22.04

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! (Der Redner versucht erfolglos, das Buch „Guide Michelin Österreich 2009“ auf das Redner:innenpult zu stellen, legt es schlussendlich hin. – Abg. Stögmüller: Hat er ein Buch mit? – Heiterkeit bei Grünen und SPÖ. – Zwischenrufe bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Ein Reiseführer?) Die öster­reichische Gastfreundschaft hat zu Recht einen hervorragenden Ruf, die österreichische Küche genießt Weltruhm. Einheimische und Touristen aller Herren Ländern lassen sich gerne in unseren Lokalen kulinarisch verwöhnen. Als Orientierung dient der Gastronomieführer.

Leider fehlt der einzige internationale Gastronomieführer, nämlich der Guide Michelin, der durch Profigastronomen eine objektive Bewertung der Einzelleis­tungen garantiert. Das ist ein echter Standortnachteil, da die inter­nationale Vergleichbarkeit nicht gegeben ist, denn (das genannte Buch in die Höhe haltend) seit 2009 gibt es erschreckenderweise keinen Guide Michelin für Gesamt­österreich mehr. Seit damals werden nur mehr Wien und Salzburg in der Ausgabe „Main Cities of Europe“ berücksichtigt.

Die Verleihung eines oder mehrerer Michelin-Sterne ist die höchste Auszeichnung – ich war selber vor langer Zeit in einem solchen Restaurant als Kochlehrling beschäftigt –, die einem Koch, einem Restaurant zuteilwerden kann. Sterne sind Goldstandard, die härteste und weltweit anerkannt Währung für Restaurants und Küchen der Spitzenklasse. Ich zitiere einen unserer Spitzenköche: Gabeln gehören in die Schublade und Hauben auf den Kopf der Köche. – Die Sterne sind also Auszeichnungen, internationales Qualitäts­merkmal und regelrechte Reiseempfehlung.

Ein Stern heißt: „Eine Küche voller Finesse – einen Stopp wert!“ (Beifall des Abg. Schmuckenschlager.) Zwei Sterne stehen für: „Eine Spitzenküche – einen Umweg wert!“ – und drei Sterne bedeuten: „Eine einzigartige Küche – eine Reise wert!“

Österreich hat derzeit acht Einsternrestaurants, sechs Zweisterne- und nur ein Dreisternerestaurant. 2009, als dieser Guide Michelin das letzte Mal in Österreich erschienen ist, hatten wir insgesamt 54 Michelin-Sterne-Restaurants, heute nur mehr 23.

Rund um uns herum in Europa verfügen 16 Länder über Michelin-Länderguides, alle alpinen Grenzländer haben einen – Österreich ist also davon umgeben. Tirol, mein Heimatland, geht bei der Spitzengastronomie völlig leer aus, Südtirol hingegen rühmt sich heute noch, 26 Sternerestaurants zu haben. Was könnte den Standortnachteil noch deutlicher machen? Andreas Hofer, Tiroler Gastwirt wie ich, würde sich im Grab umdrehen.

Die großartige Kochleistung unserer zahlreichen jungen Talente auf dem Land – die Liste wäre zu lang, um sie hier vorzutragen – wird von dem renommiertesten Kulinarikführer der Welt nicht berücksichtig. Für das Ausland entsteht der Eindruck, es gäbe außerhalb der Stadt Salzburg und Wiens in Österreich keine Hochgastronomie – das Gegenteil ist wahr! Ich bin für Gerechtigkeit und Chancengleichheit, für fairen Wettbewerb und internationale Vergleichbarkeit, und deshalb müssen wir den Vergleich sicher nicht scheuen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein grundsätzliches Missverständnis gilt es aufzuklären. Für die Wiederein­führung des Guide Michelin muss Geld aufgetrieben werden – natürlich. Ja, das stimmt, aber dafür für Leistung. Für welche Leistung? – Objektive Bewertung der Küchen durch Profis, Koch als erstrebenswerter Beruf für Junge durch die Vorbildwirkung unserer Spitzengastronomen, internationale Beachtung in Spitzenrestaurants als Leuchtturm des rot-weiß-roten Tourismus. Der Guide Michelin listet nicht nur Sternelokale auf, sondern alle Betriebe, deren Leistung ihm anerkennenswert erscheint. Diese Listung allein stellt einen Gegenwert von mehreren Hunderttausend Euro dar. Da der Guide Michelin keine Inserate lukriert wie die anderen, braucht er natürlich eine Finanzierung oder Förderung. (Abg. Seidl: Das ist keine Förderung!) Das Geld kommt ja dann auch über die Restaurantrechnung der anonymen Tester wieder in die Restaurants zurück.

2009 wurden in der Österreichausgabe des Guide Michelin 1 200 Hotels, 450 Restaurants, Seilbahnen und Tourismuseinrichtungen berücksichtigt. Als Beispiel sei Saalbach-Hinterglemm genannt, wo 2025 die Ski-WM ausgetragen wird: Da fand man im Michelin neben der Ortsbeschreibung, der Entfernung zu den Großstädten, Veranstaltungen, Skibergen und Liften 17 Hotelbewertungen. Von der Rückkehr des Guide Michelin werden also rund 2 000 Betriebe in Österreich profitieren.

In Österreich gibt es ärgerlicherweise Widerstand gegen die Wiedereinführung des Guide Michelin. Warum sollte es nicht mehrere Gastronomieführer in diesem Land geben? – einen Gault&Millau, einen Falstaff, einen Guide Michelin, so wie in der Schweiz und auch in Deutschland, wo diese eben auch problemlos nebeneinander existieren?

Gerade der (den Namen „Falschtaff“ aussprechend) Falstaff (Abg. Stögmüller: Fals-taff!) ist auch keine Gratiszeitschrift, wie immer behauptet wird, sondern finanziert sich durch Inserate und Werbung von Tourismusverbänden. Die bewerteten Gastronomiebetriebe, diese Spitzenrestaurants sind ihm aber bei der Bewertung auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Das gibt ein ungustiöses Verhältnis von Macht und Abhängigkeit. (Abg. Stögmüller: Das ist der ÖVP-Spender!)

Im Übrigen erscheint Falstaff – welch Zufall! – bei Shakespeare – ich zitiere Wikipedia – als trink- und raufsüchtiger Soldat, der zur Selbstüberschätzung neigt. Ein Zufall? – Wer sich auskennt. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller. – Zwischenruf bei der SPÖ. – Heiterkeit des Abg. Stögmüller.)

Wie dem auch sei, mir geht es nur darum, Österreich auch international als Genuss- und Kulinarik-Topdestination sichtbar zu machen. Jeder Cent, der da investiert wird, ist für den Tourismus Goldes wert, und ich danke dir, Frau Staatssekretärin, dass du dich hier so mutig und aufopfernd engagierst.

Der Guide ist sowohl für die Gastronomen als auch für den Gast ein Gewinn. So soll es im Idealfall im Tourismus auch sein: Eine Win-win-Situation für Gast­geber, Mitarbeiter, den Gast und unseren Finanzminister. Das stärkt unseren Tourismusstandort und erhöht die Tourismusakzeptanz der Bevölkerung.

Ich danke dir, Frau Staatssekretärin, dass wir das jetzt statistisch erheben und dann auch begleiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Genossinnen und Genossen (Abg. Stögmüller – erheitert –: Genoss:innen!) der Sozialdemokratie, die ihr das alles dankenswerterweise unterstützt: Der Guide Michelin ist eine rote Bibel, auf die auch ich schwöre (allgemeine Heiter­keit) – Freundschaft (Beifall des Abg. Berlakovich) über alle Berge und Dörfer Tirols und Österreichs (Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP), damit mit dieser Bibel auch dort der Wohlstand noch besser gedeihen kann! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

22.10

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.