17.59

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Um die Glaubwürdigkeit in der Politik ist es im Moment eh nicht so super bestellt. Wir Politikerinnen und Politiker haben hoffentlich alle ein Wertegerüst, das wir mitbekommen haben, das wir auch nicht verändern.

Herbert Kickl hat Anfang der Neunzigerjahre für Jörg Haider die Reden ge­schrieben und hat auf einen oder mehrere Zettel geschrieben: Na ja, gehen wir in Verhandlungen mit der Nato! Die Neutralität ist eh nichts mehr wert. Nähern wir uns doch an, verändern wir uns! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt kann ich sagen: Im Lauf der Jahre haben Sie, Herr Kickl, ein bissel Gedächtnislücken oder -löcher, richtige Gedächtnislöcher (Beifall bei der SPÖ – Abg. Stefan: Gescheiter geworden! Gescheiter geworden!) bekommen, weil Sie sich heute selbst aufschreiben oder es aufgeschrieben bekommen – das in­teressiert mich auch nicht sonderlich –, dass Sie der Retter der Neutralität sind. (Abg. Kickl: Der Babler ist als Junger ein Marxist gewesen und ist heute auch noch einer!) Glauben Sie wirklich, dass Ihnen das jemand glaubt, Herr Kol­lege Kickl? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Na was jetzt?) – So viel zum Thema Glaubwürdigkeit in der Politik und dazu, ob ich eine Haltung, eine Gesinnung habe oder sie wechsle.

Christian Hafenecker hat in einem Sommergespräch gesagt: Na ja, die Zeiten än­dern sich! – Ja, die Zeiten ändern sich, aber mein Wertegerüst darf sich nicht ändern. Deswegen ist die FPÖ unglaubwürdig geworden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Market-Institut erhebt seit 20 Jahren unter anderem (Abg. Kickl: Sie waren immer gegen die EU, die Sozialisten! Sie waren erst für den Atomstrom, dann dagegen!) – hören Sie zu! – die Haltung der Österreicherinnen und Österreicher zur Neutralität, und die hat sich in 20 Jahren eigentlich gar nicht verändert. Im Moment sind es 69 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher – von denen, die befragt wurden –, die sehr viel von der Neutralität halten. Das ist eine richtige Haltung über einen langen Zeitraum. Ihr habt, so wie auch die ÖVP, eure Meinung im Lauf der Jahrzehnte nicht einmal, sondern mehrmals geändert. Ich glaube, dass das inkonsequent ist, und ich glaube auch, dass die Men­schen das auch merken. (Abg. Kickl: Die merken sich, dass bei euch die Marxisten das Kommando übernommen haben! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Ich glaube, dass man sich sowieso auch merken sollte, dass es in der Politik um Glaubwürdigkeit geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann wirklich für die Sozialdemo­kratie sagen: Seit 1955 halten wir die Neutralität hoch, haben unsere Meinung nie verändert – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kickl. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Ja, ihr wart immer gegen die EU und dann dafür! Ihr wart für die Atomkraft und dann dagegen!)

Wir sind für eine aktive Neutralitätspolitik. Was bedeutet das? – Das bedeutet gleichzeitig auch eine aktive Außen- und Sicherheitspolitik und bedeutet aktive Friedenspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

In den Papieren, die Sie uns heute als Dringlichen Antrag vorlegen, wollen Sie aus allem austreten, aus allen internationalen Organisationen, denen wir uns völkerrechtlich, menschenrechtlich – 193 Staaten, jetzt 192 – verpflichtet haben. Das ist euch alles nichts wert? Sagen Sie, wo leben Sie eigentlich, Herr Kickl? Das ist ja un- - (Abg. Kickl: Ich glaube, Sie verstehen überhaupt nix!) – Nein, ich verstehe es schon, Sie missverstehen es! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf nur an die Friedensresolution 1325 im Jahr 2000 erinnern, an der wirk­lich aktiv gearbeitet wurde. Vielleicht kann sich jemand daran erinnern. Es ist in 2 Stunden nicht einmal noch erwähnt worden, dass die Opfer von kriegeri­schen Auseinandersetzungen hauptsächlich Mädchen, Frauen und Kinder sind, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Weratschnig.)

Wir bewerben uns ja gerade wieder – ich hoffe es, und die Regierungsseite ist sehr bemüht –, dass wir wieder in den Sicherheitsrat der UN, der Verein­ten Nationen, kommen. Damals hat Österreich dort eine wirklich gewichtige Rolle gespielt und hat bei kriegerischen Auseinandersetzungen die Aktion und Prävention, die Beratung von Frauen in kriegerischen Auseinan­dersetzungen forciert; und wir haben als einer der ersten Staaten auch reagiert und haben einen Nationalen Aktionsplan, der immer wieder überprüft wurde, entwickelt. Wir sind also immer auf der Seite der Opfer. Wie halten Sie es mit den Opfern? – Sie haben heute nichts dazu gesagt. Diejenigen, die heute zuhören und zuschauen, werden sich ein Bild machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Als Kultursprecherin sei mir ein allerletzter Satz gestattet: Sie haben in der Vergangenheit schon Künstlerinnen und Künstler, Kunstschaffende beleidigt. Sie haben es gerade erst wieder in Wien getan, nämlich der Literaturnobel­preisträgerin Elfriede Jelinek eine Beleidigung an den Kopf zu werfen. Ich sage Ihnen: Sie werden nicht Kanzler! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

18.04

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.