20.23

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Abgeordnete! Liebe Zuseher, so Sie noch da sind! Ich freue mich eigentlich sehr, dass zu so später Stunde, nach so vielen emotionalen Themen davor, auch der Tourismus weiter so emotional diskutiert wird. Das zeigt die Wichtigkeit des Tourismus. Dass er allen am Herzen liegt, ist sozusagen ein positives Zeichen für mich persönlich.

Ich habe jetzt genau zugehört und auch mitgeschrieben. Wir arbeiten ja im Tourismusausschuss sehr eng zusammen, und da möchte ich mich übrigens herzlich bei allen, die im Tourismusausschuss sitzen, bedanken: Ich glaube, wir machen eine sehr kooperative gemeinsame Arbeit.

Der Tourismusbericht liefert jedes Jahr die Zusammenfassung der Zahlen und Fakten und auch der Indikatoren. Alles, was wir in der Tourismuspolitik machen, basiert auf dem Masterplan Tourismus, der für den österreichischen Tourismus noch immer sehr relevant ist. Weil das Wort Zukunftsfähigkeit genannt wurde: Es ist mir eine Freude, dass ich jetzt – die Zahlen wurden teilweise ja schon gesagt – vielleicht am besten auf die Punkte eingehe, von denen ich persönlich glaube, dass sie für einen zukunftsfitten Tourismus in Österreich ganz, ganz wesentlich sind und an denen wir auch intensiv arbeiten; sie wurden teilweise auch schon genannt.

Wichtig ist – und das wurde heute gesagt; von Abgeordneter Erasim, von Melanie wurde das erwähnt –, dass wir das Indikatorensystem sehr intensiv weiterentwickelt haben. Ich werde dann noch darauf eingehen, unter anderem darauf, was noch zusätzlich neu in den Tourismusbericht hineinge­kommen ist, und das ist die Tourismusakzeptanz, die seit 2022 bezie­hungsweise 2021 gemessen wird und die in Zukunft auch einen ganz wichtigen Teil zu den Entscheidungen im Tourismus beitragen wird.

Es gibt im Tourismus drei große Themenbereiche. Der eine ist das Thema Nachhaltigkeit mit allen drei Dimensionen, der zweite ist das Thema Digitalisie­rung und der dritte ist das Thema Arbeitsmarkt. Das sind die drei Bereiche, die uns im Tourismus am meisten den Weg in die Zukunft zeigen, wenn wir sie richtig bearbeiten.

Ich habe Ihnen noch ein paar Zahlen und Fakten mitgebracht, von denen ich dachte, dass sie für Sie über das, was ich schon gesagt habe, hinaus auch noch interessant sind.

Ich weiß nicht, ob es allen bewusst ist, aber wir haben in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft – alles zusammen, privat und gewerblich – rund 160 000 Betriebe. Das ist eine riesige Menge, die sich über das gesamte Land verteilt, und daher hat der Tourismus eben auch diese Relevanz für das Land: weil er sich einfach überall mit der Bevölkerung verknüpft und einen wesentlichen Einfluss auf die Regionen und Destinationen hat.

Wir haben ein leichtes Bettenwachstum in diesem Jahr 2022 verzeichnet. Woher kam das? – Auch sehr spannend: Es kam einerseits durch Wien, durch die gestiegene Zahl der Fünfsternbetriebe, da haben wir in Summe im Fünfstern­bereich ein Bettenwachstum von rund 3,1 Prozent – bei diesen Betrieben sogar sehr stark –, und wir haben bei den Ferienwohnungen ein Bettenwachs­tum von 9,4 Prozent – interessanterweise bei den gewerblichen Ferienwohnun­gen; bei den privaten Ferienwohnungen, Herr Hauser, haben wir sogar ein kleines Minus von 0,9 Prozent.

Das zeigt, dass das Thema Ferienwohnungen – als Konkurrenz zu den Privatzim­mervermietungen, muss man auch sagen – eine neue Relevanz bekommen hat, weil eben auch ein wesentlich breiteres Angebot von unseren Gästen nachgefragt wird.

Nächtigungen wurden schon erwähnt: Wir sind in diesem Jahr noch 10 Prozent unter 2019. Es ist aber völlig richtig: Es geht darum, dass wir Qualität in die Quantität bringen und nicht einfach Quantität unkoordiniert und ungebremst entstehen lassen.

Bei den Ankünften sind wir sogar 18 Prozent unter 2019. Wir sehen also, dass sich die Aufenthaltsdauer derzeit noch leicht erhöht hat.

Der Anteil am BIP – wurde auch schon gesagt – beträgt 6,2 Prozent, wir hatten schon einmal 7,6 Prozent, und der Anteil an den Erwerbstätigen ist 7,8 Prozent, wobei 55 Prozent Frauen sind. Ich komme nachher noch einmal kurz auf das Thema Frauen zu sprechen.

Was mir aber wichtig ist: Wenn man den Tourismus und die Freizeitwirtschaft zusammenrechnet, dann ergibt das 2022 in Österreich in Summe einen BIP-Anteil von 13,1 Prozent und einen Anteil an allen Erwerbstätigen von 16,2 Pro­zent.

Der Winter war dieses Jahr sehr erfolgreich. Wir sind noch circa 5 Prozent hinter 2018/2019; der Anteil der Ausländer beträgt 77 Prozent, der Inlandsanteil 23 Prozent.

Halbzeit Sommer – die Augustzahlen kommen ja erst Ende September, also in den nächsten Tagen –: ein Plus von 1,7 Prozent – Julia Seidl hat es schon angesprochen – im Vergleich zu 2019; Auslandsanteil 70 Prozent, Inlandsanteil 30 Prozent: Es ist interessant, zu sehen, dass der Anteil der Inlandsgäste fast gleich wie im Vorjahr geblieben ist. Das heißt, wir konnten den Inlandsgast auch weiter für Österreich im Sommer begeistern.

Wie ist die Stimmung? – Derzeit ist die Stimmung grundsätzlich gut, aber etwas durchwachsen, weil es, wie schon angesprochen, durch die Unwetter sehr unterschiedliche Ergebnisse in den unterschiedlichen Regionen und Destinatio­nen gibt.

Außerdem kommt natürlich der Unsicherheitsfaktor Teuerung dazu: sowohl die Teuerung bei unseren Gästen und die Rezession in Deutschland als auch die Teuerung bei den Betrieben.

Ich komme jetzt zu dem, was ich eigentlich vorhin angekündigt habe: Was ist die Verantwortung der Tourismuspolitik? Was haben wir zu machen versucht, um uns zukunftsfitter zu machen? – Wir haben im Bereich der Nachhaltigkeit ein Viersäulenmodell aufgestellt. Die erste Säule war die neu orientierte gewerbliche Tourismusförderung mit der neu ausgeschriebenen Abwicklungsstelle, der OeHT, die finalisiert wurde, und dem Nachhaltigkeitsbonus.

Die zweite war die Messung der Tourismusakzeptanz, die in Zukunft hoffentlich jährlich erfolgen wird. Da werde ich im Ausschuss noch auf euch zukommen. Wir sind im Jahr 2021 bei 78 von 100 Punkten gewesen und haben jetzt 76 von 100 Punkten. Die Aufgabe wird sein, diese Tourismusakzeptanz auf hohem Niveau zu halten. Was brauchen wir dafür? – Wir brauchen dafür natürlich, dass in den Destinationen und in den Betrieben das Thema Tourismusakzeptanz in einer guten Balance von allen gelebt wird – Betrieben, Destinationen, Bevölkerung, Mitarbeitern. Nur wenn wir das schaffen, werden wir das auch in Zukunft schaffen.

Wir haben daher neben der Tourismusakzeptanz noch die schon ange­sprochene Zertifizierungsstrategie für Österreich gemacht. Das heißt, es gibt jetzt eine klare Strategie, welche Nachhaltigkeitszertifikate wir für die Betriebe, aber auch für die Destinationen akzeptieren, weil sie kein Greenwashing darstellen. Ich kann nur sagen, dass wir in Österreich damit eines der ersten Länder in der Europäischen Union sind, die eine eigene Zertifizierungsstrategie haben. Wir haben bei den Betrieben das Österreichische Umweltzeichen, das EU-Ecolabel und den Green Key. Wir waren gerade in Dänemark: Der Green Key ist in Dänemark das große Zeichen, das sie überall verwenden.

Wir haben jetzt noch zusätzlich den ESG Data Hub mit den Indikatoren. Sie alle wissen, Green Finance bedeutet, dass die Banken Indikatoren sammeln müssen. Damit die Banken nicht unterschiedliche Indikatoren sammeln, haben wir da in Arbeitsgruppen und gemeinsam mit Herrn Reisenzahn – dem von Herrn Hauser erwähnten Experten – auch standardisierte Indikatoren zum Thema Nachhaltigkeit entwickelt.

Wo stehen wir da? – Derzeit gibt es 514 Betriebe, die das Österreichische Umweltzeichen haben. Wir hatten letztes Jahr 109 Green Meetings. Wir haben vor zwei Wochen zwei Destinationen mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet: Wagrain-Kleinarl und Seefeld. Von der UNWTO hatten wir letztes Jahr zwei Best Tourism Villages, ebenfalls Wagrain und Zell am See-Kaprun. Für mich sind die Destinationen ohnehin der Schlüssel, um eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.

Was ich auch noch erwähnen möchte: Wir hatten ja einen Fördercall, in dem wir die Kinderbetreuung inkludiert hatten. Der wurde nicht angenommen, aber wir haben einen Ersatzfördercall zum Thema Anpassung an klimatische Veränderungen: Welche Konzepte können wir machen, um da in die Zukunft zu schauen? Der war sehr erfolgreich. Mehr als zehn Verbände haben sich gemeldet, und wir werden dann zeitnah im Herbst mit einer Jury die Auswahl und den Start der Projektbegleitung veröffentlichen.

Letzter Punkt für heute: Arbeitsmarkt – der wurde heute schon mehrfach angesprochen. Auch die Themen Lehrlinge und Lehrpläne wurden angesprochen – darauf würde ich gerne antworten.

Bei den Lehrplänen haben Sie völlig recht: Wir müssen schauen, dass wir Digitalisierung und Nachhaltigkeit in die Lehrpläne der Tourismusschulen hineinbringen. Da arbeiten wir intensiv an den neuen Lehrplänen. Das geht auch sehr gut voran.

Bei den Lehrlingen haben wir jetzt versucht, mit einer Awarenesskampagne Arbeit im Tourismus attraktiv darzustellen. Erst kürzlich fanden die Euroskills statt, woran wieder sehr viele junge Menschen ganz begeistert teilgenommen haben und dabei erfolgreich waren. Wir haben derzeit rund 7 000 Lehrlinge in Ausbildung. Es gibt wieder ein Plus von 26 Prozent bei den Lehrlingen im ersten Lehrjahr, was uns auch sehr freut. Der Bedarf an Mitarbeitern im Tourismus wächst aber ständig. Tourismus ist personalintensiv – es ist vor Ort, es ist just in time. Wir haben saisonale Nachfragemuster, und Produktivitätszuwächse sind schwierig und unterscheiden sich fundamental von anderen Branchen.

Vielleicht für Sie alle wichtig: Der Tourismus ist nach dem Handel, der öffent­lichen Verwaltung und der Erzeugung von Waren der viertgrößte Wirt­schaftszweig gemessen an der Anzahl der unterschiedlich im Jahresverlauf unselbstständig Beschäftigten. Das heißt, der Tourismus ist eine wesentliche Branche für die unselbstständig Beschäftigten. Ja, wir haben eine hohe Rotationsrate, und ja, wir müssen daran arbeiten, dass diese möglichst geringer wird. Das ist aber schwierig, weil wir auch eine Einstiegsbranche und vor allem eine Branche für junge Menschen sind.

Was haben wir gemacht? – Wir haben die Saisonnierkontingente erhöht. Wir sind derzeit bei 4 300, das sind 1,7 Prozent aller Beschäftigten, wenn man davon ausgeht, dass es in Hotellerie und Gastronomie im Juli und August im Schnitt knapp 250 000 Beschäftigte gab. Das Saisonnierkontingent macht 4 300 aus. Es kann um 50 Prozent überschritten werden – wird aber nie zur Gänze vergeben ‑, dann wären wir bei 6 500. Dann muss man auch verstehen, dass das Saisonnierkontingent einfach eine andere Relevanz hat, die vielleicht nicht so viel Aufregung braucht.

Die Rot-Weiß-Rote-Karte wurde reformiert und ist jetzt schon erfolgreicher. Es gab bereits im ersten Halbjahr 400 Anträge, wesentlich mehr als im letzten Jahr. Wir machen Pilotprojekte mit dem Österreichischen Integrationsfonds, und ich freue mich sehr, dass die Initiativen der Bundesregierung beim Ausbau der Kinderbetreuung und bei der Abschaffung der kalten Progression gerade im Tourismus, in dem so viele Frauen arbeiten und der so personalintensiv ist, ganz wesentliche Punkte für die Beschäftigten sind.

Es gibt viele Herausforderungen, an denen wir arbeiten. Die größte Herausfor­derung in nächster Zeit wird das Thema Mobilität sein. Mobilität ist im Tourismus eines der ganz großen Themen, bei dem sehr viel zu tun sein wird. Ich hoffe, dass wir da weiter an guten Ideen arbeiten. Wir arbeiten an Mobilitäts­datenräumen, die Digitalisierung wird uns da sehr helfen.

Das Thema Overtourism wurde angesprochen. – Ja, wir müssen versuchen, zeitliche und räumliche Konzentrationen besser zu organisieren und die Digitalisierung zu nutzen. Ich bin nächste Woche in Hallstatt.

Wir haben viele Themen, die uns in einer Zeit der Transformation im Tourismus sehr fordern, aber ich darf Ihnen versichern: Wir arbeiten weiter intensiv daran, und ich bitte alle Tourismussprecher und alle, die im Ausschuss sind, dass sie uns auch weiterhin unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.37

Präsident Ing. Norbert Hofer: Die nächste Rednerin ist MMMag.a Gertraud Salzmann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.