11.22

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Ragger, Ihr flammendes Plädoyer für die Über­wachungsfantasie und den Bundestrojaner habe ich jetzt nicht ganz verstanden. (Abg. Ries: Das hat er nicht gesagt! Du kannst es ...!) Sie sind ja an und für sich ein sehr vernünftiger Jurist. In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen nur raten, dass Sie sich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Bundestrojaner durchlesen.

Wir NEOS haben das über Jahre hinweg bekämpft, haben mit der Unterstützung der SPÖ dann eine Verfassungsbeschwerde eingebracht; und der Verfas­sungsgerichtshof hat ganz klar festgestellt, dass das, was Sie einfordern, nämlich Verhältnismäßigkeit, beim Bundestrojaner natürlich nicht gegeben ist, und dementsprechend den Bundestrojaner als verfassungswidrig aufgehoben.

Lesen Sie sich das durch und hören Sie auf mit den Überwachungsfantasien! Es reicht, dass diese (in Richtung ÖVP) Fraktion das will. Setzen Sie sich ein bisschen mehr für Grund- und Freiheitsrechte ein! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Wir diskutieren ja hier den Datenschutzbericht, und da gibt es zwei Aspekte, die mir sehr wichtig sind und die ich gerne herausnehmen würde – insbesondere dass man schaut, dass da nicht über Gebühr überwacht wird.

Das eine ist die Fluggastdatenrichtlinie beziehungsweise die Fluggastdaten­speicherung. Es ist seit mehreren Jahren so, dass, wenn man mit einem Flugzeug in die EU hineinfliegt oder aus der EU hinausfliegt, Daten gespeichert werden. Da wird gespeichert, wohin Sie geflogen sind, unter Umständen auch, ob Sie dort, wo Sie angekommen sind, ein Mietauto gemietet haben, was Sie gegessen haben, wo Sie gesessen sind, Kreditkartendaten. Diese Daten werden viele Jahre gespeichert, bis zu fünf Jahre lang.

Da Kollege Ottenschläger, ich glaube, gestern oder vorgestern, die Wertschät­zung der NEOS so vermisst hat, kann ich ihm da gerne einen Gefallen tun: Ich kann es sehr wertschätzen, dass Kollege Zorba durchgesetzt hat, dass zumindest die innereuropäischen Fluggastdaten nicht mehr gespeichert werden. Das war ein Erfolg der Grünen in der Regierung. Ginge es nämlich nach der ÖVP, würden Sie ja gar nicht aufhören, weitere Daten zu speichern, insbesondere auch die Fluggastdaten innerhalb der Europäischen Union. Insofern gilt meine Wert­schät­zung hier der grünen Fraktion. – Das habt ihr sehr gut gemacht, vielen Dank dafür. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Fakt ist, dass aber immer noch Fluggastdaten gespeichert werden, und das verdachtsunabhängig. Es ist nichts anderes als eine anlasslose Massenüber­wachung. Der Europäische Gerichtshof hat klar gesagt, dass das – insbesondere in einem Fall in Bezug auf Belgien – in diesem Ausmaß, wie da Fluggastdaten gespeichert werden, nicht möglich ist.

Es gibt zwar in Österreich diese Verordnung nicht mehr, dass auch inner­euro­pä­ische Fluggastdaten gespeichert werden, aber es gibt die Verordnungsermächtigung für den Innenminister, und da hat der Europäische Gerichtshof in Bezug auf Belgien gesagt – die haben eine sehr ähnliche Rechtslage –, dass das zu weitge­hend ist. Man kann nicht einfach dem Innenminister eine Ermächtigung geben, quasi willkürlich zu sagen: Na gut, weil es mir jetzt gerade passt, mache ich auch die Fluggastdatenspeicherung von innereuropäischen Flügen!

Wir als Österreich müssen unsere Gesetzeslage anpassen. Ich habe vernommen, dass im Innenministerium daran gearbeitet wird. Ich hoffe, dass das auch so gemacht wird, dass es dann den europäischen Regelungen ent­spricht.

Ein zweiter Punkt, der mir sehr wichtig ist, ist das Thema Gesichtserkennungs­software. Wir erleben, dass immer wieder die Diskussion hochkommt, wie man mit automatisierter Gesichtserkennungssoftware Aufnahmen entweder in Echtzeit oder auch ex post durchleuchtet. Dabei wissen wir, dass die Gesichts­erkennungssoftware aus vielen Gründen sehr gefährlich ist.

Erstens ist sie fehleranfällig. Das heißt, es werden unter Umständen Menschen erkannt, die gar nicht gesucht werden, und die müssen sich dann mit Polizei­behörden auseinandersetzen. Andererseits ist es gefährlich, weil es natürlich massiv in die Privatsphäre von allen Bürgerinnen und Bürgern eingreift, weil man natürlich die ganze Zeit Gefahr läuft, überprüft zu werden und dass eine Gesichts­erkennungssoftware die Kameras, die im öffentlichen Raum sind, über­spielt und schaut, wer sich denn wo bewegt; ob die Frau Bundesministerin, ich oder sonst jemand irgendwo unterwegs sind.

Genau dieses Merkmal, dass man Bürgerinnen und Bürger dauerhaft überwacht und schaut, was sie denn tun, zeichnet Diktaturen aus. So etwas sehen wir in China, wo die Behörden ganz bewusst schauen, wo ihre Bürgerinnen und Bürger sich herumbewegen, und das auch entsprechend verwenden, um ihre Bürger zu unterdrücken.

Es gibt jetzt auf europäischer Ebene eine Diskussion dazu, was man verbieten kann. Das Europäische Parlament hat sich zum Glück sehr klar dafür ausgesprochen, dass die Echtzeitgesichtserkennung bei Kameras im öffentlichen Raum so nicht sein soll, also verboten werden soll. Ich halte das für ganz wichtig und hoffe, Frau Bundesministerin, dass Sie sich gemeinsam mit anderen Parteien hier im Haus, die sich für Datenschutz und Grundrechte einsetzen, auch dafür einsetzen, dass dieses Verbot auf europäischer Ebene auch wirklich kommt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.27

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Corinna Scharzenberger. – Bitte.