15.01
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, gerade noch rechtzeitig! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, aber eigentlich vor allem liebe Zuschauer und liebe Zuschauerinnen zu Hause! Ich würde heute gerne Sie adressieren und Sie ganz ehrlich fragen: Was denken Sie sich, wenn Sie hören, dass die Bundesregierung Milliardenbeträge auszahlt, es ihr aber wichtig ist, das vorbei an der Öffentlichkeit zu machen?
Was vermuten Sie, wenn Sie hören, dass die Bundesregierung Milliardenbeträge an Unternehmen verteilt, aber nicht will, dass das Parlament Einsicht bekommt, geschweige denn kontrollieren kann, wer wie viele Gelder bezieht? (Abg. Zanger: Gaunerei!) Welche Gründe kann es denn dafür geben? (Ruf bei der ÖVP: Kannst ja nachschauen!) Was denken Sie sich, liebe Zuschauer und Zuschauerinnen, wenn Sie hören, dass die Bundesregierung (Abg. Zanger: Raubrittertum! – Ruf bei der ÖVP: Es weiß jeder, was man kriegt, ... nur die Homepage aufmachen!) für ihre Geldverteilerei der Coronagelder extra eine eigene Agentur gründet, sodass Sie zu Hause ja nicht wissen, wohin diese Milliarden an Steuergeld eigentlich fließen? (Rufe bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht! – Die Abgeordneten Hanger und Haubner: Transparenzportal! Transparenzportal.gv.at!)
Die Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause, ausgestattet mit Hausverstand, vermuten wahrscheinlich nichts Gutes. (Abg. Michael Hammer: Wieder eine Ogris-Strategie ...!) Mittlerweile können wir ihnen sagen: Es ist in Wirklichkeit noch viel schlimmer, denn seit dieser Woche ist klar, dass die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen mittels de facto illegaler, mittels verfassungswidriger Konstruktion 20 Milliarden Euro verteilt hat. (Abg. Michael Hammer: Das habts ihr durchgestrichen: „illegal“! – Abg. Steinacker: Illegal ist es definitiv nicht! Man kann über rechtswidrig sprechen, aber nicht über „illegal“!)
Das hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt. Das ist Ihre Cofag, Ihre Covid-Finanzierungsagentur (Abg. Steinacker: Ist ja unglaublich: „illegal“! Wir sind ja in keinem ...! – Abg. Ottenschläger: Habt ihr zugestimmt damals?): 20 Milliarden Euro verfassungswidrig ausbezahlt! (Beifall bei der SPÖ.) Das ist nicht weniger als einer der größten Finanzskandale der Zweiten Republik. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja allerhand! – Abg. Ottenschläger: Habt ihr zugestimmt, dem Gesetz damals?)
Was ist passiert? – Kleine Unternehmer und Unternehmerinnen haben Sie zu Bittstellern und Bittstellerinnen degradiert. (Ruf bei der ÖVP: Unfassbar!) Denen haben Sie nämlich den Rechtsanspruch auf Förderungen genommen. Mitten in einer der schlimmsten Krisen überhaupt, als die Unternehmer:innen nicht gewusst haben: Kann ich morgen aufsperren oder nicht? Kann ich meine Mitarbeiter:innen halten oder nicht?, haben Sie ihnen den Rechtsanspruch genommen. Sie haben sie in Unsicherheit gelassen. Die kleinen und mittleren Betriebe haben eh meistens nur auf 2 000 Euro gewartet, und selbst da haben Sie sie im Regen stehen lassen und haben ihnen die Rechtssicherheit genommen. – Auch das wurde übrigens vom Verfassungsgerichtshof gekippt, auch das.
Wir haben in der allerersten Sitzung, als Sie Ihre verhunzte Cofag ins Leben gerufen haben, schon genau darauf hingewiesen. Wir als SPÖ haben Anträge eingebracht und gesagt: Es braucht doch den Rechtsanspruch für die kleinen und mittleren Unternehmer, die können Sie doch nicht so in Unsicherheit lassen! – Sie haben das gewusst und Sie haben diese Anträge allesamt niedergestimmt. ÖVP und Grüne, wir haben Sie darauf hingewiesen! Das war nicht nur politisch fatal und unverantwortlich, das war auch verfassungswidrig! (Beifall bei der SPÖ.)
Sie – diese Bundesregierung – sind leider mit Ihrer Konstruktion auf voller Linie gescheitert.
Und der springende Punkt dabei ist ja: Während Sie diese kleinen und mittleren Unternehmen, darunter viele Einpersonenunternehmen, im Regen stehen lassen haben, genauso wie Sie es jetzt im Übrigen mit der arbeitenden Bevölkerung tun, die Sie der Teuerung quasi schamlos aussetzen (Widerspruch bei der ÖVP), während das auf der einen Seite passiert ist, haben auf der anderen Seite die René Benkos dieser Welt abkassiert. Unter anderem hat es durch die Cofag für einen der reichsten Menschen der Welt Millionen geregnet – Millionen! Ein Milliardär, der mit Millionen an Steuergeld gefördert wurde: Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!
Herr Finanzminister, ich hoffe, Sie sprechen heute nicht von Treffsicherheit, denn, das ist belegt, die hat es nicht gegeben. Die hat es nicht gegeben! (Beifall bei der SPÖ.)
Gutsherrenartig hat das Finanzministerium die Gelder dorthin verteilt, vorbei an der Öffentlichkeit, wie man das eben wollte. Und was ist dabei rausgekommen? – Leider, wie so oft, Bereicherung für einige wenige auf Kosten der breiten Mehrheit (Abg. Michael Hammer: So ein Unsinn!), auf Kosten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, die schon wieder herhalten mussten, auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung, die diese Überförderung noch finanzieren hat müssen. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)
An dieser Stelle muss ich auch dazusagen: Das sage nicht nur ich (Abg. Michael Hammer: Das sagt der Krainer auch!), das sagt nicht nur die SPÖ, das sagt der Rechnungshof. Der Rechnungshof, den ich an dieser Stelle zitieren darf, hat ja Ihre Cofag ebenfalls zerpflückt und davon gesprochen, dass angesichts eines vollkommen untauglichen Förderdesigns ein – ich zitiere – „Beträchtliches Überförderungspotenzial bei Konzernen“ vorliegt. Das sagt der Rechnungshof.
Schauen wir uns die Überförderung von Konzernen an, ich habe dazu ein paar Beispiele mitgebracht. Nur damit mich niemand falsch versteht: Diese Beispiele habe ich im Übrigen nicht mitbringen können, weil wir das parlamentarisch kontrollieren konnten (Abg. Michael Hammer: Weil sie öffentlich abrufbar sind!), sondern weil die EU Sie dazu gezwungen hat, zumindest einen Teil der Empfänger der Coronagelder zu veröffentlichen. Das war also sozusagen nicht Ihre Leistung, sondern nur die der EU, die zumindest einen Teil an Transparenz eingefordert hat. Volle Transparenz fehlt ja bis heute.
Kennen wir überhaupt diese Zahlen? – Fangen wir mit Nummer eins an: McDonald’s. Ich habe diesen Konzern auch ein bisschen deswegen ausgewählt, muss ich sagen, weil der ja bei Ihnen gerade sehr hoch im Kurs ist, auch bei Kanzler Nehammer. Sein Rezept gegen die Kinderarmut kennen wir ja: ein Burger von McDonald’s. Frei nach dem Motto: Wenn sie kein Geld haben, dann sollen sie doch Burger und Fastfood essen! – Aber gut.
McDonald’s als internationaler Konzern hat beispielsweise in der Coronazeit Rekordumsätze verzeichnet. (Abg. Ottenschläger: ... österreichisches Unternehmen! Franchisenehmer ...! – Abg. Wöginger: Ja, weil die Sozis alle hingehen!) Der Fixkostenersatz, der Umsatzersatz, die Kurzarbeitsentschädigung, die Halbierung der Mehrwertsteuer, das alles wurde nämlich gleichzeitig ausbezahlt, während McDonald’s übrigens offen hatte und weiterhin laufend Einnahmen verzeichnet hat. (Ruf bei der ÖVP: Dass das Franchisenehmer sind, das wissen Sie nicht, oder? – Abg. Ottenschläger: Österreichische Unternehmer!)
Brancheninsider – das bin wieder nicht ich, ich kann da aus der Branche zitieren – sprechen selbst von absoluten Rekordjahren für McDonald’s. Die Kunden und Kundinnen hatten davon übrigens nichts, außer dass sie das mit ihrem Steuergeld finanziert haben. (Abg. Steinacker: Na hoffentlich haben sie ein Essen gekriegt dafür, wenn sie einkaufen gegangen sind!) Rekordgewinne für McDonald’s, finanziert durch unser aller Steuergeld – na super, das ist die Leistung Ihrer Cofag! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: So wissensbefreit!)
Denn – und da kommen wir zu einem weiteren Konstruktionsfehler –: Finanzielle Verluste waren ja gar nicht Voraussetzung dafür, dass man Hilfen erhält. (Abg. Ottenschläger: Aber damals konnte es nicht schnell genug gehen!) Dadurch haben ja auch Unternehmen, die wirklich gute Bilanzen geschrieben haben, die gute Wirtschaftsjahre verzeichnet haben, trotzdem abkassiert – vollkommen absurd!
Um das ein bisschen in Perspektive zu rücken: Bei uns hat sich ein Gastronom aus Salzburg gemeldet, aus der Stadt Salzburg (Abg. Michael Hammer: Der Herr Schellhorn, oder?) – nein, es war nicht Herr Schellhorn –, der eine Gastronomie mit 20 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hat und der gleichzeitig um Hilfen angefragt hat. Was glauben Sie, wie viel er erhalten hat? – Richtig: null. Null!
Bis heute wartet er auf sein Geld. Er hat natürlich hohe Fixkosten, er hat immer höhere Mieten zu zahlen – auch beim Mietpreisdeckel bringen Sie ja nichts weiter –, er hat hohe Kosten. Er hat um 80 000 Euro angefragt, erhalten hat er: nüsse. Er musste mittlerweile einen Überbrückungskredit aufnehmen und zahlt fette Zinsen, weil er nichts bekommen hat, während bei McDonald’s die Kassen geklingelt haben. (Ruf bei der ÖVP: Aber viele andere Gastronomiebetriebe haben ... bekommen!) Das ist die Leistung Ihrer Cofag-Finanzierungsagentur! (Beifall bei der SPÖ.)
Gehen wir aber weiter: Mediamarkt beispielsweise. Die Filialen haben in Summe 19 Millionen Euro Steuergeld bekommen – nicht um ihr Überleben zu sichern, da wären wir als Sozialdemokratie ja immer dafür gewesen, nein, um die Gewinne zu steigern. Die haben nämlich im selben Jahr ihre Gewinne je nach Filiale zwischen 20 und 130 Prozent gesteigert und dann noch eine Dividende in der Höhe von 63 Millionen Euro für die Aktionäre und die Aktionärinnen ausbezahlt – alles gefördert mit unserem Steuergeld: unser Steuergeld für die höheren Dividenden der Aktionäre und Aktionärinnen.
Gehen wir gleich weiter: Starbucks. Das ist auch so ein Unternehmen, das sich im Vermeiden vom Steuerzahlen relativ gut auskennt. Da wissen wir, im Jahr 2019 hat Starbucks in ganz Österreich nicht einmal 3 000 Euro Steuern auf seine Gewinne gezahlt. Im Jahr darauf hat dann Starbucks das 280-Fache an Fördergeld bezogen. Na super! (Abg. Greiner: Skandal! – Abg. Lindner: Unglaublich!) Einem Konzern, der hier nicht einmal seine Steuern zahlt, dem haben wir auch die Gewinne erhöht und auch da wiederum die Aktionäre und Aktionärinnen mit ein bissel Geld versorgt – mit unserem Steuergeld. Das ist das Ergebnis von Schwarz und Grün. Gratuliere! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich nenne jetzt noch ein letztes Beispiel; ich höre dann schon auf, obwohl die Liste ja sehr, sehr lang wäre. Wie war das zum Beispiel mit Kika/Leiner? Auch der ÖVP-Freund und Milliardär René Benko hat für seine Firmen Staatshilfen in der Höhe von 10 Millionen Euro bekommen, obwohl es ihm im Krisenjahr prächtig gegangen ist: Er zahlte sich, also der Signa-Group, eine Dividende von 100 Millionen Euro aus. So knapp bei Kasse kann er also nicht gewesen sein; er hat sich in dieser Zeit auch einen Gutshof um 30 Millionen Euro gekauft. Alles schön für ihn, sehr schön, aber trotzdem hat er fett abgecasht. Im Übrigen hat Kika/Leiner – wir haben uns das angeschaut – fast zehnmal so viele Förderungen bekommen wie XXX-Lutz, obwohl XXX-Lutz doppelt so groß ist. Was da genau in Ihrer Cofag eigentlich passiert ist, das wirft sehr viele Fragen auf. Das ist wirklich spannend. (Beifall bei der SPÖ.)
Und was hat uns das unterm Strich politisch gebracht, diese 10 Millionen oder, ich glaube, 9 Millionen Euro, um korrekt zu sein, für Kika/Leiner, die wir ausbezahlt haben? – Eine der größten Insolvenzen überhaupt hat es uns gebracht, dass fast 2 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Job verloren haben, hat es uns gebracht, obwohl die gar nichts dafürkonnten. Die haben nämlich keinen einzigen Cent dieser Förderungen bekommen, die waren lediglich die Leidtragenden. Das hat es uns gebracht! Und der größte Gläubiger bei dieser Insolvenz: die Republik. Wir zahlen also doppelt drauf, doppelt zahlen sie drauf, die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen. Das ist das Ergebnis Ihrer Cofag-Finanzierungsagentur. (Beifall bei der SPÖ.)
Das heißt, Herr Minister, es sind unendlich viele Fragen offen: Wie hoch waren denn die durchschnittlichen Überförderungen, die ja auch vom Rechnungshof bestätigt sind? Wie hoch waren denn die durchschnittlichen Auszahlungen zum Beispiel an die top 10 Prozent der Unternehmen, die abgecasht haben? Wie hoch denn jene an das top 1 Prozent? – Wir sind sehr gespannt auf Ihre Antworten, denn das muss aufgeklärt werden.
Und noch etwas muss passieren, liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause: Wir müssen diesen Cofag-Finanzskandal natürlich in den heutigen Kontext setzen, wir müssen das politisch einordnen. Wir diskutieren nämlich gerade ein Budget, bei dem wir um 20 Milliarden Euro mehr ausgeben, als wir einnehmen. In diesem Zusammenhang muss man natürlich sagen: Das Geld, das Sie da teilweise vollkommen ungerechtfertigt aus dem Fenster geworfen haben, fehlt uns natürlich heute. Das fehlt uns an so vielen verschiedenen Ecken und Enden. Es war einfach unverantwortlich, dass Sie diese Überförderung zugelassen haben – unverantwortlich, intransparent und verfassungswidrig, aber vor allem falsch, politisch falsch! (Beifall bei der SPÖ.)
Jeder von uns spürt das, wenn er im Supermarkt steht, wenn er beim Hofer steht und die Preise anschaut. Dafür reicht es jetzt nämlich nicht: für echte Bekämpfung der Inflation und für Antiteuerungsmaßnahmen. Dafür reicht das Geld jetzt nämlich nicht. Sie haben das lieber gutsherrenartig im Finanzministerium verteilt. Schon längst könnten wir zum Beispiel sagen, wir streichen die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, für das Notwendigste, was die Menschen zum Leben brauchen. Wir fordern das als SPÖ immer und immer wieder. Nein, da sagen Sie, dafür reicht das Geld nicht. Na super! Für die Cofag hat es gereicht, aber für die arbeitenden Menschen, die tagtäglich die hohen Preise zahlen, reicht es nicht. Das muss man gegenüberstellen.
An der Stelle will ich auch ganz deutlich sagen: Dieses viele Geld, mit dem hier überfördert wurde, das fordern wir natürlich zurück! (Beifall bei der SPÖ.) Wir wollen nicht nur Transparenz, wir wollen heute auch Gerechtigkeit einfordern. Wir sind nicht der Bankomat der Superreichen in diesem Land und schon gar nicht der Konzerne. Es kann kein Weiter-so geben, es braucht die Aufklärung, es braucht die Gerechtigkeit und es braucht natürlich die Rückzahlung dieser Milliarden an Steuergeld, sollten sie ungerechtfertigt ausbezahlt worden sein. (Rufe bei der ÖVP: Sollten! Sollten!)
Deshalb stellen wir auch diese Dringliche Anfrage heute. – Herr Finanzminister, welcher Betrag an Hilfszahlungen wurde denn bereits zurückgefordert? Ich meine, das Urteil vom Rechnungshof kennen wir ja schon seit Monaten. (Abg. Hanger: „Urteil“?!) Wieso sind Sie denn da nicht tätig geworden? Wie viel Geld ist denn tatsächlich zurückgeflossen? (Abg. Wöginger: „Urteil“ des Rechnungshofes?!) Wie viele Hilfszahlungen wurden zurückverlangt? Wir sind sehr gespannt auf diese Antworten. (Abg. Heinisch-Hosek – in Richtung Abg. Wöginger –: Eine Beurteilung! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Ich komme jetzt langsam zum Schluss. Die Stimmung hier herinnen kocht, ich kann das verstehen: Es geht um 20 Milliarden Euro, die verfassungswidrig ausbezahlt wurden. (Abg. Wöginger: Denkts einmal dran, was ihr schon alles owedraht habts!) Der Punkt ist: Wäre all das vermeidbar gewesen? Oder – diese Frage muss man jetzt einmal in den Raum stellen –: War dieses gesamte Cofag-Konstrukt überhaupt notwendig, Ihre Art des Geldverteilens? – Nein! Wir haben das von der allerersten Sitzung an, in der diese Cofag ins Leben gerufen wurde, kritisiert und Alternativvorschläge eingebracht, nämlich dass beispielsweise die Finanzämter, die tatsächlich zuständig gewesen wären, die auch die Fachexpertise, die notwendige Erfahrung gehabt hätten, die Abwicklung hätten übernehmen sollen. Das haben wir eingefordert.
Wir haben immer davor gewarnt, immer darauf hingewiesen, dass es problematisch sein kann, wenn Sie das an diese Cofag auslagern. Und der Verfassungsgerichtshof hat uns jetzt recht gegeben: Es war überhaupt nicht notwendig, dass Sie diese Agentur gründen. (Abg. Michael Hammer: Das hat er nicht gesagt!) Wir haben es jetzt schwarz auf weiß. Von Anfang an hätten beispielsweise die Finanzämter dafür zuständig sein können, dann hätten wir auch die Kontrolle gehabt. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben Sie von Anfang an darauf hingewiesen, Sie haben das alles gewusst. (Abg. Haubner: Finanzexpertin!) Herr Finanzminister, Sie waren damals noch nicht in der Funktion des Finanzministers, das stimmt, aber Sie waren Teil der Regierung – genauso wie Kanzler Nehammer, genauso wie Vizekanzler Kogler. Der hat sich überhaupt gefreut, dass er überall mit dabei am Tisch sitzen kann. Die Grünen haben alles mitgetragen, alles mitgedeckt, alles auch mitverteidigt, bis zum Schluss – dass Sie diesen Bankomaten für Millionäre und Konzerne, die Cofag, gebaut haben, mit Richtlinien, die in Wirklichkeit dazu geführt haben, dass Ihren Freunden sehr schnell geholfen wurde, während alle anderen der Willkür ausgesetzt wurden. (Abg. Wöginger: Wie sieht denn das der Gusenbauer?)
Die Struktur – Herr Wöginger, hören Sie vielleicht zu! – der Cofag ist ein weiterer sehr spannender Aspekt. Die Frage ist: Wie viel hat uns denn diese Entscheidung, die Sie da getroffen haben, dass Sie ja vorbei an der Öffentlichkeit diese Gelder verteilen konnten, gekostet? Auch das hat der Rechnungshof hervorgehoben. Siehe da: Die Cofag hatte gar nicht die Expertise, die es braucht, die musste erst wieder von externen Dienstleistern zugekauft werden: Gutachten, externe Expertise. Wissen Sie, was uns das gekostet hat, Ihre Cofag, nur das Konstrukt als solches? – 70 Millionen Euro. (Abg. Heinisch-Hosek: Na super!) Damit könnten wir für 1 500 Kinder einen qualitativen Kinderbetreuungsplatz schaffen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie aber haben das Geld stattdessen lieber für Ihr Konstrukt verwendet.
Da rede ich noch gar nicht von den Geschäftsführergagen, die sie sich dann in der Cofag ausbezahlt haben. Ich erwähne das nur kurz, die Liste an Skandalen ist ja so lang: Natürlich gab es zwei Geschäftsführer, ganz klar. Der von der ÖVP hat auch mehr verdient als der von den Grünen. So viel Ordnung muss natürlich sein; alles, was recht ist, das muss natürlich klargestellt werden. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
Da platzt einem wirklich fast der Kragen, wenn man daran denkt, dass Sie selbst in der allergrößten Krise, mitten im Coronachaos noch die Chance für Klientelpolitik genutzt haben und für Ihre eigenen Leute gscheit zugelangt haben. Das ist passiert. (Abg. Michael Hammer: Wie ist das mit den Schrebergärten?)
Ich komme jetzt zum Schluss. (Ruf bei der ÖVP: Na geh! – Abg. Hörl: Höchste Zeit!) Das Einzige, was dem Herrn Finanzminister als Reaktion auf diese vielfältige Kritik eingefallen ist, ist die Ankündigung, dass die Cofag jetzt eh abgewickelt wird. – Ja, das kennen wir schon, wie die ÖVP die Dinge abwickelt. Und wenn wir jetzt ganz, ganz leise sind, dann hören wir vielleicht schon die Schredder, die angeworfen werden (Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Michael Hammer: Mein Gott, sind wir lustig heute!), um ja sicherzustellen, dass nicht aufgeklärt wird. Das haben wir nämlich in der Vergangenheit auch gelernt. (Beifall bei der SPÖ.)
Deshalb ist klar: Es braucht Datensicherungsmaßnahmen jetzt, sonst sind die Daten weg. Das haben wir gelernt. Auf Einsicht von ÖVP und Grünen warten wir ja vergeblich. Also, das hätte ich noch nicht mitbekommen, dass jetzt irgendjemand hier von einem Schuldeingeständnis spricht, dass man sich für einen der größten Finanzskandale der Zweiten Republik entschuldigt.
Ich meine – Entschuldigung! –, setzen wir das einmal in den Vergleich: Da sind die Eurofighter Peanuts dagegen, bei den Summen, von denen wir da sprechen. Das übersteigt die Hypo! (Abg. Hörl: Die Hypo! Genau!) Das ist größer als alles, was wir in den letzten Jahren diskutiert haben – nur damit wir wissen, wovon wir sprechen, meine Damen und Herren, auch zu Hause! (Abg. Hafenecker: ..., das ist mehr wie Kommunalkredit, Konsum, AKH und die Gewerkschaft zusammen!)
Das ist Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit. Das ist Umverteilung von unten nach oben, wie sie im Buche steht. Das ist, wie die ÖVP Politik macht, wie die ÖVP immer Politik gemacht hat, weil es ihre Identität ist, weil sie gar nicht anders kann, weil sie selbst in der allergrößten Krise noch schaut, wie ihre Freunde, wie die Vermögenden, wie die Reichen, wie die Konzerne ein ordentliches Stück reicher werden, selbst in der größten Krise. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eßl: Unerhört! Unerhört!)
Die Cofag ist keine Lappalie, und sie ist schon gar kein Fehler im System. Solange die ÖVP in der Regierung ist, hat diese Politik System. (Abg. Martin Graf: Ihr seid ja schuld, dass die in der Regierung sind!) Und deshalb: Ich weiß es, liebe Regierungsparteien, Sie wehren sich mit aller Kraft gegen Transparenz und Kontrolle und setzen alles daran, einen Mantel des Schweigens über einen der größten Finanzskandale der Zweiten Republik zu breiten. Es ist jetzt die Aufgabe des Parlaments, diesen Mantel des Schweigens zu zerschneiden, ganz im Sinne des heiligen Martins, der bald wieder gefeiert wird. (Abg. Wöginger: Ja genau! Der heilige Martin, na das war ein Sozialist! Na bist deppert!)
Der Verfassungsgerichtshof hat uns alle Möglichkeiten dafür gegeben. Es kann kein Weiter-so geben. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Es braucht die Transparenz und die Aufklärung. – Vielen Dank. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP. – Abg. Herr begibt sich zur Regierungsbank und reicht Bundesminister Brunner sowie Bundesministerin Raab die Hand.)
15.21
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Der ... wird’s richten, nicht der heilige Martin!)