9.44
Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Lieber Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, speziell liebe 8T aus dem Borg Lessinggasse, die heute hier ist! – Das ist übrigens die Klasse meines Sohnes. Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Saal – und ich sage das jetzt speziell in Richtung der ÖVP hinüber –: Es ist heute tatsächlich etwas neu hier, es hat sich etwas in den Verhältnissen verschoben, denn die ÖVP-Spitze hat sich einen Ruck gegeben – oder irgendjemand hat ihr einen Ruck gegeben; vielleicht erfahren wir irgendwann einmal historisch, was genau da war, aber egal, wichtig ist das Ergebnis –, und wir stehen heute erstmals vor einer breiten, stabilen Mehrheit hier im Nationalrat, die entschlossen ist, der Elementarbildung ab sofort alleroberste Priorität zu geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das ist, wie wir gerade gehört haben, eine Mehrheit ohne die FPÖ – das ist eigentlich normal bei allen konstruktiven Vorhaben, denen man sich in diesem Land stellt (Abg. Wurm: Wir sind die einzigen Normalen!) –, aber diese breite Mehrheit ist neu, sie ist super und sie wird, davon bin ich fest überzeugt, Österreich dauerhaft zum Besseren verändern. (Abg. Belakowitsch: Das kennen wir ja die letzten Jahre ...!) Sie wird Kindern neue Bildungschancen eröffnen, sie wird Eltern und Großeltern Stress von den Schultern nehmen (Abg. Belakowitsch: Ja, genau!), sie wird der Wirtschaft guttun – an die FPÖ gerichtet: sie wird vielleicht sogar der Geburtenrate guttun –, sie wird Gemeinden attraktiver machen, weil Familien natürlich gerne an Orten leben, wo sie nicht isoliert und allein sind, sondern wo man sich um ihre Bedürfnisse kümmert.
Das sagen viele – auch in der ÖVP – schon seit vielen Jahren. Man hätte manchmal vielleicht auch schon früher auf sie hören sollen – speziell auf die ÖVP-Frauen –, aber wenn jemand spät zu einer Party kommt, freut man sich manchmal umso mehr, dass er, sie da ist. In diesem Sinn ein umso herzlicheres Willkommen an den Bundeskanzler und an die Frauen- und Familienministerin! Gut, dass wir in dieser entscheidenden Zukunftsfrage jetzt endlich tatsächlich alle an einem Strang ziehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist ja nicht trivial, was wir uns hier vorgenommen haben – die Ministerin hat es bereits ausgeführt –: 50 000 Kindergartenplätze, speziell für die unter Dreijährigen. Da reicht es nicht, wenn man einfach 4,5 Milliarden Euro über dem Bundesgebiet ausschüttet – wir wollen ja nicht irgendwelche, wie Sie (in Richtung Bundesministerin Raab) auch selber gesagt haben, Husch-Pfusch-Plätze, in die man die Kinder morgens schnell steckt, nur damit man rechtzeitig arbeiten gehen kann –, sondern es geht, ich bin ja Bildungssprecherin, um Bildung. Elementarbildung braucht Qualität, sie braucht Zeit, sie braucht Raum, sie braucht Wertschätzung und vor allem braucht sie gut ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen, die unter guten Bedingungen arbeiten, denen dieser Beruf auch jeden Tag Freude macht, damit sie auch langfristig in dem Beruf bleiben, was ja heutzutage eines der Hauptprobleme in Österreich ist. Da haben wir in Österreich tatsächlich einiges zu tun – ich umreiße ein paar Punkte.
Erster Punkt: die Gruppengröße. Es ist logisch: Je kleiner die Kinder, umso mehr Pädagog:innen brauche ich, umso kleiner müssen die Gruppen sein, damit es allen gut geht.
Zweiter Punkt: Unterstützungspersonal. Da gilt Ähnliches wie auch in der Schule: Pädagog:innen sollen nicht alles immer selber machen müssen. Sie brauchen mehr Support durch Administrativkräfte, durch Küchen- und Reinigungspersonal, durch Sozialarbeiter:innen, speziell auch bei der Arbeit mit den Familien, sie brauchen Unterstützung durch Spezialist:innen aus verschiedensten Bereichen, von Therapien bis hin zur Sprachförderung.
Drittens: Wir brauchen unbedingt ein einheitliches Dienstrecht. Was gehört da alles dazu? – Das beinhaltet ausreichend Zeit für Vor- und Nachbereitung, für Reflexion, für Supervisionen, für Fortbildung, auch für Elterngespräche. Elementarpädagogik ist ein hochkomplexer Beruf mit einer riesigen Verantwortung. Das macht man nicht einfach so zwischen Tür und Angel zwischendurch in den 2 Minuten, wenn man einem Kind gerade auch noch die Nase putzt.
Viertens müssen wir natürlich über die Gehälter reden. Es braucht eine faire Bezahlung auf Augenhöhe mit anderen pädagogischen Berufen, und zwar bei allen Arbeitgebern, bei denen wir im Moment ja auch noch einen riesigen Fleckerlteppich haben.
Damit bin ich auch schon bei – fünftens – meinem Lieblingsthema, das sind die bundesweit einheitlichen Mindeststandards, die natürlich verbindlich sind und auch überprüft werden. Ich kann mich noch sehr gut erinnern – Sie vermutlich auch –, wie sich die Länder, Rot und Schwarz gemeinsam, bei den 15a-Verhandlungen noch mit vereinten Kräften gegen diese Standards gesträubt haben. Ich habe jetzt mit Freude gehört, dass wir mit diesem gewaltigen Finanzierungsschub auch da einen neuen Anlauf machen werden.
Ich wünsche der Ministerin aus ganzem Herzen viel Erfolg speziell dabei, und wir werden das nach Kräften unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
9.49
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte sehr.