17.44

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Herr Außenminister! Ich mag gar nicht noch einmal über die meiner Meinung nach unzulässige Art und Weise der Anfragebeantwortung reden, aber ich will ganz gerne etwas Grundsätzliches sagen.

Wir alle hier als Abgeordnete sind auf die österreichische Bundesverfassung angelobt, und auch Sie als Minister haben sich an das zu halten, was da drinnen steht. Ich finde die Debatte deswegen einigermaßen irritierend, weil man die Relevanz der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes offensichtlich nicht sieht. Sie tun so – das haben auch Sie gemacht, Herr Bundesminister, und das hat mich sehr irritiert –, als ob da irgendein Gericht irgendetwas entschieden hätte, und sagen: Na ja, jetzt wissen wir, dass das so nicht in Ordnung war.

Es ist das der österreichische Verfassungsgerichtshof. Es ist unfassbar wichtig, dass wir den Institutionen in Österreich wie dem Parlament, auch der Regierung, auch dem Verfassungsgerichtshof, dem Rechnungshof den gebührenden Respekt entgegenbringen. Wenn der österreichische Verfassungsgerichtshof Ihnen sagt, dass ein Gesetz, das Sie gemacht haben, komplett unsachlich ist und dem Sachlichkeitsgebot widerspricht, das unsere Verfassung für Auslagerungen als notwendig erachtet, das heißt, die Auslagerung grundsätzlich nicht verfassungskonform ist, und gleichzeitig sagt, es braucht einen Rechtsanspruch für Entschädigungsansprüche, den Sie in dem Gesetz nicht vorgesehen haben, dann ist das nicht irgendeine Entscheidung von irgendeinem Gericht, sondern ist das ein ganz essenzielles Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes. Und ich erwarte mir, dass in Zukunft alle hier in diesem Hohen Haus und auch die Bundesregierung nicht immer so nonchalant drübergehen, wenn der Verfassungsgerichtshof etwas entscheidet und ganz grundlegende Entscheidungen trifft. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Das tun wir ja nicht!)

O ja, Herr Bundesminister! Der Herr Bundesminister sagt, das tun Sie ja nicht. Natürlich tun Sie das. Das ist seit vielen, vielen Jahren in diesem Haus ein riesiges Problem.

Als ÖVP und SPÖ gemeinsam noch eine Mehrheit, eine Verfassungsmehrheit hatten, hat man Gesetze beschlossen, und wenn der Verfassungsgerichtshof sie aufgehoben hat, dann haben ÖVP und SPÖ gesagt: Na gut, was machen wir am gescheitesten? Machen wir ein Verfassungsgesetz, dann ist es dem Verfassungsgerichtshof entzogen! – So geschehen beim Frauenpensionsantrittsalter, das vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, weil es unsachlich ist, dass Frauen und Männer ein ungleiches Pensionsantrittsalter haben. Dann hat man ein Verfassungsgesetz beschlossen, was dazu geführt hat, dass der Europäische Gerichtshof es aufgehoben hat. Ich erachte diesen Umgang mit der österreichischen Bundesverfassung als absolut grenzwertig. Ich erachte das als gefährlich.

Wissen Sie, wer es auf die Spitze getrieben hat? Und daran sollten insbesondere Sie sich kein Beispiel nehmen, weil es wirklich nicht Ihr Niveau ist. Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz hat damals in Bezug auf die Betretungsverbote Folgendes gesagt: Er hat gesagt, es gibt seiner Meinung nach nur vier Gründe, außer Haus zu gehen. – Das hat nie gestimmt, es gab immer mehr Gründe, es war nie so, dass es nur vier Gründe, außer Haus zu gehen, gab. – Und er hat gesagt: Na ja, ist ja egal, irgendwann einmal, wenn der Verfassungsgerichtshof diese Verordnungen wegen Gesetzwidrigkeit aufhebt, dann werden die eh nicht mehr gelten.

Ich erachte diese Missachtung dem Verfassungsgerichtshof und unserer Verfassung gegenüber für brandgefährlich, und ich würde wirklich darum bitten, dass wir alle anfangen, dies in Zukunft hier ernster zu nehmen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.48

Präsidentin Doris Bures: Nun ist zu dieser Debatte niemand mehr zu Wort gemeldet, und damit schließe ich sie auch.