15.36

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, Schule muss ein Ort sein, wo man gerne hingeht, wo Schülerinnen und Schüler gerne lernen und Lehrerinnen und Lehrer auch gerne arbeiten. Da gebe ich Ihnen völlig recht. (Abg. Scherak: Aber es ist nicht so!)

Ich gebe Ihnen auch recht, wenn Sie sagen, es muss auch darum gehen, dass man Bürokratieprobleme in den Griff bekommt (Abg. Seidl: Aber wer hat das aufgetürmt?), aber in dieser Diskussion stellen wir jetzt eines einmal ganz klar fest: Man prüfe einmal die Zuständigkeit, und dann ist auch klar, dass es viele Punkte gibt, die hier gefordert werden, für die der Herr Minister und das Ministerium nicht zuständig sind. (Ruf bei den NEOS: Oje!) Die Zuständigkeiten fallen unter anderem auch in die Länder beziehungsweise in die Bildungs­direktionen. (Abg. Stöger: Für die ist aber der Minister zuständig, Entschuldigung! Das ist Bundesrecht!)

Da sind wir jetzt bei jenem Bundesland, nämlich Wien, in dem Herr Wiederkehr von den NEOS als Bildungsstadtrat da selbstverständlich in der Ver­antwortung steht! Ich frage Sie jetzt nicht, Frau Klubobfrau: Warum ist Herr Wiederkehr Bildungsstadtrat? – Ich habe keine Antwort darauf. (Beifall bei der ÖVP.)

Wien hat ganz klar ein Problem, was das Personal betrifft. Da stelle ich mir auch die Frage: Wenn in Wien im Prinzip fast täglich ein Lehrer seinen Dienst quittiert oder das Dienstverhältnis auflöst, wie attraktiv ist es dann, in Wien zu unterrichten? (Abg. Leichtfried: Fällt irgendwem von der ÖVP einmal auf, dass das der Nationalrat und nicht der Landtag ist?)

Lehrerinnen und Lehrer, die in einem Grenzbezirk leben, wechseln das Bundes­land, hören überhaupt auf zu unterrichten, gehen nach Niederöster­reich – und dann behauptet bitte Wien, der Herr Bildungsstadtrat von den NEOS, doch tatsächlich, es gibt kein Abwanderungsproblem, es gibt keine Tendenz dahin gehend, dass Wien keine Lehrer hat?! Das kann doch nicht sein ernst sein! Worauf wartet denn der Herr Bildungsstadtrat noch? Was tut er denn, um seine Lehrerinnen und Lehrer in Wien zu halten? (Ruf bei der ÖVP: Ich glaube, der Schuss geht nach hinten los, Frau Meinl-Reisinger!)

Wie attraktiv ist das Unterrichten in Wien? Er kann Anreize setzen (Abg. Krisper: Er appelliert an den Minister!), die gefordert wurden. Vieles wurde gefordert (Abg. Meinl-Reisinger: Er macht doch unglaublich viel! Ein Stipendium zum Beispiel jetzt ...!): Parkmöglichkeiten, Wohnungen, Klimaticket. – Es gab keine Anreize in Wien, die dafür gesorgt haben, dass Lehrerinnen und Lehrer dort unterrichten wollen.

Offensichtlich ist da der eine oder andere Herr überfordert. (Ruf: Bei der ÖVP ...! – Lebhafte Heiterkeit und Beifall des Abg. Loacker. – Ruf bei der ÖVP: Der Wiederkehr!)

Vielleicht sollte man auch einmal einen Blick in die Bildungsdirektion werfen. Eine Junglehrerin hat mir berichtet (Abg. Leichtfried: Herr Präsident, das ist nicht der Gemeinderat hier!), dass Junglehrerinnen aus Niederösterreich (Ruf bei den NEOS: In Niederösterreich ist es ja so cool!) nach Wien gewechselt haben (Abg. Krisper: Warum? Vielleicht sind sie weggezogen!), und ich sage Ihnen: Es hat Monate gedauert, bis die Gehaltsverrechnung überhaupt funktioniert hat. Diese junge Lehrerin hat über Monate kein Gehalt gehabt! – Das wollen Sie? – Das glaube ich nicht. Es liegt in der Hand des Herrn Bildungsstadtrates. (Abg. Seidl: Bitte reden Sie über Bundespolitik!) Es berichten viele Lehrerinnen und Lehrer davon, dass sie Wochen nach dem Schulanfang noch keinen Dienstvertrag bekommen haben. Auch das liegt in der Hand von Wien. (Abg. Leichtfried: Kön­nen Sie nicht einmal zur Sache reden?)

Die NEOS sprechen im Antrag von der Abschaffung der Bildungsdirektionen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das zeigt entweder Ihr fehlendes Verständnis vom österreichischen Bildungssystem oder es geht hier um reinen Populismus (Beifall bei der ÖVP – Zwischenruf des Abg. Einwallner), denn Sie haben es in der Hand, in der Bildungsdirektion auch eine Servicestelle einzurichten. (Abg. Leichtfried: Das sagt eine, die nur von Wien redet!)

Ich bin natürlich auch bei Ihnen, dass überbordende Dokumentationen die Qualität des Unterrichts sicher nicht steigern werden. Jede zusätzliche Dokumenta­tionspflicht führt selbstverständlich zu einer weiteren Belastung. Sie selbst aber haben sich im Ausschuss darüber beschwert, dass nicht detailliert genug erhoben wird, wie die Schulen die Autonomie nutzen. – Na, was jetzt? Nehmen Sie sich doch bitte selbst einmal ernst! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wöginger: Noch eine Statistik ...! – Abg. Meinl-Reisinger: Sie haben eine Steuerungsfunktion im Ministerium, das ist doch kein Blindflug!)

Sie sprechen von personeller und finanzieller Autonomie, und ich möchte Ihnen an dieser Stelle sagen – vielleicht haben Sie es verpasst –: Jede Schule kann sich ihr Personal aussuchen. Oder wollen Sie das nächste Verwaltungs­monster schaffen? Gibt es dann für jede Lehrkraft einen eigenen Vertrag, ein eigenes Gehalt? Ich als Gewerkschafterin sage Ihnen: sicher nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist es, Sie wollen keine Autonomie! Dann sagen Sie es doch! Dann haben Sie nämlich weniger Macht und Kontrolle! – Abg. Wöginger: Dienstrecht hat doch mit der Autonomie nichts zu tun!)

Wer verrechnet dann die Kosten an den Schulen? Wer führt rechtliche Verfahren? Kolleginnen und Kollegen, sollen das wieder die Schulleitungen übernehmen – ernsthaft? Ist das Ihre Art von Entlastung? (Abg. Stöger: Zu was für einem Thema spricht ...? – Heiterkeit bei den NEOS.)

Weiters sprechen Sie davon, dass Bund und Länder sich auf ein Schulverwal­tungssystem einigen sollen. –Ja, bitte, fangen wir in Wien an! Wir haben es schon gehört: Das einzige Bundesland, das es nicht hat, ist Wien. (Abg. Meinl-Reisinger: ... ein Schulverwaltungssystem für alle anderen Schulen ...!) Wien hat Vision – die fehlt aber Wien offensichtlich. (Beifall bei der ÖVP.)

Das digitale System, wir haben auch viele positive Beispiele: Wir haben den digitalen Schulausweis, wir haben Bots, wir haben auch Digitalisierungs­initia­tiven, und da sollen natürlich auch weitere wichtige Schritte gesetzt werden. Es gibt Entlastungen: psychosoziales und administratives Entlastungs­personal, flächendeckend, erstmals an den Pflichtschulen. Jedes Bundesland hätte das vorher auch machen können, es ist aber nicht passiert, erst auf Initiative des Bundes ist es passiert.

Im Finanzausgleich ist auch die Finanzierung verankert. Das heißt, es gibt da keine Ausreden seitens der Länder.

Auch die Schulpsychologie, haben wir gehört, wurde um 20 Prozent aufgestockt. Ich sage hier auch als Gewerkschafterin ganz klar: Ich stehe selbstverständlich an der Seite der Kolleginnen und Kollegen, der Schulleiterinnen und Schulleiter, die nämlich täglich einfach Großartiges für unsere Kinder und für unsere Jugend­lichen leisten. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Sie haben die besten Arbeitsbedin­gun­gen verdient. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Dann schaffen Sie sie!)

Der Herr Bundesminister hat heute in der Fragestunde schon eines gesagt: Er wird mit der Interessenvertretung weiter zusammenarbeiten. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ich vertraue ihm – ich nehme Sie beim Wort, Herr Minister, dass das auch weiterhin geschehen wird. Denn wir alle sind aufgefordert (Zwischenruf der Abg. Seidl), wir alle in den unterschiedlichsten Parteien mit den Zuständig­keiten in den Ländern, aber auch im Bund. (Abg. Meinl-Reisinger: ... Personal... ist ja kein Tinderdate zwischen Gewerkschaft und Minister!) Überall dort, wo wir Verantwortung tragen, ist es wichtig, auch gemeinsam zu arbeiten, nämlich dafür zu sorgen, dass in den Schulen wieder die Zeit für das Wesentliche gegeben ist, dass Lehrerinnen und Lehrer wieder auf ihre pädagogischen Kernaufgaben schauen dürfen. (Abg. Scherak: Dann fangt an nach 36 Jahren in der Bundesregie­rung!)

Das ist unser Ziel, und gemeinsam, meine Kolleginnen und Kollegen, werden wir das auch schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Kann irgendwer der ÖVP erklären, dass das nicht der Wiener Gemeinderat ist hier?)

15.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Tanzler. – Bitte.