesunder Ernährung und angemessenem Wohnraum.

Wir müssen den Kreislauf der Kinderarmut und der sozialen Ausgrenzung generationenübergreifend durchbrechen, heißt es dazu vonseiten der EU.

Ich will das jetzt hier in drei Bereiche aufteilen: Bildung, Gesundheit und Wohnen.

Bildung ist nun einmal der stärkste Hebel gegen Kinderarmut. Bildung beginnt aber schon im Elementarbereich, sprich im Kindergarten. Schon da beginnen die Probleme, denn es fehlt an Plätzen. Es ist besonders für alleinerziehende Mütter blanker Hohn und wirklich, wirklich nett, wenn man von niemand Geringerem als der zuständigen Familienministerin diese Standardphrase ins Gesicht geschmissen bekommt – jetzt wieder; sie hat das auch schon in einem Interview gemacht; es ist halt wirklich schon eine Standardphrase, weil es von jedem irgendwann einmal kommt; in diesem Bereich finde ich es halt besonders schmerzlich –: Auf den Faktor Arbeit dürfe man in der Debatte nicht vergessen, „denn das beste Mittel gegen Armut ist und bleibt die Erwerbsarbeit“. – Ja, das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht für erwerbstätige Mütter, die halt keine Möglichkeit haben, ihr Kind in Betreuung zu geben und somit in der Teilzeitfalle landen und so weiter.

Was bedeutet Armut für ein Kind? – Armut bedeutet, früh zu merken, dass man eben nicht mithalten kann, dass man sozial ausgegrenzt wird, dass es keine Feier zum Geburtstag gibt, dass es keine Freizeitaktivität gibt, dass man nicht Mitglied in einem Sportverein werden kann, dass es nicht die Ernährung gibt, die ein Kind eigentlich braucht, dass Kinder sich nicht nur sozial ausgegrenzt fühlen, sondern es de facto auch sind.

Da fehlt mir der Generalplan Bildung. Wo auch immer die Bildungsmilliarde verloren gegangen ist: Auch die müsste jetzt wieder neu belebt werden oder wieder neu verteilt werden (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg Meinl-Reisinger), denn die Bildungskapazität ist ausgereizt. Die ist an einem Maximum.

Ein Sidefact: rund 20 Prozent der Kinder in Österreich kommen ohne Frühstück in die Schule. Spätestens seit der Pandemie sollte jeder wissen, dass jedes fünfte Kind in diesem Land sein einziges warmes Essen in der Schule bekommt.

Ebenfalls ein ganz besonders heikles Thema ist das Gesundheitswesen im Bereich der Kinder und Jugendlichen. Auch dazu gibt es sehr viel zu sagen, aber ich möchte mich einmal mehr auf den psychologischen Aspekt konzentrieren. Sowohl Kinder als auch Jugendliche geraten immer mehr an ihre psychischen Grenzen und können sich keine Hilfe holen, weil sie a) nicht wissen, wo, und b) nicht wissen, wie sie die bezahlen sollen. Mütter und Väter werden abgewiesen und müssen mit sehr viel Geduld darauf warten, dass ihrem Kind geholfen werden kann.

Neben der Tatsache, dass Kinder und Jugendliche durchschnittlich fünf Monate auf einen Therapiebeginn warten müssen, müssen 43 Prozent der Einrichtungen Kinder aus Kapazitätsgründen überhaupt abweisen. Beispielsweise gibt es bei der so wichtigen Versorgung von Kindern mit Autismusstörung Wartezeiten von einem Jahr bis eineinhalb Jahren. Man ist dann auch teilweise dazu gezwungen, Patienten nicht mehr aufzunehmen. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Gangbetten in den Spitälern werden regelmäßig kritisiert, aber in vielen Bereichen, die Kinder betreffen, gibt es überhaupt keine Chance auf ein Bett. Da werden Kinder abgewiesen, wenn man als Elternteil nicht die Möglichkeit hat, privat zuzuzahlen. (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Beifall der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Haubner: Schlusssatz!) Die Chance, diesbezüglich zeitgemäß zu reagieren, wäre gestern gewesen.

Auch der Ausbau der schulpsychologischen Betreu- -

Präsident Ing. Norbert Hofer: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ja. Der Schlüssel ist jetzt: auf 6 100 Kinder kommt ein Psychologe. Das ist der Istzustand, der schlecht ist. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Thema Wohnen - - (Abg. Haubner: Schlusssatz! Schlusssatz!) – Schlusssatz: Ja, machen wir einen Schlusssatz! Jetzt zu den viel gepriesenen 60 - -

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, ich habe ganz viel Zeit darüber gegeben – bitte den Schlusssatz!

Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Das ist ein Schlusssatz, der ist voll ein ganzer Satz mit Punkt. (Allgemeine Heiterkeit.)

Zu den viel gepriesenen 60 Euro pro Kind (Zwischenrufe bei der ÖVP): Die Teuerung macht Mehrkosten im Monat von 150 bis 170 Euro. Das heißt - -

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, ich will wirklich nicht unhöflich sein. (Zwischenruf der Abg. Strache.) – Nein, es tut mir leid (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Strache), aber das war ja schon der fünfte Schlusssatz. Jetzt noch einen Satz, und dann muss wirklich Schluss sein. Bitte. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Ragger: Einen habe ich noch, einen habe ich noch!)

Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ja, dann ist Schluss. Die Mehrkosten machen 150 bis 170 Euro im Monat aus, daher ist es ein Nullsummenspiel. Es ist nicht einmal mehr ein Null- -

16.51