14.31

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Werte Gäste auf der Galerie! Auch weil es bei diesen außenpolitischen Debatten jetzt unter anderem um Armenien geht, möchte ich auch den armenischen Botschafter, Armen Papikyan, hier bei uns im Saal begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

602 Tage, ein Jahr und sieben Monate, dauert der brutale Krieg Russlands gegen die Ukraine an, und die Welt hat tatsächlich aufgehört, die zahlreichen Kriegs­verbrechen, die dort tagtäglich, kontinuierlich, ohne Unterbrechung begangen werden, zu zählen.

Nach 86 Wochen müssen wir auch feststellen: Als der Krieg damals begonnen hat und wir auch damals schon über die Wagner-Gruppe gesprochen haben, dachten wir, dass unsere Sicherheitsinfrastruktur in Europa zerbrochen ist. Wir dachten, dass die Nachkriegsordnung nie wieder die gleiche sein wird. Heute, 86 Wochen danach, müssen wir feststellen, dass zu diesem Krieg in der Ukraine zahlreiche weitere Brandherde dazugekommen sind und dass wir zusehen müssen, dass sich diese nicht zu einem Flächenbrand entwickeln.

Deswegen ist es so wichtig, in dieser Zeit der Hoffnungslosigkeit hier im Parlament über Außenpolitik zu sprechen, aber auch Anträge zu debattieren, die wir einbringen, die zum Teil auch einstimmig sind, und das ist gut so, damit wir den nächsten Generationen diese Hoffnung nicht nehmen, dass es vielleicht einmal wieder für uns alle eine friedliche Zukunft gibt.

Tatsächlich ist es so, dass die Wagner-Gruppe nicht allein auf weiter Flur steht, sondern all diese Brandherde reihen sich hier geopolitisch in eine Kontinuität.

Wir haben hier auch schon viel über den Iran diskutiert, über die dortige Repression und Folter gegenüber der eigenen Bevölkerung, aber eines möchte ich erwähnen: Wissen Sie eigentlich, dass es im Iran aktuell mehr Anti-Hamas-Kundgebungen gibt als in Europa? Das ist ein Zeugnis davon, dass die Bevölkerung im Iran diesen Terror genauso wenig möchte.

Für uns macht das sichtbar, dass nicht nur der Iran die Hamas unterstützt hat, sondern dass auch Wagner-Gruppen die Hamas mittrainiert haben, womit wir wieder beim Gemeinsamen des Terrors wären. Und auch wenn ein Prigoschin vielleicht mittlerweile tot ist, Fakt ist: Der Geist der Vernichtung lebt in genau dieser Kontinuität weiter.

Heute wurden hier schon viele kluge Menschen zitiert, und ich möchte das noch ergänzen. Nietzsche sagte: „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

Wenn wir uns anschauen, was in Nordkosovo passiert, wie Vučić zündelt, wenn wir uns anschauen, dass im Schatten der Kriege, in der Ukraine, aber jetzt nach den Massakern, nach den furchtbaren Angriffen auf Israel, ein Erdoğan beispielsweise die Kurdengebiete bombardiert, wenn wir uns anschauen, was in Bergkarabach passiert ist, dass dort faktisch eine ethnische Säuberung stattgefunden hat, unter dem Schweigen der Europäischen Union, und wir fürchten müssen, dass es dort auch zu weiteren Vertreibungen kommt, nämlich auf armenischem Gebiet, dann wird uns klar, dass wir tatsächlich am Abgrund stehen.

Daher sollten wir alle hier mit aller Ernsthaftigkeit überlegen, wie das öster­reichische Parlament einstimmig, mit aller Vehemenz alles tut, auf europäischer, nationaler und internationaler Ebene, um diese Brandherde wieder zu löschen. Das bleibt unsere Verantwortung und das ist genau das, was eine Terrorgruppe, egal von welcher Terrorgruppe wir hier reden, nicht haben möchte.

Alle diese Terrorgruppen freuen sich, wenn wir in den Abgrund gezogen werden, wenn wir das Völkerrecht über Bord werfen, wenn wir die humanitäre Hilfe einstellen, wenn wir Zivilisten und Zivilistinnen aufgrund von Religion, Hautfarbe oder Herkunft unterschiedlich behandeln. Da freuen sich am Ende nur die Terrorgruppen, weil sie ihr durchsichtiges Spiel weitertreiben können und zusehen können, wie wir hier auch noch Öl ins Feuer gießen.

Ich danke allen Abgeordneten, die sich hier bei den Anträgen, nicht nur zur Wagner-Gruppe, sondern auch zum Thema Armenien oder auch später zum Thema Afghanistan, größtenteils sogar einstimmig dafür ausgesprochen haben, dass das österreichische Parlament klar Position bezieht.

Ich danke Ihnen, Herr Minister, dafür, dass Sie in unserem Auftrag weiterhin auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Ebenen alles tun, um diesen Flächenbrand zu verhindern.

Sie müssen jetzt nicht klatschen. Es gibt hier nichts zu lachen oder zu beklat­schen. Ich finde, wir sollten wahrscheinlich nach jeder dieser außenpolitischen Reden eher eine Schweigeminute abhalten. – Vielen Dank.

14.37

Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Dr. Helmut Brandstätter zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.