13.53

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich weiß nicht, ob es notwendig war, diese Sondersitzung einzuberufen, damit die Bundesregierung ins Arbeiten kommt und etwas vorlegt. Die Diskussionen, Herr Bundeskanzler, die Sie im Sommer über Bargeld in der Verfassung angezettelt haben, würden darauf schließen lassen. Ganz unabhängig davon zeigen die Debatten hier – und das ist jedenfalls ein sinnvoller Output aus der Sondersitzung, finde ich –, wie wichtig es ist, dass es jemanden gibt, der vernünftige Wirtschaftspolitik in diesem Land macht; und wenn man sich den Antrag der SPÖ durchliest, dann wird einem angst und bange.

Sie fordern zuerst einmal das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Das klingt ganz gut, kann man sagen, das würde bei den Leuten direkt ankommen, aber Sie haben noch nie dazugesagt, wie Sie garantieren, dass diese Aussetzung der Mehrwertsteuer auch an die Kunden weitergegeben wird. (Abg. Erasim: Doch! – Abg. Herr: Doch! Steuerungskommission!)

Sie fordern, das finde ich sehr gut, eine Einführung einer Übergewinnsteuer für Konzerne. Da geht es Ihnen nicht mehr nur um Energiekonzerne. Sie schreiben ganz grundsätzlich in diesem Antrag: für alle Konzerne. (Abg. Herr: Die Übergewinn haben! – Abg. Meinl-Reisinger: Was sind denn Übergewinne?) – Frau Kollegin Herr, was sind denn Übergewinne? Wie definieren Sie, was ein Übergewinn ist? Für alle Konzerne soll das gelten. Wenn Sie so überzeugt von dieser Idee sind, wieso denn dann eigentlich nur für Konzerne und nicht auch für andere Unternehmen? Ich verstehe so etwas nicht, und es wäre so wichtig, dass sich die SPÖ einmal damit auseinandersetzen würde, was Sie hier eigentlich vorschlägt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Herr: Durchschnitt der letzten zwei Jahre ...!)

Dazwischen, Frau Kollegin Herr, kommt das übliche Bankenbashing vonseiten der SPÖ, jetzt fordern Sie Mindestzinsen für Spareinlagen und Maximalzinsen auf Kredite. (Abg. Matznetter: Wie im kommunistischen Frankreich!) – Was mich interessieren würde, Herr Kollege Matznetter, wie erklären Sie denn das? (Abg. Matznetter: Frankreich: 3 Prozent!) Es gibt viele Menschen, die über die letzten Jahre mit variablen Zinssätzen Eigentum angeschafft haben oder Immobilien grundsätzlich angeschafft haben, von den massiven Immobilienpreissteigerungen profitieren. Und genau diejenigen, die Sie dann als böse Spekulanten bezeichnen würden, wollen Sie damit noch unterstützen? (Abg. Matznetter: Schauen Sie nach Frankreich!) Das ergibt schlichtweg keinen Sinn. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Bundeskanzler! – Jetzt ist er gerade nicht da, aber an seiner Stelle: Herr Finanzminister! Anstatt diesen populistischen Vorschlägen von FPÖ und SPÖ Gehör zu verschaffen, ist es sinnvoll, glaube ich, wenn man sich mit vernünftigen Vorschlägen auseinandersetzt und sich überlegt, wie man denn das Problem an der Wurzel packen kann, wie man die Menschen langfristig entlasten kann. Das Ziel all dieser Maßnahmen muss ja nicht nur sein, die Menschen zu entlasten, es muss auch sein, dass diese Maßnahmen nicht erstens wieder Unmengen an Steuergeld verschwenden, zweitens dementsprechend die nächsten Generatio­nen belasten und drittens auch noch die Inflation anheizen. Das heißt: Es wäre das Einfachste, wenn Sie die Menschen direkt entlasten und die Steuern auf Lohn und Einkommen senken.

Zugegeben, die Abschaffung der kalten Progression zu zwei Dritteln – nämlich nicht komplett – haben Sie gemacht. Das ist aber schlichtweg keine Entlastung, Sie verzichten nur auf eine zusätzliche Belastung, und deswegen reicht es nicht, sich damit zu rühmen, sondern Sie müssen in diesem Zusammenhang mehr tun. (Beifall bei den NEOS.)

Sie müssen die Gebühren stoppen – ich habe anerkannt und wohlmeinend gesehen, dass Sie jetzt vorhaben, mit diesen 150 Millionen Euro auch den Gemeinden ein Signal zu geben. Das ist grundsätzlich etwas Positives. Man muss aber auch dazusagen, dass es sich am Schluss der Steuerzahler natürlich wieder selbst zahlt, denn was sind denn die 150 Millionen, die Sie in die Hand nehmen? – Es ist Steuergeld, das Sie den Gemeinden zur Verfügung stellen. Im Ergebnis wäre es sinnvoll, zu schauen, dass einfach weniger Gebühren eingenommen werden.

Sie müssen die Lohnnebenkosten senken. Auch das hat Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger schon angesprochen. Wenn wir es schaffen, die Lohnneben­kosten um 6,5 Prozentpunkte zu reduzieren, dann haben Sie Spielräume für die Lohnverhandlungen, von denen Sie ja auch gesprochen haben, von bis zu 5 Prozent mehr Nettoeinkommen. Das hätten die Menschen direkt im Geldbörsel. Sie würden davon profitieren und wären entlastet.

Sie könnten auch ernsthaft und langfristig darüber nachdenken, oder zumindest kurzfristig, wie Sie mit der Kapitalertragsteuer auf Spareinlagen umgehen. Auch das wird inflationsdämpfend wirken, weil die Leute mehr Geld auf die Seite legen würden. Da kann man darüber diskutieren, ob man sie komplett aussetzt oder ob man einen Freibetrag festsetzt.

Herr Finanzminister, Sie sollten vor allem schauen, dass Sie sich mit dem Koalitionspartner über die Behaltefrist auf Kursgewinne bei Aktien endlich einig werden. Auch das ist etwas, wo man Geld auf die Seite legen kann, vorsorgen kann, und was sinnvoll wäre, weil die Menschen am Schluss mehr Geld zur Ver­fügung hätten.

Anstatt diese populistischen Vorschläge der anderen Oppositionsparteien aufzugreifen, wäre es, glaube ich, sinnvoll, sich mit wirtschaftspolitischer Vernunft an die Fragestellungen heranzuwagen. In diesem Sinn, Herr Präsident, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlastungsmaßnahmen statt Showpolitik: Damit sich Arbeiten und Sparen wieder lohnen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, die Lohnnebenkosten zu senken, um Spielraum für die Lohnverhandlungen im Herbst zu schaffen, sowie Sparbuchzinsen und langfristige Gewinnen aus Aktien (also mit Behaltefrist) von der Kapitalertragsteuer zu befreien.“

*****

Das wären Maßnahmen, die die Menschen entlasten und nicht weiter belasten würden. (Beifall bei den NEOS.)

13.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Entlastungsmaßnahmen statt Showpolitik: Damit sich Arbeiten und Sparen wieder lohnen!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 228. Sitzung des Nationalrats über den Dringlichen Antrag der Abgeordneten Jan Krainer, Genossinnen und Genossen betreffend Rekordteuerung für unsere Leute, Rekordgewinne für Konzerne und Sommerurlaub für die Regierung. Schluss damit!

Showpolitik statt gezielter Entlastung: die Verantwortung der anderen

Über die letzten Monate belasten die hohen Energiepreise die österreichische Wirtschaft immer stärker. Dies hat die Inflation in Österreich in schwindelerregende Höhen getrieben und bereitet der heimischen Bevölkerung immer größere Sorgen. Der bisherige Kampf der Bundesregierung war angesichts einer der höchsten Infla­tionsraten westeuropäischer Staaten nicht erfolgreich.

Die Altparteien betreiben in einer weiteren Sondersitzung Schattenboxen um die hohe Inflation, dabei haben sie alle einen gehörigen Beitrag geleistet, dass Österreich jetzt so eine hohe Teuerung hat. Die türkis-grüne Regierung hat die vollen Taschen des Finanzministers dafür genutzt, mit ziellosen Förderungen die Inflation sogar anzuheizen. Den größten Übergewinn macht aber der Kreml mit Gazprom. Der 2018 unter Türkis-Blau beschlossene langfristige Knebelvertrag der OMV mit der Gazprom schränkt den Handlungsspielraum Österreichs wesentlich ein.

Das politische System in Österreich, also Bund wie Länder, gehört zum großen Profiteur der Inflation. Die (teil-)staatlichen Energieversorger waren und sind wichtige wirtschaftliche Machtzentren für Bundes- und Landespolitiker:innen. Dass nirgends in Europa Gas und Fernwärme derart teurer wurden, liegt an den schwarz-roten Landeshauptleuten, die auf keinen Cent Übergewinn verzichten wollen. Sie rühren selbst keinen Finger, Energiepreise billiger zu machen, zeigen aber mit dem Finger auf den Bund. Während im Parlament immer wieder nach weiteren Maßnahmen gerufen wird, die mit viel Steuergeld die Inflation wegzaubern sollen, werden die Mehrein­nahmen öffentlichkeitswirksam mit immer neuen "Boni", "Hilfen" oder "Rabatten" an die Menschen verteilt. Die hohen Preise bei den Kund:innen sorgen also zunächst für hohe Gewinne und Dividenden, die dann in Gutsherrenmanier nur teilweise an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Niemandem ist geholfen, wenn die unterschied­lichen Ebenen zur Show mit dem Finger aufeinander zeigen. Vielmehr braucht es konkrete Schritte zur Entlastung, die das Geld gleich direkt bei den Menschen lässt und ihnen dadurch hilft, sich etwas aufzubauen bzw. zu sparen, ohne auf neue Geschenke vom eigenen Steuergeld hoffen zu müssen.

Entlastung des Faktors Arbeit: Senkung der Lohnnebenkosten

Jedes Jahr stellt die OECD fest, dass Einkommen in Österreich enorm hoch besteuert sind. 2022 lag Österreich in der Rangliste nur hinter Belgien, Deutschland und Frankreich mit einer Abgabenquote von 46,8% an vierter Stelle (1). Von 100 Euro, die Unternehmen für ihre Mitarbeiter ausgeben, flossen also fast 47 Euro über Sozialversicherungsbeiträge und Steuern an den Staat, und nur 53 Euro landeten in den Geldbörsen der Bürger:innen. Die Abschaffung der kalten Progression war zwar ein wichtiger Schritt, führt aber nur dazu, dass die Abgabenbelastung nicht weiter steigt. Daher ist eine weitere Entlastung des Faktors Arbeit durch eine Senkung der Lohnnebenkosten dringend notwendig. Unser Vorschlag würde die Lohnnebenkosten um 6,55 Prozentpunkte senken und hätte ein Gesamtvolumen von rund 9 Milliarden Euro. Die aktuellen inflationsbedingten Mehreinnahmen des Finanzministers sollten ohnehin den Erwerbstätigen zugutekommen, um ihnen mit mehr Einkommen ein besseres Auskommen zu ermöglichen. Außerdem würde eine Senkung der Lohn­neben­kosten den so dringend notwendigen Spielraum für die Lohnverhand­lungen im Herbst schaffen und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich nachhaltig erhöhen.

Abgabenquote laut OECD Bericht Taxing Wages 2023

Doppelte Belastung streichen - KESt Befreiung umsetzen

Schluss mit dem tiefen Griff ins Sparbuch

Das Sparbuch ist - einem Jahrzehnt Mindestzinsen zum Trotz - noch immer Österreichs Anlageform Nr. 1:

•          69% Prozent der Österreicher:innen nutzen fürs Sparen Sparbuch und Sparkonto

•          50% sorgen per Bausparvertrag vor

•          35 % über eine Lebensversicherung (2).

Rund 18 Millionen Sparkonten und Sparbücher gibt es in Österreich. Mit einer durchschnittlichen Einlage von 10.000 Euro ist das Sparbuch die eiserne Reserve unserer Bürger:innen, nicht die der Schwerreichen. Während zuletzt die Kreditzinsen deutlich anzogen, erholen sich die Zinsen auf Sparbücher nur langsam. Zusätzlich wandern von den ohnehin schon mickrigen Zinserträgen derzeit 25% in Form der Kapitalertragssteuer in die Taschen des Finanzministers.

Behaltefrist auf Aktien einführen: Vorsorge ermöglichen

Immer mehr Österreicher:innen aller Einkommensniveaus veranlagen in den letzten Jahren in Wertpapiere, um ihre hart erarbeiteten Ersparnisse vor der Inflation zu schützen. Dabei nehmen sie zugunsten höherer Renditen bewusst auch höheres Risiko in Kauf. Nachdem der Staat bereits über die Lohn- und Einkommenssteuer gut an der Leistung der Steuerzahler:innen verdient hat, schneidet er in Folge auch bei Ersparnissen und Risikobereitschaft mit und erschwert ihnen somit den Werterhalt ihres Ersparten.

Die demographische Entwicklung und der daraus resultierende Druck auf das staatliche Pensionssystem werden einen massiven Ausbau der individuellen, privaten Vorsorge notwendig machen. Eine Kapitalertragssteuerbefreiung für längerfristige Veranlagungen würde einen deutlichen steuerlichen Anreiz zugunsten einer länger­fristigen Veranlagung in Wertpapiere setzen und den Bürger:innen dabei helfen, ihre Ersparnisse gegen die Auswirkungen der wertvernichtende Kombination aus Inflation und niedrigen Sparbuchzinsen abzusichern.

Die „Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kurs­gewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten“, also die Wiedereinführung der früheren Spekulationsfrist, ist im Regierungsprogramm 2020-24 vorgesehen und wurde Anfang 2022 vom Finanzminister angekündigt. Eine rasche Umsetzung dieses Versprechens ist jetzt dringend notwendig.

NEOS fordern eine nachhaltige Entlastung statt weiterer Showpolitik - Arbeiten und Sparen muss sich in Österreich endlich auszahlen!

1. https://www.oecd.org/tax/tax-policy/taxing-wages-brochure.pdf

2. https://cdn0.erstegroup.com/content/dam/at/eh/www_erstegroup_com/de/Presse/Pressemeldungen/2022/10-okt/221021_Praesentation_Weltspartag.pdf?forceDownload=

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Lohnnebenkosten zu senken, um Spielraum für die Lohnverhandlungen im Herbst zu schaffen, sowie Sparbuchzinsen und langfristige Gewinnen aus Aktien (also mit Behaltefrist) von der Kapitalertragsteuer zu befreien.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.