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Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Vizekanzler! Werter Herr Finanzminister! Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wenn man dieses Budget mit einem Wort beschreiben müsste, dann würde man folgendes Wort nehmen müssen: zukunftsvergessen. (Abg. Kassegger: Katastrophe! Ich würde Katastrophe sagen!)

Wir hatten nun Jahre, und zwar wirklich Jahre, von „Koste es, was es wolle“. Ich kann mich – ich glaube, ich habe es an dieser Stelle schon öfters erwähnt – so wahnsinnig gut an ein Interview Ihres Vorgängers als Finanzminister, Gernot Blümel, erinnern, das mich offen gestanden wirklich schockiert hat, denn die Überschrift des Interviews war damals: Euch wird gegeben werden! – Mit diesem Ansatz: Euch wird gegeben werden! (Abg. Hafenecker: Der Bundesregierung wird gegeben werden!), und zwar allen Klientelen, allen Gruppen, und das mit der Gießkanne, habt ihr niemals aufgehört. Ihr habt niemals aufgehört mit „Koste es, was es wolle“.

Nach Jahren des „Koste es, was es wolle“ ist die Bilanz dieser Bundesregierung auch und gerade, was das Budget betrifft, verheerend: 105 Milliarden Euro Schulden werden Sie in dieser Periode angehäuft haben. Das ist fast so viel wie ein gesamtes Jahresbudget. Das heißt, es ist ein milliardenschwerer Schuldenrucksack, den Sie den aktuellen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, aber vor allem auch den kommenden Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern umhängen, den jungen Menschen, die es ohnehin nicht leicht haben und die nicht mit sehr viel Optimismus in die Zukunft schauen. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Jungen, das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, das ist ein Schlag ins Gesicht für die arbeitenden Menschen und das ist ein Schlag ins Gesicht für die Mitte und für den Mittelstand. Ich weiß, es gibt hier viele – vor allem auf der linken Seite –, die sich irrsinnig gerne damit beschäftigen, ständig neue Steuern und Belastungen zu erfinden: „Österreich hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem.“ (Beifall bei den NEOS.)

Diesen Satz, den ein Vorvorvorgänger von (in Richtung Bundesminister Brunner) Ihnen, nämlich Herr Schelling, an dieser Stelle gesagt hat, sollten Sie eigentlich auf einem großen Banner am Eingang des Finanzministeriums stehen haben, damit Sie sich jeden Tag daran erinnern, was eigentlich Ihr Job gewesen wäre. (Beifall bei den NEOS.)

Stattdessen ist dort, glaube ich, ein großes Banner, auf dem steht: Ihr Steuerzahler, die ihr in dieses ÖVP-Ministerium eintretet, lasst alle Hoffnung fahren! (Heiterkeit bei Abgeordneten von NEOS und SPÖ.)

Sie haben vergessen, dass Sie eine Verantwortung haben: eine Verantwortung, solide hauszuhalten, eine Verantwortung, endlich nötige Reformen voranzubringen, eine Verantwortung gegenüber allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die Steuern endlich deutlich zu senken – genug gezahlt! Wenn das die Aussage des Herrn auf der Galerie war, dann kann ich mich dem voll anschließen.

Was machen Sie? (Ruf bei der ÖVP: Was haben wir denn gemacht?!) – Sie pfeifen auf diese Verantwortung und lassen alle im Stich: die Steuerzahler, die sich so dringend eine echte Entlastung, eine nachhaltige Entlastung, mehr Netto vom Brutto, mehr Einkommen verdient hätten, um besser auskommen zu können.

Sie lassen die Jungen im Stich. Was haben denn die jungen Menschen von diesem Budget? Ich frage ganz offen, wieder einmal – eine ehrliche Antwort erwarte ich mir von den Grünen –: Werden die Klimaziele mit diesem Budget erreicht? – Die Antwort ist klar: Nein, sie werden krachend verfehlt. Wo sind die Chancen für die Jungen, und zwar für alle jungen Menschen in unserem Land? Werden die mit diesem Budget erreicht? – Die Antwort ist klar: nein. Wo ist die Chance der jungen Menschen, sich im Leben etwas durch eigene Leistung aufbauen zu können? Wird das mit diesem Budget erreicht? – Die Antwort ist klar: nein. Wo sind denn diese Investitionen in die Zukunft für echte Chancen für alle jungen Menschen?! Das ist doch eine Fehlanzeige!

An dieser Stelle ein kurzer Sidestep zur SPÖ: Ich begrüße es ja durchaus, wenn man engagierte Bildungsdiskussionen oder Bildungsreformdiskussionen startet, aber bitte nicht so patschert, was die Matura angeht. Man müsste in Österreich  dringend über eine echte Bildungsreform reden. Sie ist ja keine Utopie, sie ist in vielen anderen Ländern Realität, die vorzeigen, dass man mit einer reformierten Matura, mit einem reformierten Stunden- und Lehrplan, mit einem reformierten pädagogisch-didaktischen Ansatz wesentlich mehr Chancen für alle sichern kann. (Beifall bei den NEOS.)

Um Ihnen nur ein Bild zu geben, das so symbolisch für diese Zukunftsvergessenheit steht: Die Ausgaben für Bildung werden real um 5 Prozent sinken – real um 5 Prozent! – und die Zuschüsse zu den Pensionen steigen im zweistelligen Bereich.

Sie können alle weiter den Kopf in den Sand stecken, aber die Menschen da draußen verstehen schon sehr gut, dass sich dieses Pensionssystem so für die jungen Menschen nicht ausgehen wird, dass wir uns in der heutigen Zeit über die Armutsgefährdung von Menschen mittleren Alters, von Familien mit kleinen Kindern Sorgen machen müssen und Gott sei Dank nicht mehr über die Armutsgefährdung von Pensionistinnen und Pensionisten. Die Menschen haben längst verstanden – gerade auch, weil viele Seniorinnen und Senioren jede Woche ihren Kindern und Enkelkindern Geld zustecken müssen –, dass der Generationenvertrag, der Österreich stark gemacht hat, schon längst in massiver Schieflage ist. (Beifall bei den NEOS.)

Um die Zukunftsausgaben – damit man hier nicht nur vom Glauben, sondern von Evidenz spricht – zu messen, ist von einem deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut ein Indikator entwickelt worden, die sogenannte Zukunftsquote; da gibt es eine engere Berechnung und eine weitere Berechnung. Selbst in der weiteren Berechnung, wenn wir also Ausgaben großzügiger als Zukunftsausgaben klassifizieren – klassisch natürlich: Bildung, Infrastruktur, Energiewende, Innovation, Forschung –, ist die Zukunftsquote mit diesem Budget gesunken – gesunken! –, auf gerade einmal 20 Prozent. Das heißt, nur knapp jeder fünfte Euro in Ihrem Budget ist tatsächlich eine Investition in die Zukunft, der Rest ist ein Verwalten der Vergangenheit.

Ja, wir leben in schwierigen Zeiten. Es wäre jetzt die Aufgabe von allen – übrigens auch von der FPÖ –, nicht nur auf alle draufzuhauen, sondern gemeinsam daran zu arbeiten, wie wir Vertrauen schaffen können: Vertrauen auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit; Vertrauen auf Wohlstand für alle, den wir aber sichern müssen; Chancen für alle, sich etwas aufzubauen.

Stattdessen – und, Frau Kollegin Maurer, das sind keine Träume oder ein Schlechtreden, wie ich es immer höre, sondern das ist die Realität, die beinharte, nackte Realität, die Bilanz Ihrer Regierungsarbeit – sind wir ein Hochsteuerland, die Steuerquote steigt sogar, wir haben immer noch die höchste Inflation, die Wirtschaft schrumpft, wir sind in einer Rezession – und Sie häufen Milliarden an neuen Schulden an. Ich frage Sie ganz offen: Ist das die gute Zukunft, die wir uns alle für unser Land vorstellen? – Die Antwort ist doch ganz klar: nein. (Beifall bei den NEOS.)

Weil da immer Diskussionen geführt werden, welche Untersuchungsausschüsse man jetzt wieder einsetzen könnte, wo man den anderen möglichst wieder anpatzen könnte: Was Österreich wirklich brauchen würde, wäre ein Zukunftskonvent – ein Zukunftskonvent, in dem nicht wie damals im Verfassungskonvent nur Expertinnen und Experten diskutieren – natürlich auch (Zwischenruf bei der SPÖ) –, sondern vor allem auch Bürgerinnen und Bürger. Sie haben nämlich wesentlich besser verstanden, dass wir ohne die nötigen Reformen absandeln, und zwar wirklich so, wie ich das sage: absandeln – in puncto Wettbewerbsfähigkeit und in puncto Zukunftschancen.

Diesen Zukunftskonvent müssten wir schaffen, stattdessen machen Sie ein Budget, das mehr oder weniger sagt – ich habe das schon vor ein paar Wochen gesagt –: Hinter uns die Sintflut! Was kümmert es uns? Ich habe es damals auch gesagt: Ich glaube, der Job des nächsten Finanzministers wird ein brutaler.

Was Sie hier vorlegen, ist ein Verrat an den Steuerzahlern, ein Verrat an den arbeitenden Menschen. An dieser Stelle noch eine kurze Zwischenbemerkung zu den Lohnverhandlungen: Seit Monaten – seit Monaten – werden wir als NEOS nicht müde, zu sagen, dass es auch Ihr Job ist, den Spielraum für höhere Lohnabschlüsse zu schaffen, den Spielraum dafür zu schaffen, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ohne dass die Kosten bei den Arbeitgebern massiv steigen, deutlich mehr Netto vom Brutto bleibt.

Senken Sie die Lohn- und Einkommensteuer, senken Sie die Lohnnebenkosten und schaffen Sie so den Spielraum und die Möglichkeit für eine gütliche Einigung, denn das haben sich die arbeitenden Menschen, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auch die Unternehmen verdient! (Beifall bei den NEOS.)

Ein Verrat in mehreren Akten: Es wird Zeit, dass der Vorhang fällt. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.03