20.30

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen, die der Sitzung noch via TVthek folgen! Es wurde bereits viel Richtiges gesagt, ich möchte aber noch einen Aspekt einbringen, der speziell die Tiroler Situation betrifft: Es ist bekannt, dass die Brennerstrecke die am häufigsten benutzte Transitstrecke innerhalb der EU ist, über die die meisten Güter – und zwar zu 75 Prozent über die Straße, vom nördlichen EU-Raum in den südlichen EU-Raum und umgekehrt – transportiert werden – mit all den schwerwiegenden Folgen, die diese Transitlawine für die Bevölkerung in Tirol hat.

Das Problem dieser Wegekostenrichtlinie besteht darin, dass wir selbst dann, wenn wir sie im vollen Umfang umsetzen würden, immer noch viel zu billig wären, um das Verhältnis wie in der Schweiz – dort funktioniert die Verlagerung, dort ist das Verhältnis genau umgekehrt, dort werden 75 Prozent des Transportvolumens über die Schiene abgewickelt – zu erreichen.

Wir sind derzeit gerade dabei, den Brennerbasistunnel zu errichten, und es besteht die große Gefahr, dass der Brennerbasistunnel irgendwann einmal ein sehr schönes Bauwerk sein wird, seinem Hauptzweck – der Verlagerung des Warentransits auf die Schiene zu dienen – aber nicht gerecht werden kann, weil uns die Wegekostenrichtlinie dazu zu wenig Handhabe gibt. Das heißt also, durch den EU-Beitritt haben wir innerösterreichisch die Gestaltungsmöglichkeit verloren, Transitstrecken unterschiedlich zu bemauten. Es ist ja richtig, wie Kollege Ottenschläger ausgeführt hat, dass man natürlich auch an die Distribution innerhalb Österreichs denken muss und es da kontraproduktiv wäre, mit überhöhten Mauten zu arbeiten. Auf den Transitstrecken aber sollten wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, und selbst die werden nicht ausreichen, um tatsächlich den Verlagerungseffekt herbeizuführen.

Aus diesem Grund verbleibt eigentlich, wenn wir uns in Österreich das ganze Problem aus österreichischer Sicht anschauen, nur die Möglichkeit, die Autobahnstrukturen so zu gestalten, dass eben Kapazitätsbeschränkungen bestehen. Wir können nicht am Mautrad drehen, aber wir können am Kapazitätsrad drehen, und da schlage ich die Brücke zu Tagesordnungspunkt 13.

Das hat Kollege Weratschnig schon sehr schön ausgeführt: Die Bewohnerinnen und Bewohner an den Sondermautstrecken, insbesondere an der Wipptalstrecke, bekommen jetzt zusätzliche Mittel in die Hand, um Lärmschutz- und allenfalls noch weitere Maßnahmen zu treffen, die dem Umweltschutz dienen. Da ist aber ein gewisser Zynismus dahinter, wenn man sich vor Augen führt, dass die Asfinag gleichzeitig mit aller Gewalt probiert, die baufällig gewordene Luegbrücke am Ende der Brennerautobahn, im südlichsten Teil, zu erneuern, und zwar in der Form, dass die derzeit bestehende vierspurige Brücke durch zwei Brückenbauwerke ersetzt werden soll, die dann jeweils drei Spuren – also zwei Spuren für den fließenden Verkehr und jeweils einen Pannenstreifen – aufweisen werden.

Die Zentralachse dieser beiden Brücken wird sich um 8 Meter Richtung Talmitte verschieben, und das alles in einem hochsensiblen Alpengebiet. Wir sprechen da von einer Seehöhe von annähernd 1 400 Metern. Jetzt würde die Chance bestehen – weil die 60 Jahre alte Luegbrücke, die dem damaligen Planungsstil entsprochen hat, möglichst große, schöne Brückenbauwerke zu errichten, die man aber heute nie mehr errichten würde –, die Brennerautobahn zu trassieren, indem man eine Tunnellösung realisiert, die dann gleichzeitig auch eine Kapazitätsgrenze bringen würde, was zur Folge hätte, dass die Kapazität ein für alle Mal auf vier Fahrspuren eingegrenzt wäre.

Aber leider denkt die Asfinag nicht daran, nein, mit Bestemm besteht man darauf, die Luegbrücke zu erneuern. Das verstehe ich wirklich nicht, Frau Bundesministerin, warum Sie da nicht mehr Fragen stellen. Ich weiß, die Asfinag führt als Hauptargument ins Treffen, dass wir keine Zeit mehr haben, um die Tunnellösung zu verwirklichen. Das glaube ich einfach nicht. Es gibt Gutachten, die bestätigen, dass die Luegbrücke durchaus noch jene Standfestigkeit hat, die es erlaubt, für die Dauer der Errichtung einer Tunnellösung den Transitverkehr über sie abzuwickeln.

Es wurden ja immerhin unlängst von der Asfinag 20 Millionen Euro in die Sanierung der Brücke investiert, um die Verkehrssicherheit zu erhalten. Ich denke, man sollte schon noch einmal sehr genau darüber nachdenken, ob es nicht die Chance des Jahrhunderts wäre, das südliche Wipptal zu renaturieren – es der Natur zurückzugeben, den Brennersee, der jetzt von der Autobahn im Würgegriff gehalten wird, wieder der Natur zurückzugeben, dort ein ökologisches Projekt zu schaffen – und den Transitverkehr durch den Berg zu führen. Das würde sich anbieten, die Trassierung wäre gar nicht so schwierig. Viele Fachleute sagen, das wäre von der Geologie her sogar wesentlich unproblematischer als die Neuerrichtung der beiden Brücken, die geologisch gesehen, sehr schwierig ist, da es zu Gleitbewegungen und, und, und, kommen kann.

Ich appelliere noch einmal an Sie, Frau Bundesministerin: Machen Sie diese zusätzlichen Mauterhöhungen nicht zu einem Pflasterl für die Bevölkerung, sodass sie sich eigentlich verschaukelt vorkommen muss, wenn gleichzeitig ein ganz massives Brückenbauwerk, das über ihre Wohnhäuser hinweg errichtet wird, verwirklicht werden soll und nicht die Chance genutzt wird, wirklichen Umweltschutz, wirklichen Lärmschutz zu gewährleisten, indem man eben die Tunnellösung anstrebt und nicht dieses monströse Brückenbauwerk in diese sensible Alpenlandschaft stellt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.37

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.