17.22

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich möchte gleich bei meinem Vorredner anschließen und mich auch aus Sicht der Gemeinden mit dem Finanzausgleich auseinandersetzen.

Herr Finanzminister! Weil sich mein Kollege bei Ihnen bedankt hat, mache ich das natürlich auch: Danke für nichts! Wie der Finanzausgleich letztendlich dargestellt ist, muss ich Ihnen das aus Sicht der Gemeinde leider sagen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: Da waren aber schon die Länder oder Städte auch dabei, oder ist das eine andere SPÖ?) – Du kennst dich wieder einmal nicht aus, aber schrei heraus, es ist eh wurscht. 

Wenn man sich mit dem Finanzausgleich auseinandersetzt, sieht man, dass es nur zwei Gründe dafür gibt, diesen Finanzausgleich positiv zu bewer­ten (neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP): Entweder man muss es – das, glaube ich, ist bei dir (in Richtung Abg. Hofinger) der Fall –, oder man kennt sich nicht aus – das ist der zweite Grund. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist die Ausgangslage? – Die Ausgangslage war – da waren wir alle einer Meinung, auch der Gemeindebund, auch der Städtebund –, dass der ver­tikale Verteilungsschlüssel eigentlich verschoben gehört – also die 11,88 Prozent, die den Gemeinden und Städten auf Basis der Verteilung der gesamten Einnahmen zustehen; alle waren eher der Meinung, man macht so 14 oder 14,5 Prozent. (Abg. Michael Hammer: Herr Ludwig gehört ja nicht mehr zu euch, scheinbar!) Gekommen ist etwas ganz anderes, nämlich ein soge­nannter Zukunftsfonds.

Man kann sagen, okay, jetzt gibt es 1,1 Milliarden Euro für die Gemeinden über diesen Zukunftsfonds. Wenn es so wäre, dann würde ich es ja auch als positiv bewerten. Wie schaut denn aber die Realität aus, Kolleginnen und Kolle­gen? Was hat man denn gemacht? – In diesem Finanzausgleich ist ja nicht definiert, ob und wie das Geld wirklich bei den Städten und Gemeinden ankommt. Schauen wir es uns doch einmal konkret an! Ich möchte das, was es wirklich bedeutet (Zwischenrufe der Abg. Reiter), am Beispiel von Niederösterreich und am Beispiel von meiner Gemeinde vorrechnen.

Theoretisch würden 1,1 Milliarden Euro für deine (in Richtung Abg. Hofinger) wie für meine Gemeinde zusätzlich 121 Euro an Finanzmitteln pro Ein­wohner bedeuten – theoretisch! Praktisch weißt du heute nicht, und ich auch nicht, wie viel wirklich ankommt oder ob überhaupt etwas ankommt, und das in einer Zeit, in der die Gemeinden und Städte finanziell ihr Budget nicht mehr ausgleichen können. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Hofinger: Das wird aber geregelt!)

Jetzt sage ich dir am Beispiel meiner Gemeinde, was 121 Euro für meine Ge­meinde bedeuten: Das würde theoretisch bedeuten, dass meine Gemein­de zusätzlich 452 000 Euro bekommen würde. So, jetzt hat es in Nie­derösterreich einen ersten Kommunalgipfel darüber, wie das Geld wirklich aufgeteilt ist, gegeben. Was kommt dabei heraus? – Nicht 452 000 Euro. Was kommt heraus, wenn man das durchrechnet? – 139 000 Euro. Gleichzeitig werden aber die Kosten für die Spitalserhaltung, die Jugendwohlfahrt, die Sozialhilfe und so weiter und so fort erhöht. Die Frage, die ich mir stelle, ist: Wo bleiben die zusätzlichen 300 000 Euro, wer kriegt die? (Beifall bei der SPÖ.)

Kriegen die vielleicht die ÖVP und die FPÖ für Schnitzelgutscheine und Corona­auszahlungen oder sonst irgendetwas, das sie versprochen haben? (Zwischen­ruf des Abg. Hofinger. Abg. Michael Hammer: Heute sind wir wieder besonders ni­veauvoll unterwegs!) Das Geld verschwindet in visionslosen Landesbudgets, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der Grund! Das ist das Ergebnis eures Finanzausgleichs. (Beifall bei der SPÖ. Weiterer Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, stelle ich abschließend einen Entschließungsantrag. (Abg. Michael Hammer: ... wird sich im Grab umdrehen ... Nachfolger!)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im neuen Finanzausgleich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, vor dem Hintergrund einer nachhaltigeren Finanzierung der Städte und Gemeinden im Rahmen des neuen Finanzausgleiches, dafür zu sorgen, dass die Einnahmensituation durch die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer, eine angemessene steuerliche Erfassung der Umwid­mungsgewinne und die Nichtrückzahlung des Sondervorschusses so­wie zusätzliche Finanzmittel für die Städte und Gemeinden verbessert wird, und die Finanzmittelzuweisung durch den neu geschaffenen Zukunftsfonds für Städte und Gemeinden, auch direkt und in voller Höhe bei den Kommunen an­kommt.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross, Maximilian Lercher

Genossinnen und Genossen

betreffend: finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden im neuen Finanzausgleich

eingebracht in der 239. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zu Top 9 Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2178 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2024 (Bundesfi­nanzgesetz 2024 – BFG 2024) samt Anlagen (2300 d.B.) - UG 44 Finanzausgleich

Begründung

Der Entwurf für das Budget des Jahres 2024 sieht in der Untergliederung 44 Finanzausgleich eine Erhöhung der Auszahlungen um +84,4% im Vergleich zum Jahr 2023 vor, womit die Auszahlungen von rd. 2 Mrd. € 2023 auf 3,69 Mrd. € in 2024 steigen1. Ein wesentlicher Teil der Steigerung geht auf den neuen „Zukunfts­fonds“ für Städte und Gemeinden zurück, der mit 1,1 Mrd. € dotiert sein wird. Laut der Grundsatzeinigung sollen die Mittel dieses Fonds für die Bereiche Kinderbe­treuung, Wohnen/Sanieren sowie Umwelt/Klima verwendet werden.2

Das Bundesbudget 2024 steht ganz im Zeichen der nicht bekämpften Preis­steigerungen. Die Inflation betrug im Oktober 2023 lt. Statistik Austria 5,4%3. Das Finanzministerium geht im Budget 2024 von einer prognostizierten Inflation von +4% aus. Die mehrjährig hohe Inflation in Österreich belastet die öffentlichen Haushalte nachhaltig, die Auszahlungen des Bundes steigen im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 um +8,3% während hingegen die Einzahlungen lediglich um +4,5% steigen.      

(Quelle: BMF, Budgetbericht 2024, S. 9)

Die Steuerstruktur verändert sich zu Ungunsten der Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen, die Einkommensteuer steigt im Bundesvoranschlag von 2023 auf 2024 um rd. +42,9%, die Lohnsteuer steigt um +5,4%, die Umsatzsteuer um +8,2%, im Gegensatz dazu sinkt die Körperschaftsteuer um -7,4%.4 Einnahmen aus der Rücknahme der Senkung des Körperschaftsteuersatzes oder einer steuerlich wirksamen und angemessen Erfassung von Umwidmungsgewinnen, z.B. im Rahmen der Immobilienertragssteuer als Umwidmungsabgabe, könnten die geringere Einnahmensteigerung bei den Städten und Gemeinden wieder wettmachen.

Die Ertragsanteile der Länder sowie Städten und Gemeinden hängen von den Bruttoabgaben ab. Damit wirken sich die vergangene Steuerreform, wie etwa die Än­derung des Einkommensteuertarifs oder Senkung der Körperschaftsteuer, aber auch die nachfolgende Abgeltung der kalten Progression oder die temporäre Mehr­wertsteuerbefreiung für die Errichtung von Photovoltaikanlagen negativ auf die den Städten und Gemeinden zufallenden Finanzmittel aus. Die Ertragsanteile der Länder steigen von 2023 auf 2024 um +5,1%, jene der Städte und Gemeinden um +1,1%. Die Grunderwerbsteuer sinkt im Vergleich zu 2023 deutlich, dies wird auf die Entwicklungen am Immobilienmarkt zurückgeführt, die ein reduziertes Transaktionsvolumen bedingen, weshalb das Aufkommen um 700 Mio. € sinkt, 93,7% des Grunderwerbsteueraufkommens gehen an die Städte und Gemeinden.5 Der im Zuge des neuen Finanzausgleichs ab 2024 geplante Sondervorschuss von 300 Mio. € an die Städte und Gemeinden muss über drei Jahre von diesen wieder zurück gezahlt werden. Es braucht daher zusätzliche Finanzmittel, die direkt an die Städte und Gemeinden ausgezahlt werden, damit diese die ihnen übertragenen Aufgaben finanzieren können.

Derzeit ist nicht bekannt, welche Mittel aus dem Zukunftsfonds für die direkte Auszahlung an die Städte und Gemeinden vorgesehen sind, im Budgetbericht wird der Fonds den Transferzahlungen an die Länder zugeordnet.6

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, vor dem Hintergrund einer nachhaltigeren Finanzierung der Städte und Gemeinden im Rahmen des neuen Finanzausgleiches, dafür zu sorgen, dass die Einnahmensituation durch die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer, eine angemessene steuerliche Erfassung der Umwidmungsgewinne und die Nicht­rückzahlung des Sondervorschusses sowie zusätzliche Finanzmittel für die Städte und Gemeinden verbessert wird, und die Finanzmittelzuweisung durch den neu geschaffenen Zukunftsfonds für Städte und Gemeinden, auch direkt und in voller Höhe bei den Kommunen ankommt“.

1       s. BMF Budgetbericht 2024 und Budgetdienst, Untergliederungsanalyse UG 44

2       s. MRV 72/12 vom 4.10.2023

3       Statistik Austria, vorläufiger Wert VPI für Oktober 2023

4       s. Analyse des Budgetdienstes, Untergliederung 16, S. 20.

5       s. Analyse des Budgetdienstes, Untergliederung 16, S. 24

6       s. BMF Budgetbericht 2024, S. 274

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte.