16.00

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Speziell liebe Kolleg:innen von den NEOS! Zu diesem Antrag und zur Diagnose in diesem Antrag, der ich über weite Strecken zustimmen kann: Ja, wir haben ein kompliziertes Schulsystem. Wir haben Doppelgleisigkeiten bei den Zuständigkei­ten, wir haben einen Fleckerlteppich an Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Schulerhaltern, also den Gemeinden – das ist im Bildungsbereich nicht viel anders als im Gesundheitsbereich. Diese Struktur ist oft ineffizient und sie raubt sehr viel Kraft, nicht nur den Pädagog:innen, sondern auch den Eltern und den Kindern. Das kann man sicher besser machen.

Es fahren ja jetzt alle nach Finnland. Ihr wart dort, ich war auch dort, was habe ich dort gesehen? – Ich habe tatsächlich gesehen, was ihr in diesem Antrag auch erwähnt: eine starke Schulleitung an jedem Standort, mit weitreichenden Kompetenzen, auch mit einer weitreichenden Verantwortung. Was macht die Schulleitung? – Sie leitet dort, am jeweiligen Standort, ein multiprofessionelles Team.

Dieses Team besteht aus Profis mit ganz unterschiedlichen Expertisen und Schwerpunkten, die sie mitbringen. Das sind zum einen selbstverständlich die Pädagog:innen, aber auch viele weitere Berufsgruppen. Das sind Tutoren und Tutorinnen, wie sie dort heißen, das sind Lernbegleiter:innen, das sind Päda­gog:innen mit Schwerpunkten im Bereich Bewegung, Kreatives, das sind Psycholog:innen, das sind Leute aus der Schulsozialarbeit; überall gibt es auch eine Schoolnurse – das finde ich auch sehr interessant – und selbstverständlich gibt es auch viel administratives Unterstützungspersonal.

Diese Leute arbeiten alle in verschiedenen Rollen, mit verschiedenen Ausbildun­gen, sie arbeiten alle – das ist ganz wichtig – auf Augenhöhe, sie arbeiten in einem gemeinsamen Team, bei einem gemeinsamen Dienstgeber, und sie haben alle ein gemeinsames Ziel: dass die Kinder gut lernen und dass es ihnen in der Schule gut geht. Und ich glaube tatsächlich, mehr davon brauchen wir hier bei uns in Österreich auch. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Salzmann.)

Jetzt hat aber interessanterweise der Minister, der hier sitzt, genau dafür, für eine weitreichende Reform in diese Richtung, einen Reformvorschlag gemacht, den ich aus voller Überzeugung unterstütze, und ich möchte gleich ein bisschen erläutern, warum.

Er hat die Schaffung eines neuen Berufsbildes (Abg. Meinl-Reisinger: Aber damit zerschlagen Sie ja - -!) unter dem Arbeitstitel Assistenz- und Freizeitpädagogik vorgeschlagen, ist aber natürlich auch noch offen für bessere Vorschläge. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja!) Dieses neue Berufsbild kann verschiedenste Aufgaben im pädagogischen Bereich umfassen, einige davon habe ich vorhin am Beispiel Finnland schon aufgezählt: Da geht es um Kreativität, Bewegung, soziales Lernen, Unterstützung in der Klasse, individuelle Lernunterstützung, auch digitale Unterstützung.

Der entscheidende Punkt an diesem Reformvorschlag ist: Der Bund bietet an, alle diese Fachkräfte in den öffentlichen Dienst zu übernehmen und alle diese Fachkräfte dauerhaft staatlich zu finanzieren. Warum? – Weil all das zum staatlichen Kernauftrag von Bildung dazugehört. Im Moment werden diese Aufgaben wie wir wissen von Gemeinden, von Vereinen, von privaten GmbHs wahrgenommen. In manchen Gemeinden erfüllen sie diese Aufgaben sehr engagiert, in anderen Bereichen weniger. Und die große Chance dieser Reform würde darin liegen – das wird in der Öffentlichkeit für meinen Geschmack immer noch viel zu wenig wahrgenommen –, dass die öffentliche Finanzierung einen Turbo für den Ausbau all dieser ganztägigen Schulformen in ganz Österreich bewirken würde, auch dort, wo die Gemeinden im Moment diese Aufgabe nicht mit großem Engagement wahrnehmen.

Bildung, das wissen wir inzwischen, ist nicht nur Unterricht, sondern umfasst eben auch Lernen, Kommunikation, umfasst den ganzen Tag und die ganze Persönlichkeit. Ich glaube, die meisten Pädagog:innen wissen das inzwischen und wollen keine Einzelkämpfer:innen mehr sein, wollen auch nicht allein in der Klasse stehen, sondern sie wollen gemeinsam in multiprofessionellen Teams am Standort arbeiten. Genau dort wollen wir mit dieser Reform hin.

Die Zeit ist tatsächlich reif dafür, glaube ich. Es braucht offensichtlich noch Überzeugungsarbeit bei den Betroffenen, weil natürlich jede Veränderung, jede Reform auch Angst und Sorgen macht.

Ich appelliere auch an die NEOS, mit dem Ziel dieses Antrages hier: Geben Sie dieser Reform eine Chance! Sie können sehen, wie viel Musik da eigentlich drinnen steckt, wenn man sich durchdenkt, was alles möglich wäre. Arbeiten Sie doch bitte konstruktiv daran mit, damit Sie Teil der Lösung sind und nicht Teil der Blockade! – Ich möchte Sie da selber zitieren. Das ist alles möglich (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist keine gute Idee, was Sie da ...!), auch Teile von dem, was wir in Finnland gesehen haben, wenn wir es nur wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

16.05

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiedler. – Bitte.