10.54
Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute steht hier eine Novelle des Primärversorgungsgesetzes, ein sehr wichtiger Schritt, an. In der Allgemeinmedizin hat man ein breites Spektrum medizinischer Herausforderungen, medizinischer Probleme. Was aber alle routiniert Tätigen in der Allgemeinmedizin wissen, ist, dass es sich sehr oft nicht allein um ein medizinisches Problem handelt, sondern dass gerade in der Allgemeinmedizin psychische und soziale Faktoren eine entscheidende Rolle spielen; und das ist ja gerade der USP der Primärversorgungszentren, wo verschiedene Berufsgruppen interdisziplinär zusammenarbeiten, wo von der Physiotherapie über die Psychotherapie bis zur Sozialarbeit auch unter Einbindung von Hebammen wirklich ein breites Spektrum an Betreuung angeboten werden kann. Das ist der erste große Vorteil für die Patientinnen und Patienten.
Der zweite große Vorteil neben diesem breiten Betreuungsangebot ist, dass diese Primärversorgungszentren auch erweiterte Öffnungszeiten, auch an Tagesrandzeiten, zum Teil auch am Wochenende, haben. Auch das kommt natürlich den Patientinnen und Patienten entgegen.
Die Primärversorgungseinheiten sind natürlich auch für die Menschen, die dort arbeiten, ein besonders attraktives Arbeitsumfeld. Da sind einmal der interkollegiale Austausch und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu nennen, aber auch die Planbarkeit für ein entsprechendes Gleichgewicht im Berufs- und Privatleben. Das ist gerade, sage ich, für die Generation Z ein sehr attraktives Angebot.
Was ändert jetzt das Gesetz, was bringt diese Novelle an Neuigkeiten? – Eine ist: Es genügen schon zwei Ärztinnen und Ärzte, um eine Gründung in Gang zu setzen. Es können nicht ärztliche Berufsgruppen bereits bei der Gründung drin sein. Ein weiterer Punkt ist, dass die Entscheidung für ein PVZ, die Ausschreibung, die Besetzung deutlich vereinfacht und beschleunigt werden. Zudem gibt es 100 Millionen Euro aus dem EU-Aufbau- und Resilienzplan, die deutlich und hilfreich die Gründung dieser PVEs unterstützen können.
Es gibt noch einen Punkt, auf den ich hinweisen will: Wir reden immer von Primärversorgungszentren mit der Vorstellung: Da ist ein Gebäude oder ein weitläufiges Stockwerk, in dem alle zusammen sind. – Ja, das sind Primärversorgungszentren, aber das Gesetz bezieht sich ja auf sogenannte Primärversorgungseinheiten, und da gibt es nämlich etwas Zweites: die Primärversorgungsnetzwerke. Die Zentren werden gut in eine Bezirksstadt, in eine große Marktgemeinde passen, aber Primärversorgungsnetzwerke bedeuten, dass die einzelnen Ordinationen über kleine Ortschaften verteilt sein können und trotzdem in ihrer Gesamtheit einer Primärversorgungseinheit entsprechen. Das ist natürlich etwas besonders Attraktives für den niedergelassenen Bereich im ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es gibt im Gesundheitswesen jetzt nicht unbedingt einen Mangel an Medizinerinnen und Medizinern, es gibt aber sehr wohl Versorgungsengpässe, die verschiedene strukturelle Ursachen haben. Ich bin froh, dass nach mehreren Jahrzehnten, in denen sich manches fehlentwickelt hat, unsere Bundesregierung ganz entscheidende Schritte in die richtige Richtung setzt. Diese Novelle betreffend die Primärversorgungszentren ist solch ein Meilenstein. Ich denke aber auch an die zwei Pflegereformpakete mit 38 Maßnahmen, die in diesem Sektor ganz wesentlich etwas Positives beigetragen haben, an die Fachärztin, den Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin oder auch an den Ausbau der kassenärztlichen Stellen zusammen mit einer Attraktivierung durch eine entsprechende Anschubfinanzierung, aber auch – langfristig – durch eine entsprechende Anpassung im Leistungs- und Honorarsystem. Das sind ganz wichtige Schritte. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
Vielfach ist das natürlich auch mit den Ländern zu klären. Es finden jetzt die Finanzausgleichsgespräche statt, in denen auch einige gute, qualitative Weichenstellungen auf dem Weg sind. Die Länder arbeiten dabei auch mit. Ich will als Beispiel jetzt nur mein Heimatbundesland, die Steiermark, nennen, das gerade in der letzten Woche wieder eine sehr große Attraktivierungsmaßnahme für Gesundheitsberufe im Spitalsbereich gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Unsere Bundesregierung handelt, worüber ich sehr froh bin. Ich möchte abschließend ein großes Danke sagen – ein Danke an die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen, aber diesmal ganz besonders an die Kolleginnen und Kollegen, die in der Allgemeinmedizin, sei es in Einzelordinationen, sei es in Primärversorgungszentren, arbeiten und eine wesentliche Basis für eine funktionierende Gesundheitsversorgung in unserem Land darstellen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
11.00
Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.