20.30

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Ja, da das die letzte Budgetsitzung dieser Koalition ist, lässt sie sich ein bissel zum Bilanzziehen nutzen, gerade im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.

Als wir das übernommen haben, habe ich einen besonderen Ehrgeiz gehabt. Es gibt ja als Vergleichszahl für die Entwicklungszusammenarbeit, wenn man diese auf eine Zahl herunterziehen möchte, das UNO-Ziel von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das Kollege Matznetter gerade angesprochen hat. Als wir Grüne in die Koalition eingestiegen sind, lag das bei 0,24 Prozent. Ich habe den Ehrgeiz gehabt, dass wir als ersten Zwischenschritt in einer langfristigen Entwicklung ein Mal auf die Hälfte dieses Ziels kommen, und tatsächlich, die 0,35 Prozent haben wir übertroffen – wurde diesen Sommer bestätigt –, wir waren auf 0,39 Prozent. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist doch einmal ein schöner Erfolg, wenn wir in zwei Jahren ein Ziel geschafft haben, das davor noch nicht erreicht worden war.

Toll finde ich – wenn es jetzt quasi Kritik gibt, dass so viel Geld nach Afrika oder sonst wohin geschickt wird – daran auch Folgendes – zwei Zahlen zum Vergleich –: Aus dem, was wir da gemacht haben, sind 100 Millionen Euro für Studenten, Studierende in Österreich ausgegeben worden. Wenn jetzt vorgeschlagen wird, dass man doch Geld in die Bildung stecken und nicht so viel in den Süden schicken sollte, kann ich nur sagen: Das machen wir. (Abg. Kassegger: Dort! Dort!) Wir holen Studierende nach Österreich, die hier qualifiziert werden, und geben hier im Land, bei der österreichischen Wirtschaft 100 Millionen Euro aus. Das ist toll ausgegebenes Geld im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Wir erfüllen schon längst das, was sich andere überhaupt erst ausdenken. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Entschuldung des Sudan möchte ich auch etwas sagen: Es stimmt, diese ist in diesem Einmaleffekt drinnen, und das ist richtig so. Die Schulden, die der Sudan bei uns hat, schleppen wir seit den Siebzigerjahren mit – seit den Siebzigerjahren, seit 50 Jahren! –; da hat die Kreisky-Regierung das Geld dort hingegeben. Das ist uneinbringbar. Es wird wirklich Zeit, das endlich abzuschreiben, damit der Sudan tatsächlich wieder neue Geschäfte machen kann. Das ist ein wichtiger Schritt, und ich hoffe, dass er nicht blockiert wird. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Diese Riesenbeträge sind aber vielleicht gar nicht das Entscheidende. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich war vor einigen Monaten in Uganda und habe mir dort Projekte angeschaut – unter anderem ein Projekt, das das österreichische Sozial- und Gesundheitsministerium finanziert. Ich war bei einem Krankenhaus an der Grenze zum Kongo. Dort sind um einen relativ kleinen Betrag zwei Solarpaneele auf einem Krankenhaus montiert worden. Die Ärzte und Ärztinnen dort haben etwas Berührendes gesagt: Wenn jetzt eine Notfallentbindung in der Nacht stattfindet, müssen wir nicht mehr bei Kerzenlicht arbeiten, wir verlieren keine Kinder mehr! – Wegen zwei Solarpanelen! Mit so wenig Geld kann man helfen, und es ist gut, dass wir das machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben, und das ist mir der wichtigste Schritt in dieser Koalition, die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds angehoben. Diesen haben wir mit 15 Millionen Euro übernommen und wir haben die Mittel jedes einzelne Jahr in dieser Koalition auf derzeit 80 Millionen Euro angehoben. 80 Millionen Euro: Fast jede Woche gibt diese Koalition 1, 2, 3 Millionen Euro für einzelne Notfallprojekte frei, die bei Erdbeben, bei Waldbränden, bei Kriegen direkt vor Ort schnell und wirksam helfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe in meiner Zeit als Oppositioneller oft Flüchtlingslager besucht und oft gesagt: Da sollte Österreich helfen, da sollte Europa helfen!, oder sonst etwas. Nicht dort zu sitzen, sondern einen Ministerratsvortrag zu unterschreiben oder anzuschauen, mit dem 1 Million Euro oder 2 Millionen Euro freigegeben werden und tatsächlich in einem Flüchtlingslager geholfen wird, ist wahrscheinlich das schönste Gefühl, das ich in dieser Koalition überhaupt erlebt habe. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hofinger.)

Ein letztes Wort, weil der Nahostkonflikt angesprochen wurde: Was kann Österreich tun? – Österreich kann und sollte, finde ich, in den nächsten Jahren eine besondere Rolle einnehmen. Als zerbombtes Land wurde uns nach 1945 mit einem Marshallplan geholfen – wahrscheinlich eine der intelligentesten politischen Maßnahmen des 20. Jahrhunderts. Es war eine großartige Maßnahme, dem Feind so viel Geld zum Aufbau zu geben, dass er nicht mehr in einen Krieg ziehen möchte. Österreich wurde ein friedliches Land, das etwas zu verlieren hatte. Das sollte man sich vielleicht für den Nahen Osten, für die Palästinenser überlegen.

Vielleicht sollte Europa einen Marshallplan starten, damit die Palästinenser einen Grund haben, nicht mehr der Hamas oder einer Nachfolgeorganisation zu folgen. Das wäre mein Vorschlag für die Zukunft. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.35

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Mag. Dr. Martin Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.